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Rampage: Big Meets Bigger - Filmkritik

Die bestbewertete Videospielverfilmung überhaupt (was auch immer das heißen mag)

Regie: Brad Peyton
Buch: Ryan Engle, Carlton Cuse
Darsteller: Dwayne Johnson, Naomie Harris, Jeffrey Dean Morgan

Jetzt hat das Whitewashing selbst King Kong ereilt

Das Problem ist nicht Rampage, sondern das Umfeld, in dem er erscheint. Wenn die auf einen Bierdeckel geschmierte "Handlung" eines Arcade-Videospiels der 80er längst nicht mehr die fadenscheinigste Ausrede für eine 100-Millionen-Dollar-Materialschlacht ist, haben wir mehr als eine falsche Ausfahrt genommen. Im Post-Battleship-Zeitalter, mit dem Emoji-Film hinter und einer möglichen Tetris(!)-Trilogie(!!) vor uns, erscheint die Idee, 107 Minuten mit auf Wolkenkratzer kraxelnde Riesenmutanten zu füllen, plötzlich als erschreckend plausibel, ja beinahe naheliegend.

Insofern sei Regisseur Brad Peyton und seinen Autoren verziehen, der von der Vorlage ausgelegten Zerstörungsspur nicht sklavisch zu folgen. Vielmehr unterfüttern sie dessen anarchische "Hauptsache-es-fetzt"-Attitüde mit einem Mindestmaß an narrativem Unterbau, so wenig davon für einen Sommer-Blockbuster™ dieser Tage auch notwendig sein sollte. Aus dem "experimentellen Vitamin" des Spiels wurde ein auf dem wissenschaftlichen Crispr-Verfahren basiertes Gas mit dem Ziel, Lebewesen zu riesigen Aggro-Versionen ihrer selbst mutieren zu lassen, um damit, ähm, Geld zu verdienen?! Jedenfalls plumpst die von Evil Corp. #326 erdachte grüne Sauce dummerweise aus der Forschungsstation im All mitten in ein Wildtierreservat (im Prequel dann ein Streichelzoo) und damit vor die neugierigen Nasen eines Wolfs, Alligators und des Albino-Gorillas George.

Letzterer steht unter der Obhut des Primatologen Davis HatteaucheinenNachnamen (Dwayne Johnson), der in seinem früheren Leben - wie vermutlich jeder zweite seines Fachgebiets - ein Ex-Marine war und eine entwaffnend charmante Beziehung zu seinem entfernten Verwandten aufgebaut hat. Diese ist sowohl Triebfeder als auch Alleinstellungsmerkmal eines Films, der andernfalls im beliebigen Einheitsbrei seines Genres untergehen würde. Mit den zwei verbleibenden Riesenviechern gibt es immer noch die obligatorischen Monster-of-the-Week, denen man nichts sehnlicher als eine Rakete im Augapfel wünscht, mit George aber zugleich einen emotionalen Fixpunkt.

Die beiden Hauptdarsteller des Films. Und Naomie Harris. (Rampage - Filmkritik.)

Nachdem er sie bereits in Die Reise zur geheimnisvollen Insel und zuletzt in San Andreas ausgiebig hervorschälte, ging Peyton diesmal noch einen Schritt weiter und hat Rampage regelrecht um die zweifellos vorhandenen Stärken Dwayne Johnsons herum gestrickt. Der aktuell zweitbestbezahlte Schauspieler Hollywoods (flankiert von, seufz, Vin Diesel und Mark Wahlberg an der Spitze) kann hier zu gleichen Teilen vor Kinoleinwänden-verzehrenden Explosionen seine Muskeln und in den zahlreichen Szenen mit CGI-Buddy George seinen Charme spielen lassen. Von beidem hat er mehr als genug, doch Peyton ist erfahren genug, dem Teilzeit-Wrestler trotzdem aktiv den Ball zuzuspielen.

