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Assassin's Creed

Auf der Suche nach Abenteuer

Die nächste Aufgabe ist "Taschendiebstahl". Fast immer spielen hier wichtige Briefe oder Karten eine Rolle, was einem aber herzlich egal ist, weil die Beschaffung auf die immer gleiche und einfache Art passiert. Ziel aufschalten, Dialog abhören, verfolgen und per "B" zugreifen, sobald sich die Gelegenheit bietet. Wer sich von dem "Verhör" deutlich mehr verspricht, dem sei gesagt, dass auch hier aufschalten, zuhören und langsames Verfolgen auf dem Plan stehen. Am Ende müsst Ihr aber in einem fairen Zweikampf mit den Fäusten auf Euren Informanten wider Willen eindreschen, bis er einlenkt.

Wer bei einer dieser Aufgaben versagt, versteckt sich kurz - Ihr wisst schon: Heuhaufen, Dachgarten, Bank oder Mönche, sonst nirgends - und startet unbehelligt einen zweiten, dritten oder vierten Versuch. In diesen Momenten wirkt das Spiel fast wie willkürlich mit Aufgaben gesprenkelt, die in ihrer Austauschbarkeit schockieren würden, würden sie nicht schon vor der Hälfte des Spieles so sehr langweilen. So variabel und Next-Gen die Kletterei und der Kampf auch sind, so stumpf und altertümlich wirkt das starre Pflichtprogramm, mit dem Ubisoft Montreal die To-Do-Liste ihres neuen Vorzeige-Killers füllt.

Ein bisschen fordernder, wenn auch nicht abwechslungsreicher, sind da schon die Assassinen-Informanten, die von Euch das Ausschalten mehrerer Ziele oder das Einsammeln von Flaggen entlang eines kniffligen Parcours unter einem strengen Zeitlimit verlangen. Wer hier allerdings scheitert, darf sich die komplette Einsatzbesprechung nochmal anhören. Was für besondere Erheiterung sorgt, wenn man beispielsweise zwar alle vier Kreuzritter ausgeschaltet hat, aber wenige Sekunden zu spät zu seinem Auftraggeber zurück gekehrt ist.

Der Nächste bitte! Für diese Behandlung stehen die Gegner brav an.

Viel Aufhebens wurde auch um die Crowd-Mechanik gemacht, die eine natürliche Interaktion mit der Menge gewährleisten soll. Diese funktioniert tatsächlich sehr, sehr gut. Wenn man ein per L-Taste aufgeschaltetes Ziel verfolgt, sachte kreuzende Passanten beiseite schiebt und sich dabei der Aufmerksamkeit eines jammernden Bettlers widersetzen muss, wähnt man sich tief drinnen in der Welt von Assassin's Creed. Herausgerissen werdet Ihr erst wieder, wenn mal ein Bürger von den Stadtwachen tyrannisiert wird. Und das passiert oft.

Hier gibt Euch das Spiel die Gelegenheit, das Stadtbild um ein paar Alliierte zu erweitern. Beendet Ihr die Quälerei mit Eurem kräftigen Schwertarm, ist an dieser Stelle fortan eine Gruppe Schläger postiert, die zum Dank etwaige Verfolger für Euch aufhält oder ein Quartett Mönche, in dem Ihr spurlos untertauchen könnt. Eine schöne Idee, die erneut durch die immer selbe Ausgangssituation, dem gleichförmigen Ablauf und den identischen Danksagungen aus den Mündern verschiedener Synchronsprecher(!) überdeutlich daran erinnert, dass es eigentlich gar nicht so viel zu tun gibt in Assassin's Creed.

Auch das eigentliche Attentat lässt dem Spieler weniger Wahlmöglichkeiten als man denkt. Man betritt den ermittelten Schauplatz, überzeugt sich in einer der schönen Zwischensequenzen von der Bösartigkeit seines Opfers und erledigt dann die Bogenschützen auf den umliegenden Dächern. Zu guter Letzt sucht man die tödliche Nähe zu seinem Ziel und hofft, nicht vorher entdeckt zu werden. Wenn es schief geht, kann man immer noch sein Heil im direkten Kampf suchen, den Job erledigen und dann die Beine in die Hand nehmen.

Atmen nicht vergessen!

So toll das Setting also auch gestaltet ist, so leer wirkt die Welt am Ende. Wenn man Masyaf das erste Mal betritt, ist man begeistert, man erlebt einfach, anstatt "nur" zu spielen. Freut sich auf Interaktion, Freiheit und Abenteuer. Man wähnt sich, Schauplätze mit Geschichte zu entdecken, Orte die etwas zu erzählen haben, mystisch und fremd wirken. Man ist ganz "drin", in dieser lang vergangenen Zeit.

Und dann beginnt man zu begreifen, erkennt die Muster. Anstatt Geschichte zu erleben, findet man ein schönes, aber plattes Postkarten-Motiv nach dem anderen. Eine Kulisse, in der man sich bewegt, hinter die man aber niemals schauen darf - dafür mit vierhundert versteckten Flaggen für die fleißigen Bienchen unter Euch.

Der unvergleichlichen Atmosphäre, makellosen Technik (trotz des leichten Tearings) und den befriedigenden Mechaniken, die dem Kampf und dem Free-Running zugrunde liegen, ist es zu verdanken, dass man bereit ist, das Spiel bis zu seinem fast schon unverschämten Cliffhanger durchzuexerzieren. Anschließend stellt man es trotzdem mit einem seltsam leeren Gefühl in der Bauchgegend ins Regal - bis mal wieder Freunde zu Besuch sind, die es von den Vorzügen eines gut ausgestatteten Heimkinos zu überzeugen gilt.

In unserer Galerie finden sich nicht 1001, nicht 1002, nein, 89 neue Impressionen aus dem Gelobten Land.

7 / 10

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