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Ghost Trick Remaster im Test - Das digitale Fan-Paket für Rätsel-Liebhaber eines echten Kult-Klassikers

Der sympathische Geist von Nebenan

Das Ghost Trick Remaster ist ein ordentliches Fan-Paket und gibt trotz einiger nicht mehr zeitgemäßer Entscheidungen dank gelungener Handlung und spannenden Ideen eine gute Figur als Rätsel-Abenteuer ab.

Endlich ist Ghost Trick: Phantom-Detektiv auf allen Plattformen in einer überarbeiteten Fassung verfügbar. Ein durchaus solider Krimi im Cartoon-Gewand, der Rätsel, Detektivarbeit unerwartet mit ein paar anderen Genres verbindet und eine einzigartige Spielerfahrung schafft. Was vor 13 Jahren wegen des Releases im späten DS-Zyklus übersehen wurde, konnte theoretisch 2012 auf mobilen Plattformen nachgeholt werden. Da ich als großer Ace Attorney Fan aber nie dazu gekommen bin, war ich mehr als glücklich diese besondere Detektiv-Geschichte nun auf der Nintendo Switch aufzuholen.

Ghost – Nachricht von Sissel

Sissel wacht auf einem Tatort auf und stellt fest, dass er tot ist. Um ihn herum passiert ein weiterer Mord, den er als Geist gerade so verhindern kann, indem er seine Kräfte nutzt, um leblose Objekte um ihn herumzumanipulieren. Mittendrin eine junge Kommissarin, ein kleines Mädchen und ihr süßer Zwergspitz. Die Geschichte nimmt blitzschnell einen spannenden Lauf und unzählige Wendungen, während die ungewöhnlichen Figuren einem mit jeder Szene mehr ans Herz wachsen.

Aus dem Jenseits heraus müsst ihr es schaffen, unterschiedlichste Morde aufzuklären (und sogar zu verhindern). | Image credit: Ghost Trick Remaster

Um meine Eindrücke vernünftig zu schildern, muss ich eine kleine Spoilerwarnung aussprechen. Ihr müsst diesen Abschnitt aber keinesfalls lesen, denn die Erfahrung der Geschichte mit all ihren plötzlichen Wendungen ist ein wichtiger Teil des Spielspaßes. Springt also gerne gleich ins nächste Kapitel. Mit allen, die die Geschichte bereits kennen, möchte ich aber folgende Bedenken der Handlung teilen. Während mich die Auflösung trotz Google-Spoiler zu Tränen gerührt hat, hatte ich am Ende ein großes Fragezeichen: Was ist denn jetzt mit den blauen Menschen? Dass die Antagonisten nie richtig aufgelöst wurden, lässt Spielraum für einen zweiten Teil oder zumindest ein Spin-Off. Fühlt sich allerdings etwas unbefriedigend an und das Interview mit Shu Takumi klang auch nicht so, als würde aktuell ein zweites Spiel im Raum stehen. Außerdem stößt es mir auch etwas negativ auf, dass die blauen Gegenspieler aus einem "fremden Land" kommen. Das ist ein sensibles Thema, welches Shu Takumi in The Great Ace Attorney Chronicles durchaus besser verarbeitet. Daran merkt man leider ebenfalls das Alter des Spiels.

Wein, Jazz und Sherlock Holmes

So schlüpft ihr also als Geist in unbelebte Gegenstände uns löst unzählige Rätsel, um tote Figuren zu retten. Ihr reist durch Telefonleitungen an viele verschiedene Orte, lernt spannende Charaktere kennen und führt Befragungen durch, um euren eigenen Tod zu entschlüsseln. Zwar könnt ihr in den Dialogen eigene Entscheidungen treffen, eine Auswirkung auf das Ende haben sie jedoch nicht. Weil ihr allerdings Gegenstände frei beeinflussen und auch (fast) jederzeit frei reisen könnt, ergeben sich unerwartete Szenen, bei denen kleine Easter Eggs auf euch lauern. Ghost Trick fühlt sich dementsprechend nicht ganz so linear an, wie viele Krimi-Spiele, gerade im Point-and-Click oder Visual Novel Bereich.

