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Super Mario RPG - Test: Bowsers bester Auftritt aller Zeiten und ganz viel charmanter Unsinn

Legend of the four stars.

Vergnügliche, schrille Neuauflage des ersten Mario-RPGs, die mangelnden Biss in den Kämpfen mit eimerweise charmantem Unsinn überschüttet und einen der besten Bowser-Auftritte wiederaufleben lässt.

Super Mario RPG quatscht nicht unnötig. Ich mag diese Erkenntnis mehr als die Tatsache, dass Mario und seine Kumpel in einer Hochzeitskapelle eine Himbeertorte verdreschen, bis ihr die Lichter buchstäblich ausgehen. Und mehr als den bärtigen Freak, der die matschigen Tortenreste runterschlingt, seine krachend geplatzte Hochzeit mit Prinzessin Peach zur gelungenen Party umdichtet und nach Hause geht, als wäre das alles soeben nicht in dieser Reihenfolge geschehen.

Nichts gegen das aktuelle Sea of Stars oder einige der Mario-RPG-Nachfolger für den (3)DS, besonders Dream Team Bros. Alles schöne, beherzte Spiele, aber warum brauchen die weisesten Lehrmeister immer Stunden für ihren Zinnober? Spiele sollen nicht quatschen, wenn es nichts zu sagen gibt, was sie selten vom Gegenteil abhält. Super Mario RPG findet nur Sekunden, nachdem Peach in Rupert Bowsers Clownkutsche verschwindet, den allerbesten Ausweg, indem es uns spielen lässt, beginnend in Bowsers Eingangshalle. Der Held schlägt in der Luft die Hacken zusammen und los geht es. Sehr erfrischend.

Es dauert nicht lange, bis die Geschichte zu einer Feind-meines-Feindes-Nummer wird, spätestens als Bowser seine geliebte Festung an Schmiedrichs Schergen verliert. Das Vertreiben der (im Design an Waffen angelehnten) Gegenspieler erfordert das Sammeln von sieben Sternen. Und gemeinsame Sache mit Bowser.

Das Original, eine Kollaboration von Square und Nintendo, erschien im Jahr 1996 Japan- und US-exklusiv als letztes Mario-Game fürs SNES und als erstes Mario-RPG überhaupt. In Europa war es offiziell erst 2008 per Wii-Download so weit. Mann, wie sich ahnungslose Kids gefühlt haben müssen, als ein Sprung auf den Koopa-Schildkadetten im ersten Flur einen neuen Bildschirm statt des Koopa-Schädels öffnete. Square wollte die Charakteristika eines Final Fantasys mit denen eines Mario-Spiels verbinden. Das gelang mit großem Abstand zugunsten der JRPG-Inhalte, wogegen die wenigen Präzision verlangenden Hüpfpassagen damals wie heute ein hinnehmbares Übel sind.

Es gibt eine eigene Währung für Spezialangriffe und Pilze als Ersatz für Heiltränke. Kämpfe folgen der traditionell rundenbasierten Vorlage mit einem kleinen Twist: Eigene Angriffe lassen sich durch rechtzeitiges Drücken oder Spammen bestimmter Tasten oder Drehen des Sticks verstärken, feindliche abschwächen. Statt jeden Zug gedankenlos mit A durchzuhämmern, ermuntert das System zum Mitmachen und hält uns in seinem netten kleinen Flow.

Ideen aus anderen Square-Klassikern drehten die Schrauben in Richtung entspannter Spielbarkeit, etwa die Abwesenheit von Zufallskämpfen à la Chrono Trigger. Das Bewegen in der Spielwelt fühlt sich eher wie ein isometrischer Mario-Platformer an und Gegner sind deutlich sichtbar. Eine Berührung öffnet den Kampfbildschirm. Die wenigsten Kloppereien dauern länger als eine Minute.

Neben Mario befinden sich stets zwei seiner vier Begleiter auf dem Kampffeld und greifen abwechselnd an. Ihr könnt sie sogar mitten im Kampf auswechseln, sollte einer zu Boden gehen. Nötig ist das so gut wie nie.

