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Onimusha: Warlords - Test: Frischzellenkur für einen PS2-Klassiker

… nur die vorgerenderten Hintergründe - die kommen einfach nicht mehr in Mode.

Neuauflage eines PS2-Action-Adventures, bei der Action und Rätsel noch gut funktionieren, an dem der Zahn der Zeit aber zu stark genagt hat.

Starre, vorgerenderte Hintergründe und animierte Figuren, die sich davor bewegen - das war für Capcom lange Zeit eine potente Erfolgsformel, vor allem natürlich weil die Resident-Evil-Reihe zu Beginn so funktionierte. Warum dieses Erfolgsrezept also nicht auch auf andere Szenarien übertragen, dachte man sich und schuf mit Onimusha: Warlords ein Spiel, das in der Sengoku-Zeit der japanischen Geschichte spielt, einer Zeit, in der mehrere Feldherren um die Vorherrschaft in Japan kämpften.

Der historische Hintergrund spielt in Onimusha: Warlords aber letzten Endes kaum eine Rolle, denn viel wichtiger als der Kampf gegen rivalisierende Feldherren ist für Protagonist Samanosuke der Kampf gegen einen Haufen Dämonen, die Prinzessin Yuki entführt haben. Warum ich euch das erzähle? Weil Capcom Onimusha: Warlords für den PC und die gängigen Konsolen neu aufgelegt hat.

Es ist schon sehr befriedigend, wenn sich Gegner durch Explosionen in ihre Einzelteile zerlegen, auch bei ansonsten eher veralteter Grafik. (Onimusha: Warlords - Test)

Die Geschichte von Onimusha: Warlords mag über die eines durchschnittlichen Super-Mario-Platformers nicht hinausgehen, eine tolle Atmosphäre verbreitet das Szenario aber allemal. Als Samanosuke erforscht ihr ein von Dämonen überranntes Schloss, löst Rätsel, führt euer Katana aber auch immer wieder souverän durch weiches Dämonenfleisch, später bekommt ihr sogar zusätzlich Schusswaffen, wenn auch nicht mit gerade viel Munition. Es ist ein Fest, diese Höllenkreaturen zu massakrieren und auch das übrige Gameplay funktioniert im Grundsatz nach wie vor gut: Samanosuke hat einen Panzerhandschuh mit speziellen Fähigkeiten, er kann nämlich Seelen einsaugen. Die hinterlassen getötete Feinde - sie verschwinden zwar nach kurzer Zeit, aber bis dahin kann er sie sich schnappen und sie zu seinen Gunsten verwenden. Mit roten Seelen lassen sich die Waffen verbessern, gelbe Stellen die Gesundheit wieder her und blaue die sogenannte Oni-Energie. Die wiederum wird benötigt, um Spezialfähigkeiten auszulösen: Blitze oder Flammen verschießen etwa, je nach gerade ausgerüsteter Waffe. Mit stärkeren Waffen könnt ihr außerdem bestimmte Türen öffnen, die euch ansonsten verschlossen blieben, was für ein nettes Fortschrittsgefühl sorgt. Zwischendurch könnt ihr in wenigen Momenten auch Samanosukes Ninja-Kollegin Kaede übernehmen, die Dämonen eher ungern in offener Feldschlacht begegnet, sondern sie lieber von hinten erdolcht.

In Onimusha: Warlords geht es nicht nur um Action, auch einige Rätsel gilt es zu lösen. (Onimusha: Warlords - Test)

Onimusha: Warlords ist kein sonderlich kompliziertes Spiel, aber das muss es auch nicht. Was es will, macht es gut. Oder machte es. Denn: Wer zum Release-Zeitpunkt geboren wurde, ist in Deutschland in ein paar Monaten volljährig. Und das merkt man dem Spiel leider an. Einerseits, weil Capcom in die Neuauflage von Onimusha offenkundig ein bisschen weniger Liebe gesteckt hat als in die sehr gelungenen Resident-Evil-Remakes. Die Auflösung wurde erhöht, es gibt jetzt moderne Steuerungsoptionen jenseits der berüchtigten Panzersteuerung (ihr könnt einfach den Stick benutzen und euch frei in alle Richtungen bewegen) und die Texturen sehen insgesamt ein wenig detailreicher aus. Aber gerade auf dem Fernseher wirkt das Spiel doch recht verwaschen, die PS2-Herkunft ist offensichtlich. Am besten hat Onimusha: Warlords für mich im portablen Modus der Switch funktioniert, schlichtweg weil der Bildschirm dann klein genug ist, dass solche Unzulänglichkeiten nicht mehr allzu schwer ins Gewicht fallen. Trotzdem fallen auch hier die für heutige Verhältnisse doch sehr groben Polygonfiguren ins Auge, die sich eher bewegen wie versteifte Origami-Experimente denn wie wirkliche Menschen.

Durch die vorgerenderten Hintergründe wirkt Protagonist Samanosuke oft wie ein Fremdkörper. (Onimusha: Warlords - Test)

Noch deutlicher zeigt das Spiel sein Alter aber mit seinen vorgerenderten Hintergründen. Manchmal scrollen die ein bisschen mit der Spielfigur mit, oft sind es aber einfach nur statische Bilder, vor denen ihr agiert. Ich muss zugeben, das hat einen gewissen Reiz. Es befreit euch nämlich zur Gänze von der Pflicht, euch zunächst umzuschauen und nachzusehen, ob ihr nicht irgendwo etwas überseht. Geht nicht, denn ihr seht sofort alles. Viele Räume erzählen sogar nette, kleine Geschichten, denn die Dämonen sind offensichtlich schon eine ganze Weile unterwegs. Wenn ihr also einen blutigen Altar vorfindet, könnt ihr euch in Ruhe ausmalen, welche schrecklichen Rituale hier geschehen sein mögen - ohne euch aber darüber Gedanken machen zu müssen, was hinter dem Altar ist, weil: Ein Dahinter gibt es im Spiel ja nicht.

