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Fable: The Journey - Vorschau

Ich hätte von dem Pferd absteigen können. Oder den Werwolf anschreien. Warum hab ich es eigentlich nicht getan?

Beurteile nie ein Buch anhand seines Umschlags, Vorurteile halten immer Überraschungen parat und so weiter.

Ich war mir ganz sicher, dass ich Fable: The Journey bestimmt nicht leiden können würde. Kinect. Nur deshalb. Ein echtes Spiel kann man nicht nur mit Kinect steuern, das geht gar nicht. Dass muss "Fable on Rails sein", Freiheiten ade, Tiefgang passé.

Ich bin mir da gar nicht mehr so sicher.

Ok, es waren ganze 15 Minuten Spielzeit und die auch noch unter sanfter Anleitung von Peter Molyneux, aber immerhin, ein Gefühl für das Spiel war schon zu finden. Gut so, denn Gefühl ist etwas, dass ich an dieser Stelle ungern durch Zuschauen ersetzt hätte. Die einzige wirklich konkrete Anweisung, die ich erhielt, war "tu das, was Du in dieser Situation im richtigen Leben tun würdest". Gut, dass das ein Spiel ist denn sonst hätte ich die Zügel des Pferdes auf dem Screen jemand anders in die Hand gedrückt. Hier jedoch, locker sitzend, die Ellenbogen auf die Oberschenkel aufgestützt, locker die gedachten Zügel in der Hand haltend. Ein leichter Schwung aus dem Handgelenk und der Gaul zuckelt los. In einem leichten Trott, die helle Straße im wie immer leicht kitschigen, farbenfrohen aber halt doch sehr sympathischen Design der Serie zieht vorüber und das Ziehen an den Zügeln funktioniert wie erwartet. Brav trottet der Gaul nach links oder rechts. Hartes Schwingen lässt ihn schneller sausen, ein kräftiger Zug anhalten. Ja, steuert sich wie ein Pferd.

Der erste Abschnitt ist bewältigt, Peter Molyneux ist zufrieden. Ich habe gelernt, ein Pferd einen Wagen entlang einer leeren Straße ziehen zu lassen. Jetzt üben wir das Ganze nochmal, nur dass diesmal Hobbs - die lokale Ork-Variante - einen niederzureiten versuchen, mit Pfeilen unter Feuer nehmen oder die Straße mit Hindernissen spicken. Für Fortgeschrittene halt. Nur nicht das Pferd zu sehr treiben, damit es nicht verrückt spielt, schnell und hart lenken, auf keinen Fall stehen bleiben. Die Flucht gelingt, wenn auch nicht ganz unbeschadet. Das treue Pferd hat zwei Pfeile kassiert, die ich greife und herausziehe. Molyneux kommentiert, dass ich die Pfeile auch hätte hineinbohren können. Erschien mir jedoch irgendwie kontraproduktiv, da Pferd und Wagen die Heimstatt und auch sonst alles im Leben des neuen Helden darstellen.

Fable: The Journey - Gameplay-Demo

Für die nächste Runde werden sie jedoch nicht gebraucht. Magie ist nun an der Reihe, auch wenn ich Waffenkampf bevorzugt hätte, war ich doch neugierig, wie der mit Kinect ausfällt. Sprich furchtbar wie immer oder zur Abwechslung doch irgendwie ganz gut. Nächstes Mal vielleicht, Feuerbälle wollen geworfen werden. Tue ich. Sie segeln behäbig auf ein paar Ziele, werden sie per lockeren Handgelenkdreher geschleudert oder rasen durch die Luft. Das erfordert natürlich eine ausholende Ganz-Arm-Geste, aber dafür donnern sie ganz ordentlich. Macht schon Laune und mir fällt auf, dass dies bisher das einzige Kinect-Spiel des Events ist, bei dem ich mich noch nicht von meinem Hintern erheben musste. Kinect im Sitzen zu spielen ist gar nicht mal so schlecht. Auch ist die Distanz zum Monitor kurz, nur etwa 1,5 - 2Meter. Ein echter Vorteil gegenüber der sonstigen raumgreifenden Fläche, die benötigt wird.