Trotz moderner Technik des zuständigen Studios Arte Piazza sprechen wir inhaltlich von einem Super-Nintendo-Spiel. Das Verhältnis zwischen sichtbarer Erneuerung und fühlbarer Tradition liegt in etwa gleichauf mit Zelda: Link's Awakening für die Switch. Die leicht knetartige Erscheinung mancher Figuren ist ihm geblieben, ebenso die isometrische Ansicht und die Kompaktheit seiner Locations, während neue Zwischensequenzen für Teamattacken die schweren Geschütze auffahren.

Diese knalligen Szenen stärken eine gewisse Zeitlosigkeit, mit der Mario seit Jahren die Münzbeutel zusätzlich mit Erfahrungspunkten und neuerdings Froschgroschen stopft. Wir verdanken ihr um drei Ecken Brüller wie Mario & Luigi: Superstar Saga, das grandiose Abenteuer Bowser oder die frühe Paper-Mario-Reihe. Was für witzige Spiele! Bei ihnen kann man so heftig lachen über Bomba Luigi, zwei bärtige Penner oder Rülpsen vor dem Spiegel. Schwer zu glauben, dass Paper Jam Bros. acht Jahre her sein soll.

Inzwischen liegt die Mario-&-Luigi-Reihe im Grab und Paper Mario ein ganzes Stück neben der Spur. Das hier ist alles, was wir bis zur Äonentor-Neuauflage nächstes Jahr bekommen, und von Herzen zu empfehlen, wenn eure Kämpfe nicht fordernd bis zum Äußersten ausfallen müssen. Das ist Super Mario RPG zu keinem Zeitpunkt, nicht im höheren Schwierigkeitsgrad und schon gar nicht im normalen Spielverlauf. Die harten Schlachten toben bestenfalls beim superversteckten, geheimen Boss hinter der versiegelten Tür oder in Rematches nach dem Durchspielen. Denkt eher an Mystic Quest als an Fire Emblem, dann droht keine Enttäuschung.

Die Stärke des Spiels liegt in der Vielfalt der nach und nach auf der Weltkarte freigeschalteten Locations und darin, dass kaum eine Erkundungstour länger dauert, als sie sollte. Das muss man erst einmal hinbekommen.

Super Mario RPG spiegelt diese Einfachheit auf die sympathischste Art. Manchmal reicht es, zusammen mit einer verwegenen Spielzeugpuppe und einer verheulten Wolke einen Gegner nach dem anderen aufzumischen, vor allem, wenn die Wolke beim Angreifen Zimbeln benutzt und der Gegner Speerfried, Ganovling oder Koopakadabra heißt. Das ist das Dümmste und zugleich Beste, was ich seit Langem in einem Spiel erlebte.

Manchmal genügt das Aufsteigen im Viertelstundentakt, automatisch erhöhte Werte für Kraft, HP und Magie, alle paar Stufen eine neue Kampffertigkeit. Wir sehen hier ein überschaubares Verständnis von Progression in rund 15 Stunden Laufzeit, die nur durchbricht, wer mit allen fünf Charakteren den Maximallevel 30 erreichen möchte.

Neben Level-ups mit Feuerbällen, Supersprüngen, Laserstrahlen und Gruppenheilung haben die Begleiter auch einen kleinen süßen, flach angelegten Handlungsbogen. Alle außer Peach. Sie sagt bis zum Ende vielleicht fünf Sätze, und nicht einmal die hätte es gebraucht. Mallows Geschichte ist eine über Selbstverständnis und das Wachsen an der Herausforderung, während Geno den geheimnisvollen kosmischen Desperado aus der Sternenstraße gibt (wie cool er sein kann...).

Die Teamangriffe werden mit bombastischen Szenen inszeniert, die so auf dem SNES nicht zu erträumen gewesen wären. Jede Gruppenzusammensetzung löst ein anderes Manöver aus.

