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Disciples III: Renaissance

Ein Held wie jeder andere

Die größte Neuerung verbirgt sich in der Steigerung des Helden selbst. Auf einem an Final Fantasy XII erinnernden Brett wählt ihr die nächsten Punkte aus. Bessere Werte, mehr Bewegungsraum oder eine erhöhte Zahl zu kommandierender Truppen. Diese rekrutiert ihr hauptsächlich in Städten, die es wiederum auszubauen gilt. Für jede Truppengattung lassen sich bessere Häuser errichten und nur sobald diese vorhanden sind, steigen die Recken nach gewonnenen Kämpfen auch sinnvoll auf. Ein paar Söldnereinheiten lassen sich auch rekrutieren, aber diese bilden eher die Ausnahme.

Das Problem dieses eigentlich ja erprobten Konzepts teilt Disciples mit vielen Vertretern des Genres, nur fühlte es sich bei Heroes durch das höhere Tempo besser an und King's Bounty umgeht diese systeminhärente Schwäche durch das direkte Rekrutieren stärkerer Einheiten elegant. Hier müsst ihr auf jeder Karte neu starten. Die Stadt hat keine Bauten, eure Veteranen aus der letzten Runde sind weg – wohin auch immer, inhaltlich macht es keinen Sinn – und ihr fangt wieder an, all diese Abläufe 1:1 zu wiederholen, die ihr gerade erst absolviert habt. Besonders in der Imperialen Kampagne wird das schnell deutlich, aber im späteren Verlauf stehen die anderen dem kaum nach. Es ärgert halt maßlos, vor fünf Minuten noch mit tapferen Recken um die Häuser gezogen zu sein, nur um jetzt schon wieder ein paar Grünschnäbel durchfüttern zu müssen. Nur, damit sich das Ganze nach Beendigung der Mission erneut wiederholt. Und so weiter bis zum bitteren Ende.

Dieser spezielle Kampfhintergrund ist die einzige Stelle des Spiels, die wie sonstwas ruckelt. Sonst hält es sich mit Glitches generell in Grenzen.

Im Rahmen dieser Wiederholung fallen dann auch ein paar Randschwächen besonders auf. Der Autokampf beispielsweise, von dem man eigentlich hofft, dass Standard-Feinde schnell abgewickelt werden können, ist bestenfalls mit Vorsicht zu genießen und nur zu empfehlen, wenn ihr auf absolute Luschen trefft. Dann kommt ihr mit geringen Verlusten weg, wo es normalerweise gar keine gegeben hätte. Gleichwertige Feinde machen euch in 9 von 10 Fällen einfach platt.

Bei den Ressourcen scheint es kein Mittelmaß zu geben. Die erste Hälfte kratzt man zusammen, was nur geht, danach schwenkt es ganz schnell in ungesundes Übermaß um, von dem man ja nichts hat, weil man nicht in den nächsten Abschnitt mitnehmen kann. Zumindest lässt sich auf diese Weise ein wenig mit den Spezialisierungen der Truppen experimentieren. Für jede Gattung – Kämpfer, Magier, und so weiter – legt ihr einmal pro Stadtausbau fest, was aus ihnen wird, wenn sie mal groß sind. Habt ihr euch entschieden, ob die Knappen dann Ritter oder doch lieber Hexenjäger werden sollen, gibt es kein Zurück mehr. Bis zur nächsten Stage, in der alles vergeben und vor allem vergessen ist.

So umfangreich die Kampagnen ausfielen, so dünn ist das Drumherum. Ein paar Karten können als schnelle Runde bespielt werden und der Online-Multiplayer macht sich komplett rar. Dafür winkt ein halbherziger Hotseat-Modus mit einer Handvoll Maps, zu dessen Ehrenrettung ich allerdings anführen muss, dass zu dritt für einen Abend bestes Warlords 2-Feeling aufkam. Die Balance der Parteien ist angesichts der Verteilung des Loots auf den Karten ein wenig mau, aber trotzdem kann man hier zu zweit oder dritt ein paar nette Stunden zocken.

Ein Legionär der Verdammten. Hattet ihr euch etwa etwas Einfallsreicheres drunter vorgestellt? Na also. Zu sehen übrigens: Der Armee-Inventar-Screen.

Disciples III lebt davon, dass das Grundprinzip aus Erkunden, Rundenkämpfchen und Levelei einfach unverwüstlich ist. Könnt ihr euch für das Genre nicht nur begeistern, sondern fiebert ihr jedem Game dieser Art entgegen, dann ist auch das hier eine ziemlich sichere Nummer. Der Solo-Umfang reicht für praktisch eine Woche Nonstop – ok, mit kurzen Schlafpausen –, der Schwierigkeitsgrad ist durchaus knackig an verschiedenen Stellen und so kitschig die Story auch sein mag, diese leicht dunklere Proto-Fantasy muss man einfach gern haben.

Nur könnte das Game mit diesem Potential wesentlich besser leben, wenn da nicht zahlreiche kleinere Schwächen in fast allen Aspekten wären und vor allem die Wiederholung des immer gleichen Ablaufs mit einem denkbar lahmen Tempo vonstattengehen würde. So drängt sich aber mit aller Gewalt und in immer wiederkehrender Abfolge auf, dass Disciples III: Renaissance kaum irgendwas anders macht als die Konkurrenz und nichts davon besser. Und die kostet teilweise ein ganzes Stück weniger Geld. Es bleibt ein halbherziges „ok, ganz nett“. Aber das ist nicht viel für einen Nachfolger, der sich acht Jahre Zeit ließ.

Disciples III gibt es ab sofort für den PC und sogar komplett in kompetent übersetztem Deutsch.

6 / 10

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