Manchmal führt Sissel spannende Gespräche mit den Figuren, deren Verlauf ihr beeinflussen könnt. Das Ende bleibt aber bei allen Optionen gleich.

Da Sissel sich nicht ganz frei von einem Objekt zum nächsten bewegen kann, bauen die Rätsel meistens darauf auf, sich selbst einen Weg bis zum Ziel zu schmieden. Im Laufe des Spiels werden sie aber immer ausgefallener, bis neue Fähigkeiten den Spielablauf bereichern. Oft, aber nicht immer, könnt ihr zudem die Kamera frei bewegen, um euch alle Räumlichkeiten genau anzusehen. Wichtig ist der Zeitpunkt, in dem ihr von einem zum anderen Punkt springt, denn viele Gegenstände bewegen sich. Diese Puzzles stoßen nach zehn Jahren immer noch als innovativ auf und sind keines Falls leicht zu durchschauen. Sie fordern manchmal so viel Hirnschmalz, dass ich ab und zu auf klassisches Trial-and-Error zurückgegriffen habe. Am Ende musste ich jedoch jedes Mal feststellen, dass die Rätsel einer klaren Logik folgen und ich hätte durch Nachdenken drauf kommen können. Die Rätsel bleiben also fair, obwohl sie herausfordern.

Kommt man mal gar nicht weiter, so hält Sissel immer ein paar schlaue Gedanken bereit, die man sich mit "X" anschauen kann (aber nicht muss). Es kommt oft vor, dass man Passagen wiederholt. Als Zwischenspeicher fungiert dabei eine "Schicksalsänderung", die suggeriert, dass man auf dem richtigen Weg ist und bei einem Fehler nicht mehr ganz von vorne beginnen muss. Zum Glück lassen sich Gespräche vorwärts spulen, sodass man nicht allzu viel Zeit verliert. Leider gilt das nicht für Animationen, was Sinn ergibt, denn man würde sonst wichtige Beweise übersehen. Nervig ist es nur, wenn man die Lösung bereits versteht und sich dennoch alle Abläufe anschauen muss.

Mit "X" könnt ihr euch Hinweise von Sissel anschauen, wenn ihr mal nicht weiterwisst. Auch das Timing von vielen Gesprächen bleibt euch überlassen. Aber Achtung! Trödelt ihr zu lange, geht die Handlung ohne euch weiter. | Image credit: Ghost Trick Remaster

Eine Nacht voller Kehrtwendungen

Mit circa neun bis zwölf Stunden Spielzeit (inklusive Bonus-Rätsel und Achievements) lässt sich die Achterbahn der Gefühle gut aushalten. Unterstrichen wird alles mit einem beeindruckenden Soundtrack von Masakazu Sugimori, der für dieses Remaster neu arrangiert wurde. Im hübschen Menü, das als eines der wenigen Bildschirme in ein 16:9-Format geändert wurde, kann man die überarbeitete Musik, welche aus Jazz, Klassik, Synth, Gitarren und manchmal sogar Dubstep-Nuancen besteht, mit dem Original aus 2010 vergleichen.

Mit jedem Kapitel schaltet Ghost Trick ein paar Bonusinhalte frei, bis man am Ende ein rundes Fan-Paket hat.

Zu den Neuerungen gehört neben der Verfügbarkeit auf allen aktuell gängigen Plattformen, der Kompatibilität für Controller und Touch-Screens, drei neuen Sprachen (in Schrift, die Stimmen bleiben unvertont) vor allem die angepasste Qualität in Form von 1080p/60fps. Die sehr gut überarbeiteten 3D-Modelle bewegen sich flüssig und einwandfrei, was beim Zuschauen einfach nur Spaß macht. Die Hintergründe wirken hochskaliert, was aber nur bei größeren Bildschirmen (ab 65 Zoll) auffällig wird.