Ein in dieser frühen Version nicht fertiges und auch nicht als solches erkennbares Rätsel versperrt den Weg, da aber statt Zauberkombinationen, die man austüfteln muss, der Feuerball alle Tore öffnet, bin ich verwirrt. Sagt mir ja keiner, dass das ein Rätsel ist. Auch Molyneux nicht, der mich immer noch einfach machen lässt. Ein paar orientierungslose Feuerbälle später öffnet sich das Portal und in einem Wald greifen Werwölfe an. Neue Monster in Fable? Soweit kommt es noch. Ich bin gemein, bestimmt wird es welche geben. Nur halt hier noch nicht. Weiter im Text, Feuerbälle drauf, ich experimentiere inzwischen mit eleganten Curve-Balls. Die bisher ruhende linke Hand kommt nun zum Einsatz. Ein Blitz-Ball mit Tentakeln erscheint. Cool. The Darkness in Fable? Nicht ganz, aber greifen und schleudern lassen sich die Werwölfe damit schon ganz ordentlich. Ich lasse sie gegen Säulen und Felsen krachen, werfe Feuerbälle hinterher und gehe unbewusst immer enthusiastischer mit. Molyneux scheint trotzdem nicht ganz zufrieden. Warum eigentlich nicht? Ich erledige die Biester doch ganz ordentlich und auch ihr Boss wird fachgerecht unter einer Säule zermatscht, die ich mit den Tentakeln umreiße. Was kann man denn noch verlangen?

Nun, eine ganze Menge wie sich später herausstellt. Ja, ich habe die Aufgaben bewältigt, kam ein gutes Stück weit in die Präsentation hinein, so gut es die Zeit erlaubte. Jedoch tat ich die auf denkbar banalste Weise. Statt kreativ zu sein, tat ich das Offensichtliche. Was ich jedoch nicht versuchte, war Absteigen. Mit dem Pferd sprechen. Es beruhigendes Streicheln und ihm zureden oder es wüst beschimpfen, wenn es nicht schnell spurt. Die Magie warf ich nur vor mich hin, beide Hände hätten die Sprüche jedoch kombinieren können, ich hätte frei erfundene Flüche auf die Werwölfe schreien könne und es hätte die Magie verstärkt, da sie auf Emotionen reagieren soll - sprich: Laustärke? Klingt unpraktisch. Aber ich hab es ja nicht versucht.

"Für mich gehört es zu den schönsten Momenten in einem Spiel, wenn man selbst etwas entdeckt, wenn man eben nicht direkt mit der Nase darauf gestoßen wird. Wenn man merkt, dass es die ganze Zeit schon da war und man eben in diesem Moment erst darüber stolperte. Das ist hoffentlich etwas, was Kinect und auch Fable: The Journey den Spielern geben kann."

Peter Molyneux, Lionhead Studios

Das alles ist ein kleiner Teil des Kerngedankens hinter Fable: The Journey. Dieser Untertitel - Die Reise - dürfte mehrfach interpretierbar sein. Zum einen ist es im Spiel eine sprichwörtliche Reise. Wie diese genau aussieht, was das Ziel ist, jenseits davon, Heldentaten zu vollbringen, das ist noch unbekannt. Aber als wandernder Held, der statt fest gekaufter Wohnsitze - Häuserkaufen gibt's nicht mehr - Pferd und Wagen sein eigen nennt, ist zu reisen nun mal ein fester Lebensplan. Die eigentliche Reise soll jedoch die Erkundung des Spiels selbst sein und eine Erforschung all der Möglichkeiten, die es bieten könnte. Euch jedoch nicht offensichtlich verrät, weil ihr es eben selbst herausfinden sollt. Sprecht, bewegt euch, experimentiert und schaut, wie die Welt um euch herum reagiert und was ihr mit ihr anstellen könnt. Auf diese Weise soll jeder Spieler eine eigene Note in seinem Alter Ego finden, seiner Welt von Fable einen persönlichen Anstrich geben. Ihr erfahrt Dinge, die anderen verschlossen blieben, weil sie etwas nicht versuchten, ihr selbst ahnt in anderen Belangen nicht einmal, dass sich da etwas Größeres direkt hinter einer Aktion verbirgt, an die ihr eben nicht gedacht habt.