Aber was versuche ich, dieses System nostalgisch zu verklären, es hat ja doch keinen Sinn und es hat seinen Grund, dass das heute anders gemacht wird. Wenn ihr in einen neuen Raum kommt, bewegt sich Samanosuke plötzlich in eine andere Richtung als jene, in die ihr den Stick drückt. Das bleibt zwar so, bis ihr den Stick wieder bewegt und theoretisch könnte euer Daumen auch einfach da bleiben, wo er gerade ist. Für mich hat sich das aber jedes Mal so unnatürlich angefühlt, dass ich mich aus lauter Respekt vor der Sinnhaftigkeit euklidischer Räume verpflichtet gesehen habe, das zu korrigieren.

Okay, vielleicht ist es nicht das mit den euklidischen Räumen, sondern einfach ein bisschen neurotisch. Abgesehen davon kann es durch den plötzlichen Übergang von einem Bildschirm in den anderen aber auch dazu kommen, dass ihr sehr unvermittelt von Gegnern angegriffen werdet, die ihr vorher einfach nicht gesehen habt. Spätestens dann wird's ärgerlich, auch weil die Speicherpunkte in Onimusha: Warlords zwar nicht unfassbar weit auseinander liegen, aber doch ein bisschen weniger großzügig verteilt sind als man das heute gewohnt ist. Und wo wir schon beim Sound sind: Die englische Sprachausgabe ist einfach nicht gut, denkt an ein drittklassiges Laientheater. Optional könnt ihr aber auch japanische Sprecher wählen.

Um die Volljährigkeit von Onimusha zu feiern, hat Capcom zur Neuauflage ein Achievement-System hinzugefügt. (Onimusha: Warlords - Test)

Eher ungewohnt ist heute auch die Sound-Kulisse. Nicht so sehr die Musikuntermalung, die geht schon in Ordnung, es sind eher die Geräusche, die die Gegner machen - oder vielmehr: die sie nicht machen. Es mag einem nicht so bewusst auffallen, aber wir sind es mehr gewohnt als uns lieb ist, dass Gegner durch gewisse Geräusche andeuten, dass sie kurz davor sind, einen Angriff zu starten. Oder wenn sie kurz davor sind, das Zeitliche zu segnen. Bei allzu vielen Gegnern geschieht das bei Onimusha nicht, weshalb das erste Geräusch, das ihr hört, oft das akustische Treffer-Feedback eurer Spielfigur ist.

Onimusha: Warlords war vor 18 Jahren technisch auf der Höhe der Zeit. Und wie das bei solchen Spielen ist: Man verzeiht ihnen gern mal leichter eine etwas kürzere Spielzeit, das ist heute bei vielen technisch beeindruckenden VR-Titeln ja nicht anders. Onimusha habt ihr innerhalb von fünf Stunden durchgespielt und für ein Action-Adventure dieser Machtart ist das aus heutiger Sicht doch ein wenig sehr kurz, auch wenn sich der Preis von rund 20 Euro natürlich verkraften lässt. Allerdings lohnt sich auch ein neuerliches Durchspielen kaum, ein New Game Plus gibt es nicht, alternative Enden ebenfalls nicht. Capcom hat dem Spiel lediglich ein neues Achievement-System aufgepfropft - nett zwar, aber für meine Begriffe auch nicht ausreichend, um zum Neustart zu animieren.

Blut und Gedärme dürfen bei dämonischen Invasionen nicht fehlen. (Onimusha: Warlords - Test)

Onimusha: Warlords war seinerzeit ein tolles Spiel, wirkt heute aber leider ein wenig zu sehr wie aus der Zeit gefallen. Capcoms Neuauflage greift nicht tief genug, um das zu kaschieren - zu wenig Mühe hat man sich bei der Überarbeitung der Grafik gegeben, zu kantig wirken die Figuren, zu wenig können gerade die Beleuchtungseffekte überzeugen. Umso mehr fallen dann die spielerischen Defizite ins Gewicht, die sich aus der Verwendung vorgerenderter Hintergründe ergeben: Samanosuke wird ohne jede Vorwarnung aus dem Nichts angegriffen und manchmal fühlt es sich einfach seltsam an, den Stick in eine andere Richtung zu drücken als in die, in die die Figur gerade läuft. Als kleine Zeitreise geht Onimusha klar - mehr ist es aber leider nicht.


Entwickler/Publisher: Capcom/Capcom - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One, Switch - Preis: 19,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: Switch, Xbox One - Sprache: deutsche Texte, englische Sprachausgabe - Mikrotransaktionen: Nein

Onimusha: Warlords - Test: Frischzellenkur für einen PS2-Klassiker

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In diesem artikel

Onimusha Warlords

PS4, Xbox One, PS2, PC, Nintendo Switch

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Über den Autor
Markus Grundmann Avatar

Markus Grundmann

Freier Autor

Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.

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