Positiv möchte ich zudem die technische Umsetzung auf der Switch hervorheben, weil ich finde, dass Ghost Trick sich unfassbar gut für den Handheld eignet und man bei aktuellen Titeln leider von einer schlechten Switch-Version ausgehen muss, auch wenn die anderen Plattformen gut performen. Glücklicherweise haben sich hier die 60 Frames konstant und ohne Einbrüche gehalten, es gab keine Bugs, Fragmente im Bild oder anderweitige Probleme. Nur eine verlängerte Ladezeit beim Wechsel zum Menü ist mir aufgefallen. Das muss aber nicht zwangsläufig negativ sein, weil die Zusammenfassungen zu Ereignisse und Figuren den Spielverlauf so oder so entschleunigen.

Was mir in der Vorschau bereits negativ auffiel, war die nicht zeitgemäße 4:3 Darstellung des Spielablaufs und die minimal mühselige Tastenbelegung. An beides habe ich mich in der Vollversion schnell gewöhnt. Nach und nach schaltet ihr hübsche Hintergründe für die überflüssigen Balken frei, was für optische Abwechslung sorgt, aber immer noch nicht über das Gefühl von Alter hinwegtäuschen kann.

Das Ghost Trick Remaster belohnt euch mit Skizzen zur Spielentwicklung, alternativen Figuren, Zeichnungen und neuen Schiebepuzzle, wenn ihr es durch die Geschichte geschafft habt.

Nicht nur das Ende, sondern vor allem die neuen Trophäen sorgen in der Neuauflage dafür, dass man sich das Spiel trotzdem gerne ein zweites Mal anschaue, um Hinweise und neue Szenen zu finden. Zudem bieten die Boni ein paar Schiebepuzzles in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen, die liebevoll animiert wurden. Sie unterhalten zwar nicht sonderlich lang, machen aber Spaß, wenn man denn so etwas mag. Zudem bekommt ihr bei Abschluss von Ghost Trick: Phantom-Detektiv ein paar neue Artworks von Shu Takumi selbst, Charakterzeichnungen und sogar Skripte und Skizzen von der Entwicklung des Spiels. Das fühlt sich an, wie ein vollständiges, digitales Fan-Paket. Das ist nicht nur bei dem Preis erfreulich, sondern auch deshalb schön, weil es hierzulande keine physische Edition oder Kollektion zum Spiel gibt.

Ghost Trick: Phantom-Detektiv im Test – Fazit

Ghost Trick bleibt auch nach 13 Jahren ein Spiel mit einer herausstechenden Geschichte und tollen Charakteren, das dem Zahn der Zeit mit seinem Ideen-Reichtum in Genre-Mischung, Atmosphäre und Spielablauf trotzte. Andere Aspekte, wie Handlung und Darstellung, sind nicht ganz so gut gealtert. Das ist schade, aber kein großer Dorn im Auge, denn die flüssige Optik, die tadellose technische Umsetzung auf der Switch, die überarbeiteten 3D-Modelle und der zeitlose Soundtrack gleichen die Schwächen mit Leichtigkeit aus. Außerdem fallen die Zusatzinhalte und Trophäen positiv auf, die das Remaster zu einem kleinen, digitalen Fan-Paket machen, das sowohl Kenner des Originals als auch Neueinsteigern gefallen dürfte.

Ghost Trick: Phantom-Detektiv
PROCONTRA
  • Visuelle Überarbeitung inklusive konstanten 60 FPS und überarbeiteten 3D-Modellen
  • Fesselnde Geschichte, gute Twists, sympathische Charaktere, interessante Mischung von Genres
  • Steuerung funktioniert trotz Wechsel von zwei DS-Bildschirmen/DS-Funktionen zu Controller/Touch-Screen gut
  • Spiellänge genau richtig für einen Krimi
  • Herausfordernde, aber nicht unfaire Rätsel
  • Viele, schöne Zusatzinhalte und Boni
  • Soundtrack (sowohl neu arrangiert als auch alt)
  • Vorspulen der Animationen nicht möglich
  • An einigen wenigen Stellen wirkt Ghost Trick veraltet
  • 4:3 Format kann trotz putzigen Hintergründen nicht überzeugen
  • Offene Fragen in der Handlung, schwächen die sonst abgerundete, tolle Geschichte ab (sie weisen auf eine Fortsetzung hin, die nie erschienen ist)

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