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Eve Online Revisited

Weltraum der unbegrenzten Möglichkeiten

Es gibt Leute, die behaupten, dass über ein Spiel reden manchmal besser sei, als es zu spielen. Wie man zum Beispiel gestern bei Team Fortress 2 den Kontroll-Punkt in der letzten Sekunde eingenommen hat. Oder damit angeben, dass man bei FIFA in der laufenden Saison immer noch kein Gegentor kassiert hat. Oder das man deswegen etwas müde im Büro aufschlägt, weil man mit einer 200 Mann starken Schlachtschiff-Flotte eine feindliche Invasion im eigenen Sonnensystem abwehren musste. Die Information dazu kam von einem Spion, allerdings erst kurz vor Mitternacht, genau zu dem Zeitpunkt, an dem man eigentlich ausloggen wollte. Aber schließlich hatte er für die Infos sein (virtuelles) Leben riskiert und deshalb konnte man ihn unmöglich im Stich lassen. Natürlich nicht.

In den Genuss solcher „Rückkehr der Jedi-Ritter“- artigen Szenarien kommen eigentlich nur die Anhänger eines Spiels: Eve Online, das Indie-Space-MMO aus Island.

Aber zuerst ein Schritt zurück. Grundsätzlich gibt es zwei MMOG-Modelle: den Vergnügungspark und den Sandkasten. Der Vergnügungspark ist der World of WarCraft-Ansatz. Das Spiel besteht hauptsächlich aus vorgegebenen kreierte Inhalte (meistens Quests und Raids), durch die man sich in Richtung Endgame levelt. Jeder neue Raid/Dungeon/Zone ist wie eine neue Achterbahn und nach einer Zeit wird diese natürlich etwas langweilig. Dann muss ein Patch her oder noch besser eine Expansion mit neuen Inhalten. Entscheidend dabei ist, dass der Spieler immer weiß, wie er was und wo machen soll. Er wird quasi an die Hand genommen und zum Spaß hingeführt. Begrenzt wird der Spielspaß dabei ganz durch die Geschwindigkeit, mit der die Entwickler neuen Content generieren können.

Die Titan-Schiffsklasse hat ihren Namen nicht ohne Grund.

Eve Online ist das Sandkastenmodell und so etwas, wie das genaue Gegenteil. Hier stellt der Entwickler nur die äußeren Bedingungen zur Verfügung. Sand, Schippe und Förmchen, um bei dieser mittelmäßigen Metapher zu bleiben. Dann lässt er die Kinder rein und guckt, was passiert. Nach einer Eingewöhnungszeit fangen sie an Burgen zu bauen und die von anderen, rothaarigen Kindern mit Sommersprossen kaputt zu machen. Auch wenn sich das Inventar kaum ändert und der Ort immer derselbe bleibt, entsteht der eigentliche Content aus der Interaktion zwischen den Spielern. Und niemand nimmt sie an die Hand.

Weil die beiden Modelle so unterschiedlich sind, schneidet Eve Online bei direkten Vergleichen immer etwas schlechter ab. Kein Wunder. Während World of WarCraft sofort funktioniert, braucht Eve etwas länger. Denn bis man zum Kern des Spiels kommt, muss man sich durch eine raue Schale arbeiten.

Die Welt von Eve Online besteht aus einer riesigen Galaxie (5000 Sonnensysteme), in der die Spieler jede beliebige Rolle einnehmen können: Asteroiden abbauen, NPC-Piraten jagen, Module und Schiffe erforschen und herstellen, als Händler fungieren. Egal. Bis hierher nichts Besonderes. Außer, dass es keine festen Vorgaben, keine Rollenverteilungen gibt. Kein Schild, das unauffällig in Richtung Level 80 zeigt.

Volle Laser-Breitseite

Die Missionen, die man auf Raumstationen bekommt, sind zudem nicht sonderlich abwechslungsreich und stundenlanges Asteroiden abbauen kann auch schnell langweilig werden. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass Eve nach landläufiger Meinung die steilste Lernkurve aller MMOs besitzt, also eher eine Lernklippe. Kombiniert mit einem komplexen Benutzer-Interface wird der neue Spieler also nicht nur in kaltes Wasser geworfen, es sind auch noch Haie drin. Mit dem Ergebnis, dass laut CCP die Hälfte aller neuen Abonnenten innerhalb der ersten sechs Monate ihren Account wieder kündigen.

Und eigentlich könnte der Text hier enden. Eve Online, viel Potential, ist aber zu komplex, und nicht einsteigerfreundlich genug. Danke, setzen, 6. Aber zum einen arbeitet CCP besonders in den letzten zwei Jahren hart daran, das Ganze zugänglicher zu machen. Und zum anderen sind da ja noch die Raumkämpfe mit den 200 Schlachtschiffen, die alle gleichzeitig auf Warp-Geschwindigkeit beschleunigen. Und die Super-Capital Schiffe, die umgerechnet mehrere tausend Dollar echtes Geld kosten. Kurz: das PvP.

Unter seiner harten Schale ist bei Eve Online in den letzten fünf Jahren etwas gewachsen, was es sonst nirgendwo gibt. Und das heißt Metagame. Das Spiel neben dem eigentlichen Spiel. Das Spiel hinter dem Tasten drücken. Das sogar weiter geht, wenn man schon lange ausgeloggt ist.

In diesem artikel

EVE Online

PC

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Über den Autor

Thomas Sieben

Contributor

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