Bewusst tritt der Film anfänglich auf die Bremse, nimmt sich Zeit, die drollige Chemie zwischen seinen eigentlichen Hauptdarstellern (die von Naomie Harris dargestellte bildhübsche wie blitzgescheite Wissenschaftlerin ist eher Damsel in Distress als auf Augenhöhe mit Johnson) zu etablieren. Das danach vermutete CGI-Gewitter zieht - von einer sehr coolen Flugzeugszene mal abgesehen - allerdings erst zum Finale in der letzten halben Stunde auf. Bis dahin watet ihr durch viel zähe Expositionspampe und vermeintliche Enthüllungen, nur gelegentlich aufgelockert von Jeffrey Dean Morgans (bekannt als "Negan" aus The Walking Dead) flotten und mit einem Zynismus dahingeschnodderten Sprüchen, der ausschließlich Schauspielern zu eigen ist, die ihre Komparsenrolle mit Blick auf den nächsten Gehaltscheck über sich ergehen lassen.

Während dieser Spanne müht sich Rampage nach Kräften, seine unausgesprochen im Raum wabernde, aber unstrittig vorhandene "Botschaft" hochzustilisieren. Die geht ungefähr so: George ist nur ein unfreiwilliger Spielball höherer Mächte, ganz oben auf der Abschussliste des gewaltgeilen, vernunftresistenten Militärs und Opfer der geldgeilen Organisation hinter dem grünen Crispr-Virus. Er ist ein Monster, und doch weniger furchterregend als seine Peiniger. Könnte es also sein, dass die wahren Monster - ENTHÜLLUNG INCOMING! - die Menschen sind?! Damit dieser Subtext auch zuverlässig ins hinterletzte der zu diesem Zeitpunkt längst ermatteten Zuschauerhirne einsickert, nutzt das böse Geschwisterduo (Malin Akerman und Jake Lacy) an der Spitze des Virus-Konzerns jede Minute seiner ohnehin viel zu üppigen Screentime zum geradezu cartoonhaft-überzeichneten Evil-Villain-Overacting.

Aber gut, lässt man eben so über sich ergehen, man ist ja einiges gewohnt. Diese Geduld belohnt Rampage im letzten Drittel mit seinem großen Finale, in dem erst durch die Luft geschleuderte Militärfahrzeuge auf Hochhäuser und schließlich riesige Monster aufeinander treffen. Es knallt und scheppert und grunzt zuverlässig über der 100-Dezibel-Marke, inklusive ikonischer Monster-klettern-auf-Wolkenkratzer-Einstellung. Das ist vielleicht alles etwas konservativ, sofern man die hier zelebrierte Choreographie der Zerstörung überhaupt so bezeichnen kann. Euch erwartet vielleicht kein Fechtkampf mit tonnenschweren Containerschiffen wie in Pacific Rim und auch sonst nichts, was man so oder so ähnlich nicht längst mit einer Pizzaschachtel auf dem Bauch gesehen hätte. Und trotzdem, ihr bekommt geifernde, eine halbe Stadt dem Erdboden gleichmachende Riesenmonster und damit ziemlich genau das, was man erwartet, wenn man hierfür ein Ticket löst.

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Das beschreibt Rampage: Big Meets Bigger dann auch in seiner Gesamtheit: einen Film, den man bereits vor dem eigentlichen Kinogang kennt und dennoch augenblicklich vergessen hat, sobald man wieder ins Tageslicht blinzelt. Er tut niemandem weh, macht sich (sorry hierfür) nicht größer als er ist und weiß so ungefähr, was seine Zuschauer sehen wollen. Das mag einer kreativen Bankrotterklärung Hollywoods gleichen und ist doch mehr, als man von vielen anderen Sommer-Blockbustern der letzten Jahre behaupten kann - und von Videospiel-Adaptionen sowieso.

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Gregor Thomanek Avatar
Gregor Thomanek: Trinkt gern Kaffee und liebt Videospiele, im Idealfall beides auf einmal. Ist für alles zu haben, was aus Japan kommt. Hat nie Herr der Ringe gesehen und findet, das sollte auch so bleiben. Gründet irgendwann einen Ryan-Gosling-Fanclub. Hat seine Katze "Yoshi" genannt, bereut nichts. Konsolenkind.
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