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Doom Arcade lässt die Bestie frei

Ein Spiel findet seine Bestimmung.

What a difference a day makes. Lose übersetzt heißt das "siehe, was ein Tag für einen Unterschied macht". In diesem Falle und für dieses Spiel wäre das wohl der 20.10.16 und müsste "welch einen Unterschied eine Option macht" heißen. Es ist fast so, als hätte sich das Spiel vorher nicht so richtig getraut. Was seltsam ist, denn Doom ist sicher kein zaghaftes Spiel. Oder doch? Nach ein paar Tagen mit dem an diesem Tag dazugekommenen Aracde-Modus - Gratis-DLC, juhu! - fühlt sich das alte Material der Kampagne zahm an. Als hätte sich ein wildes Tier verstört in die Zivilisation der modernen Hightech-Shooter getraut und beschlossen nicht zu sehr aufzufallen. Hat seine Wildheit gebändigt, Waffenmods und Story eingefügt und es lieber etwas langsamer angehen lassen, 60 Frames auf allem und zu jedem Zeitpunkt zum Trotz.

Das macht ein gutes Arcade-Spiel aus: Alle Erklärungen passen auf einen Screen.

Schluss damit. Der Arcade-Modus lässt euch Doom sehen, wie es immer gedacht war. Eine Inkarnation von einem Spiel direkt aus der Hölle, ungebremst, ungezügelt und zerstörerisch. Als wäre es Dezember 1993 und die Regeln waren noch für Jahre nicht erfunden. Skills for Kills? Nope, Kills for Kills. Ein durchmarodierender Selbstzweck der Zerstörungswut. Eine Rhapsodie aus Pixelblutfontänen und Scoring-Rausch.

Dabei hat sich ja gar nicht so viel geändert. Ihr habt alle Level, die ihr auch sonst in der Kampagne hattet. Es gibt noch die Schlüsselkarten und die dazugehörigen Türen aber das ist auch schon alles, was an Story übrigblieb. Die Geschichte vom Weg eines Mannes durch drei verschlossene Türen und all der Monster, die ihn davon abhalten wollten. Ihr müsst euch nicht mehr mit Waffen-Tunings aufhalten. Ihr habt alles, was ihr braucht. Keine Gespräche, waren eh nie wichtig. Keine Intros, Outros, Midtros oder anderes Tros. Stellt es euch wie eine Perlenschnur vor, die durch den Level läuft. Nur, dass jede Perle ein Dämon ist, den ihr mit einem Glory-Kill, Headshot oder wenigstens heftigem Overkill zurück in die Hölle schickt. Wenn ihr nicht grad eh da seid. Dann hat er einen kurzen Weg.

Über ein Dutzend Missionen, jeder mit fünf Schwierigkeitsgraden und drei Medaillen. Ihr habt eine Menge Arbeit vor euch.

Die Idee ist, dass jeder Munitions-, Rüstungs-, oder Lebens-Pickup euch ein klein wenig auf dem Score-Multiplikator weiterbringt. Jeder Kill etwas mehr. Jeder Headshot oder Glory-Kill ein gutes Stück. Bis hin zum ultimativen 32x-Multiplikator. Sammelt oder tötet ihr dagegen nichts, dann fällt der Multiplikator langsam. Steckt ihr Treffer ein, sinkt er schnell. Punkte geben euch am Ende einen Platz in der Highscoreliste - hey, weltweit letzter Platz ist auch ein Platz - und ein Abzeichen, an dem ihr euch erfreuen könnt. Jeder Stage lässt sich auf jedem der fünf Schwierigkeitsgrade spielen und gezählt wird auch danach getrennt, womit fünfmal Levelzahl an Highscorelisten auf Eroberung warten. Das ist eine ganze Menge Doom, das ihr da vor euch habt.

Headshots, Glory-Kills und alles bitte im Sekundentakt.

Das Ergebnis ist, dass ihr ganz anders spielt. Das Spiel selbst tut gar nicht so viel, es spricht nur die Herausforderung aus und es ist der Spieler, der selbst in den Overdrive geht. Ein Level, dem ihr vorher 45 Minuten während der Kampagne gewidmet habt, wird zu einer 4-minütigen Glory-Kill-Orgie. Das ganze Spiel lässt sich wahrscheinlich in einer Stunde beenden. Vielleicht. Bin selbst noch nicht mal nah dran. Aber ich denke, das geht. Es ist faszinierend, wie man spielt, wenn der Multiplikator gefüttert werden muss. Wie ein irrer Parkours-Läufer wechselt ihr zwischen Pickups und Monstern hin und her, schlagt Haken, um jedem Treffer noch mehr zu entgehen als je zuvor - wen interessiert Rüstung ich bin fast bei 32x - denkt kaum über Munition nach und fokussiert euch nur auf die bestmöglichen Treffer. Mehr als je zuvor. Wer wie in alten Zeiten ein wenig Slayer - oder was auch immer ihr Kinder heute hört - einlegen möchte, der Aracde-Modus wurde nur dafür gemacht, dass ihr diese alten Doom-Gewohnheiten wiederaufleben lasst.

Sehr gut gelöst wurde das Wiederbelebungssystem. Speichern und Rücksetzpunkte hätten hier wenig Sinn gemacht, stattdessen sammelt ihr wie in alten Shoot 'em' Up-Zeiten Leben ein, um ein paar Continues zu haben, falls Ultra-Nightmare euch mal wieder in den Arsch tritt. Funktioniert, passt perfekt zum Spirit einfacherer Shooter-Tage und irgendwie habe ich eh festgestellt, dass man Doom nie zu zaghaft spielen sollte, dann stirbt man einfach weniger. Immer draufzugehen und die Schrotflinte im Anschlag haben. Der Glory-Kill muss schließlich persönlich überreicht werden.

Nur nicht treffen lassen, wenn der 32x-Multiplikator so sehr lockt.

Doom Aracde ist kein kleiner, billiger Spaß für ein paar Minuten. Ihr müsst die Level lernen, keine Zeit auf Wegen zu Schlüsselkarten verlieren, Kill- und Sammel-Routen aus- und sie dann in Minuten abarbeiten. Es ist ein Rausch, der viel Reflexe und Können in der Action abfordert, aber hirnlos gespielt nicht funktioniert. Es befördert den Einzelspieler in eine ganz andere Liga und weil Technik und Gamedesign es hergeben, funktioniert es, wie es - glaube ich - bei einem Battlefield, CoD oder einem der anderen Shooter nie funktionieren würde. Nicht so roh, schnell und dermaßen gut.

Ihr seid mit Doom fertig? Herzlichen Glückwunsch, ihr steht gerade erst am Anfang. Ihr habt es noch nicht gespielt? Dann fangt an.

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Doom

PS4, Xbox One, PC

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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