Der Höhepunkt ist Bowser als sensibler Ganove in einer seiner charmantesten, herzlichsten Rollen. Bester Auftritt zusammen mit Mario & Luigi: Abenteuer Bowser, dem Zenit von Marios (und Bowsers) RPG-Karriere. Der 2009 für den DS erschienene Teil ist mitsamt Vorgängern und Nachfolgern die wahre Errungenschaft des originalen Super Mario RPG, die Ausgestaltung einer Idee zu einer der lustigen Reihen von Nintendo.

Wo sie ihre großen Quests thematisch mit Zeitreisen oder der Erkundung von Bowsers Innenleben anreichern, bleibt Super Mario RPG schnörkellos. Es zelebriert lineares Wandern von Ort und Ort, mit allmählich besser werdenden Waffen und Kleidungsstücken, je später im Spielverlauf sie ein Händler für eine Handvoll Münzen zum Kauf anbietet. Klassisches Material. Nur ohne den andernorts nötigen Grind und fast ohne Backtracking, unter dem Paper Mario und besonders dessen Nachfolger zu leiden hatte.

Obwohl das Spiel schnell die vertraute Struktur abbildet, im stetigen Wechsel zwischen Erkundung, Rätseln, Minigames und Bossgegnern, verhindern die zügig wechselnden Locations eine allzu große Vorhersehbarkeit. Abgesehen davon, dass man sieben Sterne finden soll, worin sich das Spielziel erschöpft. Irgendeine Konstante im großen Abenteuer muss es geben, was?

Die grundlegende Beschaffenheit der Welt ist identisch mit dem Originalspiel, ebenso die Gegnerplatzierung und die Fundorte der unsichtbaren Schatztruhen.

Mit hauchdünner Prämisse und dem Blick zu Bowsers besetzter Festung geht es durch versunkene Piratenschiffe, die Kanalisation, Vulkane, Märchenwälder (ja, mit der Musik, neu arrangiert von der damaligen Komponistin Yoko Shimomura, aber ihr könnt auch zur Originalmusik wechseln), auf Fässern den Fluss runter und an Bohnenranken hinauf in die Wolken. Das Spiel ist leicht, zuweilen albern bis absurd, rührend und witzig, manchmal plätschernd, nie langweilig oder schleppend.

Es umarmt den schieren Blödsinn: Mario zerknittert am Haken hängend wie eine Jacke. Mario als Wurfgeschoss in Bowsers Händen. Mario, wie er vom Himmel gefallenen Killerclowns mit seinen gewaltbereiten Freunden ins Gesicht tritt. Oh, und Mario als Pantomime mit einem unendlichen Ausdrucksvermögen, obwohl er nie ein Wort sagt. Am Ende werdet ihr einige schräge Vögel gesehen haben, allen voran den in Bowsers Festung steckenden Excalibur-Verschnitt, eine Legende der räuberischen Hausbesetzerszene.

Oder der Krawallmacher, der faselnd in einer Eisenbahn durch seine Residenz fährt, als wäre er ein bombenwerfender Walt Disney. Niemand sollte das hinterfragen. Genauso wenig, wie man Mario als Prügelknabe hinterfragt, als Tennisspieler, Koch, Arzt, Schiedsrichter, Skispringer oder am Pariser Platz bei den geizigen Zwillingen. Ein echter Superheld, möchte man meinen, mit nie weniger als hundert Prozent auf dem Zeiger. So wie in dieser wunderbar kauzigen, endlich für alle spielbaren RPG-Neuauflage.

Super Mario RPG
PROCONTRA
  • Technisch toll erneuerte Spielwelt
  • Gefälliger Rundenkampf mit aktiver Einflussnahme
  • Nette Handlungsbögen für Bowser, Geno und Mallow
  • Ansehnlich visualisierte Teamangriffe
  • Klassischer SNES-Soundtrack wählbar
  • Kein Leerlauf, keine Streckungen
  • Erstmals in deutscher Sprache
  • Meist zu einfache Kämpfe
  • Recht kleine Areale mit wenigen Geheimnissen
  • Nur wenige Nebenaufgaben

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