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Alt+F40: Marauders ist Escape from Space-Tarkov – und ein Grund, warum ich diese Woche bei Verstand blieb

Folge 47: Keiner traut Captain Kacka!

Ich schätze, der Hörspielmarathon der letzten Monate fordert mittlerweile hart seinen Tribut. Nichts macht mein nächste Woche fünfjähriger Sohn momentan lieber als ein gepflegtes Rollenspiel – also die analoge Sorte. Die, bei der man aus den Inspirationen aus den Hörgeschichten mal mehr, mal weniger neue Dinge baut. Mein Sohn ist also Autor, Erzählerstimme und Hauptdarsteller eigener kleiner Mitmach-Erzählungen.

Aktuell stehen Piraten am höchsten im Kurs und die Abenteuer von "Captain Kacka", den er sich selbst ausgedacht hat. Samt eigener Catchphrase, die man zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit rausposaunt. Und die ist ziemlich gut, wenn man bedenkt, dass es sich hier um den Protagonisten der Geschichte handelt: "Keiner traut Captain Kacka"!

Gerade heute hat er aber noch einmal aufgeklärt, dass das mit Stuhlgang nichts zu tun hätte, sondern dass er nur so heißt, weil er so böse ist. Ich bin froh, dass das aus der Welt ist. Ansonsten dominiert die Hausrenovierung gerade meinen Alltag, aber dazu unten mehr (als euch lieb sein wird).

Inhalt


Marauders’ ist schraddelig, aber gut. Glaube ich.

Klar, dass Captain Kackas Fantasieschaluppe auch durch meinen Spielalltag schippert. Bei der ausgedehnten gestrigen Partie von Marauders in der Closed Beta mit unserem Benjamin Schmädig und zwei weiteren Kumpanen hatte ich das dringende Bedürfnis, als Captain Kacka meine Crew zu kommandieren. Zum Glück konnte ich gerade noch widerstehen und beließ es dabei, den Namen ein paar Mal fallen zu lassen.

Schon stimmungsvoll, sich hier auf die Lauer zu legen (auch wenn man Anfangs oft nicht weiß, wohin).

Dennoch: Ich malte mir ständig aus, was Captain Kacka in bestimmten Marauders-Situationen wohl tun würde. Schließlich traut dem niemand und das muss Gründe haben. In Marauders, einem Weltraum-Tarkov, in dem man als Space-Piraten per Raumschiff Stationen und andere Schiffe entert, ist der Halsabschneider-Faktor immerhin gleich mit eingebaut. Hier geht's um Loot, das man zwischen den Missionen im Inventar (mühsam) hin- und herschiebt, verkauft, zerlegt oder modifiziert. Mein innerer Captain Kacka fragt sich also als erstes, "wie oft kann ich meine Leute im Stich lassen, bevor ich die nächsten Partien auf zufällige Mitspieler im Matchmaking angewiesen bin?", "setze ich meine 'mördernden Mitmarodeure' über die Kiste an Kostbarkeiten in Kenntnis, dich ich gerade gefunden habe?" und "ist Friendly Fire eigentlich an? Ich frag nur aus Interesse." Solche Dinge eben.

Und doch stellte sich heraus, dass dies hier ein Spiel ist, in dem man mehr von Zusammenarbeit profitiert als von allem anderen. Das geht schon mit der bloßen Fortbewegung los. Einer fliegt den kleinen Rosteimer, den man zu Beginn seine Heimat nennt, durch das großzügig abgesteckte Instanz Weltraum, navigiert um Asteroiden und Schiffstrümmer herum zu Großkampfschiffen und Raffinieren. Zwei weitere schauen durch Periskope oder erledigen Dinge an Bord, während der Vierte nach Möglichkeit stets im Geschützturm sitzt.

Bugs gibt es einige: Der hier war besonders erheiternd: In einem Feuergefecht steckte plötzlich mein Messer senkrecht im Visier. An Zielen war nicht zu denken. Zum Glück ging es glimpflich aus und das Messer kurz wegzuwerfen löste das Problem.

Elegant fand ich, wie schnell das Spiel den Aggregatzustand ändert. Man späht gemütlich aus, wo man hinwill, wo andere Spielerschiffe unterwegs sind und legt sich dann einen Plan zurecht – oder wird gleich von anderen angegriffen. Den Spielern bleibt dann die Wahl, die Kanonen sprechen zu lassen oder – und das ist besonders cool – eine der als Entervehikel dienenden Rettungskapseln zu nutzen. Damit kann man sich mit Gewalt Zugang zum Feindschiff verschaffen und die Crew nach Art eines taktischen, behäbigen Shooters erledigen.

