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Demonicon bietet alles: Inzest, Bordelle und falsche Götter

Außergewöhnliche Zustände herrschen im Schwarze-Auge-Universum.

So richtig schlau werde ich aus Demonicon noch nicht. Auf der einen Seite taucht es tief in die Mythologie des Pen & Paper-Rollenspiels Das Schwarze Auge ein, auf der anderen versuchen seine Spielsysteme doch einfach genug zu bleiben, um der mit dem Material nicht so vertrauten Masse den Zugang zu ermöglichen. In diese Richtung geht auch dem Zeitgeist entsprechende dunkle Ton der Handlung und Umgebung, auf der anderen Seite schient man sich dann doch nicht so konsequent vom stellenweise fast kindlichen Kitsch des Schwarzen Auges trennen zu wollen.

Der Kapitän der Wache und der Chef der Diebesgilde, hier Kreuzerkartell genannt, wirken so... DSA, dass man sich sofort fragt, wieso die beiden in der harten Welt der Dämonenlande überhaupt existieren können, geschweige den machtvolle Posten haben können. Andere Figuren passen besser in das Setting, wieder andere nicht. Die Stadt Warunk war wiederum in weiten Zügen der aus diesem Universum vertraute Disney-Mittelalter-Themenpark, Schalmeien inklusive. Die Sümpfe dagegen ein wüstes, lebensfeindliches und verseuchtes Land. Zumindest macht dieser Kontrast deutlich, warum jeder im größeren Umkreis in diese Stadt möchte. Es ist eine mitunter eigenwillige Gratwanderung die sich bei Anspielen zeigte und ich hoffe, dass das vollständige Spiel ein doch etwas schlüssigeres Bild zeigt. Vielleicht lag es wirklich nur an den Sprüngen, die das Anspielen so mit sich bringt.

Leider ist das nicht das Rollenspiel, in dem es keine Spinnen gibt.

Einiges war schon aus der Erstvorstellung im letzten Jahr bekannt, nur wirkte es diesmal deutlich polierter und die Alpha-Version zeigt, wo es hingehen könnte. Rannten damals noch Zombie-Platzhalter in der Stadt umher, machten diese nun "echte" Bewohner unsicher. Die Zahl der Glitches fiel deutlich und selbst wenn das hier kein Witcher 2 auf einer technischen Ebene wird, kam ich doch recht zügig in die Stimmung für Fantasy. Gerade im Soundbereich scheint Demonicon glänzen zu wollen. Sei es die "Stimmungs-Kulisse" des Bordells, der Lärm der Straßen oder die nicht genau zuordenbaren Geräusche des Sumpfes, die auf nichts Gutes in dieser Gegend hindeuten lassen diese Gebiete belebter wirken, als sie es auf der visuellen Seite bisher sind.

Der Kampf: Rolle, Konter, Rolle, Konter, Special hinterher

So in Stimmung gebracht, wurde es auch endlich Zeit, sich etwas mehr dem Kampfsystem zu widmen. Was ich hier bisher spielte, sagte mir am Ende zu, aber es ist sehr actionlastig. Rollen und Konter sind lebenswichtige Techniken, ohne die ihr verloren seid. Wer Dragon Age 2 nicht spielt, weil er mit Action in seinen RPGs nichts am Hut haben will, hat hier einen schweren Stand. Seid ihr da aber offen für, dann ist das hier kein schlechtes Konzept. Witcher 2 ist nicht gänzlich unähnlich und Demonicon erreicht zwar nicht dessen Präzision in seinem mitunter ganz schön hektischen Gewusel, aber als ein System, das aktives Vorpreschen und in Bewegung bleiben belohnt, scheint es auf dem besten Wege zu sein.

Spezialangriffe enthalten magische Geschosse oder besonders harte Schläge und Konter, die natürlich besagt Energie aufbrauchen.

Wer Dieb sein will, darf die Stadtwache nicht fürchten.

Ein wichtiger andere Faktor besteht darin, dämonische Energie und Mana aufzuladen, um den großen Gegnern beizukommen. Diese sind in der Regel zu stark für normale Schläge oder im Falle der beiden gezeigten Bosse sogar komplett unverwundbar für solch niederes Schwertgefuchtel. Spezialangriffe enthalten magische Geschosse oder besonders harte Schläge und Konter, die natürlich besagt Energie aufbrauchen. Die Energie zieht ihr wiederum aus dem Besiegen der in konstanten Strömen auftauchenden normalen Feinde, die ihren Boss umschwärmen. Erledigt sie, treibt euren Kombo-Counter in die Höhe und ihr habt die Werkzeuge, um dem Boss beizukommen.

Das klingt ein wenig nach God of War und ja, es spielt sich ehrlich gesagt auch so. Wie schon gesagt, Action steht im Vordergrund, sobald die Waffen gezogen sind. Sie spielt sich gut, dynamisch, ein Hauch von Taktik und der richtige Einsatz der Fertigkeiten und Dämonenmagie für mehr Schlagkraft und Schutz ist dabei, damit kann man seinen Abend gut verbringen. Selbst wenn es sicher nicht ganz das ist, was man von diesem Franchise sonst so erwartet.

