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[I] doesn’t exist im Test: Denkt ihr etwa, das sei nur ein Text-Adventure?

Ein Blick in die Zukunft.

Kreatives Projekt mit sowohl spielerisch als auch erzählerisch einfallsreichen Ideen, das allerdings zu oberflächlich bleibt und allzu schnell vorüber ist.

Wenn ich „Text-Adventure“ lese, passieren zwei Dinge in meinem Kopf: Zum einen ist da durchaus eine Abneigung gegen starren Lesestoff, der mir auch in reinen Visual Novels wenig zusagt und der ja auch selten mit edler Feder geschrieben ist. Zum anderen hat das altmodische Tastenklimpern aber auch einen Reiz, den das Anklicken von Menüfeldern nie ersetzen konnte – zum Teil deshalb, weil sich das freie Eingeben von Anweisungen trotz der früher sehr beschränkten Technik ein klein wenig wie ein Dialog mit dem Spiel anfühlt.

Und vielleicht war es ja dieser oder ein ähnlicher Gedanke, der auch Anna-Lena Pontet und Luzia Hüttenmoser dazu inspirierte, die Sache mit dem Dialog in einem Text-Adventure weiterzutragen als das in der Vergangenheit geschehen ist. Immerhin nutzen sie eine Sprachverarbeitungstechnologie, die glaubhafte Unterhaltungen ermöglichen soll. Klingt gut! Aber gelingt ihnen das auch, wenn man das Alter Ego nach links oder rechts laufen, Holz aufheben oder einen Eisblock zum Schmelzen bringen lässt?

Ein ganz normales Text-Adventure... sieht man mal davon ab, dass das Geschehen im oberen Teil mit schöner Pixelart visualisiert wird.

Zunächst einmal habt ihr aus den letzten Zeilen womöglich schon herausgelesen, dass [I] doesn’t exist kein so richtig klassischer Zork-Nachahmer ist, denn die Charaktere bewegen sich wie in einem Grafik-Adventure durch animierte Kulissen und...

... nun, [I] doesn’t exist ist ganz allgemein kein so klassisches Spiel, wie es zunächst den Anschein hat. Schon wer die Demo gespielt hat, weiß, dass hier Dinge geschehen, die den traditionellen Rahmen sprengen und sowohl erzählerisch als auch spielerisch eigene Wege einschlagen. Ich werde euch nichts davon verraten, aber zumindest so viel sagen, dass zu diesen neuen Wegen auch Unterhaltungen zählen, die eher an ein dialoglastiges Rollenspiel erinnern – wenn auch mit der Offenheit der freien Texteingabe versehen.

Auch das Hauptmenü erinnert an die gute, alte Zeit.

Und es hat wirklich Spaß gemacht, auf diese Weise zu interagieren. Ich bin ohnehin gespannt darauf, was in Zukunft bei der Interaktion mit virtuellen Charakteren in Anbetracht der kürzlichen KI-Fortschritte alles möglich ist. Und [I] doesn’t exist kann man als einen frühen Schritt in diese Richtung einordnen.

Allerdings ist es unterm Strich auch wirklich nur das: ein früher Schritt. Denn von einer lebendigen Unterhaltung, bei der das Programm alles oder zumindest fast alles versteht, ist das Spiel noch sehr weit entfernt. Passt die Antwort nicht in ein ganz bestimmtes Schema und beinhaltet sie nicht einen der insgesamt doch überschaubaren Begriffe oder Gedanken, reagiert das virtuelle Gegenüber nämlich mit Schulterzucken oder gar so, als hätte man das Gegenteil dessen gesagt, was man eigentlich ausdrücken wollte.

Schon bald entwickelt sich das Spiel allerdings ganz anders, als man vielleicht zunächst erwartet.

Unterm Strich ist das Adventure daher eine zwar gefühlt relativ offene, in Wirklichkeit aber sehr geradlinige Kurzgeschichte, die mit den Grenzen des Genres spielt und sogar jene aufbricht, die zwischen Spiel und Spieler liegen. Das ist die große Stärke der Erzählung! Gleichzeitig ist sie aber auch dermaßen schnell vorüber, dass ich nach vielleicht anderthalb Stunden schon etwas enttäuscht den Abspann nur deshalb durchlaufen ließ, weil ich die Hoffnung hatte, es würde danach noch weitergehen.

Selbst spielerisch interessante Mechaniken werden nur angerissen; einmal verwendet, bevor es schon um etwas ganz Anderes geht. Gerade daraus hätten die Entwicklerinnen gerne mehr machen können. Leichter gesagt als getan, ich weiß. Aber bevor ich hier richtig drin war, waren die Momente auch schon wieder vorbei.

Nicht immer kann man mit dem Programm eine echte Unterhaltung führen. Letztlich braucht es ganz klassisch die richtigen Stichpunkte, um fortzufahren.

Und ja, [I] doesn’t exist behandelt dabei Themen, die sich um das Leben vor und abseits des Bildschirms drehen. Die sind durchaus überlegt mit den Akteuren des Spiels verknüpft. Aber auch das empfinde ich, zu einem großen Teil natürlich aufgrund der erwähnten Kürze, als zu knapp und damit letztlich leider zu oberflächlich.

[I] doesn’t exist im Test – Fazit

Was hängenbleibt, das sind die überraschenden Ideen und das Gefühl, einen guten Kurzfilm gesehen zu haben. Und tatsächlich ist mir so ein Erlebnis lieber als jene, die von vorn bis hinten durchschaubar sind und sich vielleicht sogar zum Selbstzweck nur um ernste Themen drehen. Letztlich habe ich das Ganze sogar ein zweites Mal gespielt. Gleichzeitig merke ich aber auch, dass mich [I] doesn’t exist zwar neugierig gemacht hat, aber wie ein Teaser-Trailer dort aufhört, wo es eigentlich losgehen müsste. Bei aller Sympathie und so gerne ich mehr davon hätte, ist es unterm Strich daher einfach schade, dass diese angerissenen Potenziale nicht in einem vereinnahmenden Abenteuer ausführlich erlebbar sind.

[I] doesn’t exist
PROCONTRA
  • Überraschende spielerische und erzählerische Wendungen
  • Schickes Pixelart-Adventure mit klassischer Texteingabe
  • Geschicktes Einbeziehen der Spieler und Spielerinnen
  • Sehr kurze Spielzeit von etwas über einer Stunde
  • Interessante Mechaniken und Erzählstränge werden nur angerissen
  • Programm versteht weiter gefasste Texteingaben nicht oder falsch, was glaubhafte Unterhaltungen verhindert

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Benjamin Schmädig Avatar
Benjamin Schmädig: Für ihn ist WipEout 2097 der Grund, aus dem es Videospiele gibt – aber auch Indiesachen, Shooter sowie fast alles, das mit Weltraum zu tun hat. Sucht gute Storys, knackige Herausforderungen und freut sich, wenn die grauen Zellen nicht unterfordert werden.

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