In einer Situation waren wir eigentlich schon geschlagen, unser Schiff beinahe zerstört, als ich das Kommando gab, auf Nahkampf überzugehen. Wir wendeten durch unser riskantes Entermanöver tatsächlich das Blatt und nutzten danach das Schiff unserer Gegner. Da es offenbar fast unbegrenzt Rettungskapseln gibt, hat man dann auch auf seinem "neuen" Schiff die Wahl, wie man weiter vorgehen will. Frühe Extraktion mit dem, was man gewann (und verlor – tote Spielkameraden und verschossene Munition bleibt erst mal weg), oder doch noch versuchen, weiterzumachen? Das ist schon ein cooler Poker.

Das Menü könnte eleganter sein. Sortierfunktionen FTW! Ansonsten ist es zwischen den Einsätzen das übliche: Loot verwalten, Sachen craften, Rezepte freischalten. Schnörkelloser als Tarkov, aber auch nicht zu platt.

Schade, dass Marauders sich für klarere Kommunikation zu hardcore ist. Ein wirkliches HUD mit Kompassrichtungen oder Ping-Möglichkeit gibt es nicht und das Spiel hält nichts davon, Freunde und Feinde visuell auseinanderzudeklinieren. Letzteres behoben wir zumindest teilweise, indem wir uns abstimmten, allesamt weiße Kleidung anzuziehen, was definitiv half und ein cooler Touch war. Als es dann aber an die Aufträge ging, die wohl die zentrale Einnahmequelle für Geld und Erfahrungspunkte sein sollen, wären ein paar grobe Missionswegweiser zumindest hilfreich gewesen.

Was weiß denn ich, was die Asteroidenmine, was die Mondkolonie und was der Spaceport sein soll? Die eigentlichen Aufgaben dort sind ebenfalls nicht weiter erläutert. "Aktiviere das Notsignal". Würde ich gerne. Aber wo und wie bitte schön? Auch das Art-Design sieht bislang noch aus, als wäre es nur zur Hälfte fertig. Gerade die Innenräume der Schiffe sind so banal, wie es nur irgendwie geht und machen die Orientierung knifflig. Und das allgemeine Spielgefühl ist ebenfalls dezent hakelig, der Server-Browser fast unbrauchbar nervös. Aber… und das ist ein großes "Aber": Ich muss zugeben, ich hatte eine Menge Spaß an diesem Abend.

Die Feuergefechte sind kurz und intensiv. Systematisch zusammen ein Schiff zu durchkämmen, ist Pflicht.

Das Konzept ist dermaßen frisch, dass es eine eigentlich desaströse Woche noch auf die gute Seite zog (mehr dazu unten). Wenn jetzt noch Bedienung, Gestaltung, Bugs, Server-Browser, die schrecklichen Downtimes, in denen buchstäblich nichts passiert, und noch drölf Dutzend andere Sachen gefixt werden, wird Marauders ein Spiel, in das ich mehre Hundert Stunden versenken werde. Das klingt nach einer ganzen Menge Probleme, und das sind es auch. Für eine frühe geschlossene Alpha ist das Potenzial aber schon überdeutlich und schon dicht unter der Oberfläche erkennbar.

Marauders erscheint auf PC und soll "später dieses Jahr" in den Early Access gehen und wird als Game Preview im Game Pass enthalten sein. Captain Kacka gibt also sein 'ARRRR...Okay!', aber wer traut dem schon?


Das Wichtigste der Woche 18/2022, Alex Edition

In der Rotation: Dune Spice Wars lasse ich jetzt erst mal ruhen, bis der Early Access weiter fortgeschritten ist. Dafür spiele ich gerade mit Genuss King Arthur: A Knight's Tale, zu dem ich nächste Woche einen Text liefern werde. Außerdem versuche ich seit Tagen schon, Turnip Boy Commits Tax Evasion anzufangen und schätze, dass es mir schon noch irgendwann gelingen wird. Zudem darf ich endlich die Testversion von Songs of Conquest zocken, muss dazu aber noch schweigen.

Let's go! Ich bin sooo bereit.

Musiktipp der Woche: Heute in der Kategorie "Zehn Jahre alte Indie-Daddy-Musik": The National - Afraid of Everyone. Die Jungs machen auch heute noch exzellente Musik, aber so ganz auf Stand bin ich bei ihnen nicht. Dieses Stück lässt mir heute, als Elternteil, noch mehr einen Schauer über den Rücken laufen als damals schon und ist aktueller denn je. Missgunst und Angst säende Medienvergiftung, das verzweifelte und verzweifelnde Tauziehen zwischen Aufklärung, Konsumkultur und gefühlskalt versteiften konservativen Kräften und man selbst irgendwo dazwischen. Im schlimmsten Fall mit Kindern, um die man sich mehr Sorgen macht, als man sich jemals um sich selbst gesorgt hat. Ein perfekt eingefangenes Lebensgefühl, das selbst auf Lettermans oft nicht gerade gnädiger oder gar schmeichelhafter Bühne erschütternd vermittelt wird.