Was mich als Kinect-Skeptiker erstaunte, war, dass dies kein reduziertes Fable darstellen soll, sondern vielmehr ein anders ausgelegter, aber nichtsdestotrotz vollwertiger Bestandteil des Kanons. Ein Blick auf eine umfangreiche Karte zeigte viele Wege, Städte und Orte aller Art. Wie viele zu bereisen sein werden? Wer weiß. Molyneux wahrscheinlich, aber der verriet es noch nicht. Die Handlung wird durch vielerlei beeinflusst werden, keineswegs auf einem einzelnen Weg linear verlaufen, kein Rail-Shooter sein. Was es stattdessen genau wird? Ich bin mir nicht sicher. Was ich gespielt hab, so wenig es auch war, reizte in vielerlei Hinsicht. Das klassische Fable-Design - liebt es oder hasst es, nach drei Teilen solltet ihr das für euch entscheiden haben - war angenehm vertraut. Die Steuerung per Kinect fühlte sich ebenfalls absolut intuitiv, genau und auch bequem genug an. Im Gegensatz zu Star Wars Kinect beispielsweise kann man eben auch vieles - alles? - im Sitzen und mit teilweise sehr lockeren Gesten ausführen. Wenn man denn möchte. Freiheit und der Wille des Spielers zum Experimentieren bedingen sich hier gegenseitig und das war eben etwas, was ich in der kurzen Zeit noch nicht ganz verstanden hatte.

"Kinect hat dieses Spiel erst ermöglicht, es hat es nicht eingeschränkt."

Peter Molyneux, Lionhead Studios
Fable: The Journey - Trailer

Viele Dinge wurden über Peter Molyneux schon gesagt, aber dass seine Ambitionen niedrig gesteckt wären, sicher nicht. Fehlender Mut wurde ihm wahrscheinlich auch nur selten nachgesagt. Er hat seine Vision, die mit Milo damals erste Form gewann nicht vergessen und Fable soll jetzt das Spiel werden, das euch alles mit Kinect steuern lässt, das jedoch so, dass ihr euch eben keinen anderen Controller wünscht. Mit seinem Experiment, euch experimentieren zu lassen, geht er ein Risiko ein. Wollen viele Spieler diese Art von Freiheit haben? Sind sie bereit, sich dem Spiel hinzugeben und irgendwo auch ihrer eigenen Intuition zu vertrauen, sich schlicht fallenzulassen? Wer schreit schon auf gut Glück seinen Monitor an oder vertraut drauf, dass das Pferd einem zuhört? Oder vielmehr, machen wir das nicht häufiger, wenn uns etwas am Spiel nicht passt? Und was, wenn dieses uns dann zuhört und in unserem Sinne reagiert? Und natürlich immer vorausgesetzt, dass sich alles im endgültigen Produkt wirklich so ideal umsetzen lässt. Sind zu viele der Core-Gamer festgefahren in bekannteren Steuerungsschemen, vertrauteren Wegen durch ein Spiel? Werde ich selbst zu festgefahren sein?

Noch dazu wirft The Journey viele bekannte Aspekte der Serie über Bord. Pferd statt Hund dürfte noch harmlos sein, aber keine Häuser kaufen, keine Minijobs, keine Heirat? Das sind alles Dinge, die für viele Fans zu dem Kern gehörten. Nicht so für Molyneux. Er will euch zu einem Helden machen, aber wie das geht und was so ein Held eigentlich leisten kann, das sollt ihr spielerisch experimentierend herausfinden. Er will euch eine neue Welt geben, in der ihr durch Neugier und Kreativität euren ganz eigenen Weg findet. Kinect soll all das erst ermöglichen, statt das Spieldesign einzuschränken. Wie weit Molyneux dafür außerhalb der berühmten Box denkt und inwiefern er das dann von euch erwartet, das kann ich euch nach 15 Minuten Spielzeit nicht sagen. Ob am Ende das einzig relevante Ziel, nämlich dass es Spaß macht, erreicht wird, auch noch nicht. Aber eines dafür auf jeden Fall: Mein Interesse an Fable: The Journey wurde geweckt. Und die Vorurteile gegen Kinect erst einmal in Wartestellung geparkt. Vielleicht diesmal ja dauerhaft.

Lest auch das Interview mit Peter Molyneux über Fable: The Journey

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