Fiese Falle

Die Fertigkeiten-Bäume sind einfach gehalten. Für ein Schwarze-Auge-Spiel. Ausdruckstanz werdet ihr vergeblich suchen und all die anderen kleinen, seltsamen Dinge, die das komplexe Regelwerk sonst so in diesem Gebiet anbietet, wurden auch über Bord geworfen. Geblieben sind ganze vier Attribute, Kampf- und Waffenfertigkeiten, Alchemie zum Tränkemixen - die Zutaten sammelt ihr wie immer am Wegesrand ein - und ein paar Basics wie Schlösserknacken oder Wahrnehmung. Die Umsetzung der Anwendung der Letzteren konnte mich bisher nicht wirklich überzeugen. Ein Schloss hat beispielsweise einen Level von 5. Habt ihr Schlösser auf 4, könnt ihr es nicht knacken, habt ihr es auf 5, gelingt es automatisch. Ich bin zwar dankbar, dass es kein nerviges Minispielchen gibt, aber ich doch gerne eine Wahrscheinlichkeits-Formel gesehen. Je höher der Wert der Fertigkeit relativ zum Schloss, desto leichter wird es bis hin zur sichern Erfolgsgarantie. Das wäre das Übliche, Demonicon geht da eine andere Richtung.

Simpel. Für DSA-Verhältnisse.

Als verhängnisvoll für meinen armen Helden stellte sich das System bei den Fallen heraus. Sind diese normalerweise eher ein kleines Aua am Rande, haben es die in Demonicon in sich. Oh, eine Kiste, einsam und verlassen im Sumpf, die hole ich mir doch gleich... ZACK! BÄM! 80 Prozent der Lebenspunkte hängen in einer Speerfalle, die auch noch so ein richtig fieses Geräusch dazu macht! Heilige Sch..., meine Fresse, das schmerzt in diesem Spiel richtig! Geheilt wird nur über Tränke, zumindest so ausgebaut, wie meine Figur war und Tränke waren gerade aus. Nicht nur, dass es richtig wehtat, es kam so aus dem Nichts, dass ich auf dem Sessel richtig zusammenzuckte. Das hat Dead Space 3 nicht geschafft.

Ein guter Effekt, aber irgendwo auch ein gemeiner, weil ich nicht den Hauch einer Chance hatte, dieser Falle zu entgehen. Mein Level war einfach nicht hoch genug. Und das ist dann doch der Punkt, wo dieser Ansatz mich grübeln lässt. Aber abwarten, wie es sich im finalen Spiel dann so entwickelt.

Inzest, Huren und falsche Götter. Was einen halt so bewegt.

Von der großen Geschichte habe ich kaum mehr mitgenommen, als bereits bekannt war. Die in den Dämonenlanden gestrandete Familie des Helden - oder was davon noch übrig ist - sucht Zuflucht in der letzten Stadt, die nicht überrannt wurde und wie uns auch schon Dragon Age 2 lehrte, händigen belagerte letzte Zufluchten die Hausschlüssel nicht einfach so aus. Also heißt es, sich einen Stand in der Stadt zu schaffen - und das bedeutet Quests. Das Interessante daran ist, dass viele dieser sich auf zwei Wegen - vielleicht später sogar mehr? - lösen lassen. Ein Dorfhäuptling glaubt, ein Opfer an seine neu gefundenen Götter wäre das Beste, die Priesterin der alten Götter sieht das anders und bittet euch, den gesuchten Gegenstand an sie zu geben und ihrem Konkurrenten eine Fälschung. Ich weiß leider nicht, wie es ausgeht, weil ich später noch mal probierte, die gleiche Kiste zu holen, aber es klang schon spannend.

Der Action-Kampf braucht noch ein wenig Feinschliff, ich habe meine Zweifel, was das Fertigkeitensystem angeht, aber insgesamt spielt sich jetzt schon flüssig und unterhaltsam.

In die Falle gelaufen.

An anderer Stelle konnte ich entscheiden, ob ich die Kontrolle über das Bordell lieber an die Diebe oder die Stadtwache gebe. Fraktionen und jeweils für sie spezifische Aufgaben sind also auch dabei. Es waren relativ viele Entscheidungen in kurzer Zeit: Von Freudenhaus-Vermittlung über Inzestanflüge der eigenen Schwester bis hin zur Anbetung falscher Götter war für jeden Geschmack etwas dabei. So aufgelistet muss ich sagen, dass an dem "es ist ein Rollenspiel mit erwachsenen Themen" wohl was dran sein könnte. Ob sich diese am Ende auch so erwachen ausspielen oder im Limbo der isolierten Quest vor sich hindümpeln, war bisher in keiner Weise abzuschätzen. Wenn es Konsequenzen gab, habe ich sie nicht mehr erlebt, weil ich an die Kiste wollte. Aber das soll nicht heißen, dass es sie nicht geben würde. Die Entwickler versprechen sie und ausgehend von den zu sehenden Ansätzen bin ich da auch guter Dinge.

Überhaupt bin ich erstaunlich guter Dinge, was Demonicon angeht. Das Spiel, das vermutlich den unglücklichsten Start überhaupt unter einem anderen Publisher hatte, wächst und gedeiht unter der aktuellen Regie augenscheinlich gut vor sich hin. Es besteht wenig Gefahr, dass es der deutsche Witcher-2-Killer wird, die Polen haben einfach schon auf technischer Seite ganz andere Möglichkeiten, aber da ich das jetzt schon zwei Mal durchhabe, hätte ich Richtung Herbst, wenn Demonicon erscheinen soll, absolut Lust auf das, was hier gezeigt wurde. Der Action-Kampf braucht noch ein wenig Feinschliff, ich habe meine Zweifel, was das Fertigkeitensystem angeht, aber insgesamt spielt sich jetzt schon flüssig und unterhaltsam. Wie komplex es dabei wird... mal sehen. Die Umgebung und Handlung wirken interessant genug, die immer wieder auftauchenden Möglichkeiten, sich zu entscheiden sind reizvoll, also: Ja, Demonicon hat alles, was es braucht, um ein richtig netter RPG-Ausflug zu werden. Es mag nicht immer wissen, was es sein möchte, aber auch daraus entstehen ja mitunter die spannendsten Dinge.

In diesem artikel

Das Schwarze Auge: Demonicon

PS3, Xbox 360, PC

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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