Tiefpunkt der Woche: Heute mal der Tiefpunkt zuerst. Warum, das seht ihr gleich. Hat natürlich mit der Renovierung unseres neuen Mietshauses zu tun: Der Boden sollte als erstes gemacht werden, weil der auch die größte und teuerste Baustelle war und nach Einzug in dieser Richtung nichts mehr geht. Zuerst kamen die Korkfliesen zu spät, dann lächerlich wenige davon, woraufhin meine extra zum Helfen und mit reichlich Werkzeug angereisten Schwiegereltern erst mal wieder nach Hause fuhren. Der Rest der Lieferung kam dann einen Tag früher und urplötzlich auf mehr Paletten als ich zurücktauschen konnte – natürlich waren fast zehn Prozent der über 40 Pakete sichtbar und zum Teil erheblich beschädigt.

Wir haben uns selten schlechter und verzweifelter gefühlt als diesen Dienstag und wir haben in 17 Jahren Beziehung schon ein paar Sachen erlebt. Aber hier war es einfach unnachgiebig, an allen möglichen und unmöglichen Stellen taten sich neue Baustellen auf. Das zehrte gehörig am Nervenkostüm. Das ging so weit, dass ich am Mittwoch House Flipper nach zwei Jahren "guckste dir bald mal an" von meiner Steam-Wunschliste getreten habe, so mies war ich drauf wegen der Misere.

Weiß jemand, ob man die Fugen an der Rückseite von Klickparkett-Fliesen sehr dringend braucht?

Aufseiten der Spiele war mein größtes Problem, dass Dinosaur Fossil Hunter zwar wie für mich gemacht scheint, aber schon im Tutorial einen Blocker produziert, nach dem ich nicht weiterkomme. Das ist schade.


Mittelpunkt der Woche: Nachdem unser Vermieter lange Probleme hatte, an Handwerker für ein paar dringend nötige Arbeiten und Reparaturen zu kommen, war am Donnerstag dann das Haus plötzlich voll von denen. Es wurde tatsächlich mit einem Mal viel erledigt oder zumindest angegangen, ich habe im Vorbeigehen ein paar gute Tipps bekommen und halte mich jetzt für den alles verputzenden Maurerkönig, der ich nie war. Nachdem wir zwei Tage vorher wirklich am Ende waren, spürten wir seit gestern eine trotzige Energie in uns aufkeimen.

Die beste Rolle in einem der schlechtesten Filme: Ewan McGregor als Obiwan Kenobi. Geniales Casting, das muss man zugeben.

Ansonsten hat mir der Star Wars Obiwan-Trailer besser gefallen, als ich zugeben mag. Ein bisschen hasse ich mich dafür, dass ich mich zu einer so leichten Beute für Disney mache, aber Ewan McGregor war schon an den Prequels die eine Sache, die funktioniert hat und was ich bisher gesehen habe… Herrje, ich falle schon wieder auf sie rein, oder?


Höhepunkt der Woche: Eigentlich heute: Da bin ich sicher, nachdem ich gestern vor dem Schlafengehen noch den gewaltigen Riss im Putz im Flur gesäubert und grundiert hatte, freue ich mich jetzt schon, nach dem Zu-Bett-Bringen der Kinder das Miststück zu verspachteln. Ist mein erstes Mal, aber es wäre wirklich gelacht, sähe dieses Haus, an dem seit Jahrzehnten nichts passiert ist, anschließend nicht entschieden besser aus als vorher. Ich bin fast euphorisch und bin nicht sicher, ob das noch normal ist. Vielleicht war im Tiefgrund etwas drin, das meinen Verstand vernebelt hat? Egal. Nachdem ich Anfang der Woche am liebsten Feuer an den Laden gelegt hätte, habe ich plötzlich richtig Lust, ihn mir schönzumachen.

Keine schlechten Spiele, aber nicht die, die ich wollte. Tomb Raider ist mehr als nur ein Potpurri etablierter Blockbuster-Ideen. Oder sollte es zumindest sein.

Was Games angeht, begrüße ich den Verkauf von Crystal Dynamics durch Square Enix an die gruselige Embracer Group. Ich habe das diffuse Gefühl, das ist der Neustart, den Tomb Raider gebraucht hat. Und wenn sich CD jetzt noch mal Gedanken macht, ob man es mit den Avengers jetzt nicht so langsam mal bewenden lässt – die Rechnung hat sicherlich Square Enix längst bezahlt –, haben sie auch wieder Zeit für die schönen Dinge im Leben. Womit natürlich Lara gemeint ist.

Nicht gewachsen, aber das war nach dem Umtopfen und der Ableger-Abnahme zu erwarten. Hat sich gut erholt, würde ich sagen. Und die Ableger leben auch noch.
In diesem artikel

Marauders

PC

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Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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