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HBOs The Last of Us Folge 8 bringt den "echten" Joel gleich doppelt zurück – und traut sich mehr Hässlichkeit

Trotzdem gibt's weiter Licht und Schatten.

Spoiler zur neunten und vorletzten Folge von HBOs The Last of Us

Die neunte Folge einer Serie ist wohl etwas spät, um von einem Make-it-or-break-it-Moment zu sprechen. Und doch hing viel daran, ob und wie dieses vorletzte Kapitel von HBOs erster Staffel von The Last of Us sich am Riemen reißt. Im Vergleich zum Spiel wirkte das Gezeigte bis hierhin insgesamt – von den Horror-Szenen bis zu den Kämpfen gegen andere Überlebende – viel zu zahm. Das lag sicher auch daran liegt, dass der Serien-Joel an einem Punkt in seinem Leben angekommen scheint, an dem er mit seiner gewalttätigen Vergangenheit abschließen will. So gut das möglich ist, jedenfalls.

Das, wozu er sich in diesem Kapitel gezwungen sieht, um Ellie aus der Gewalt von David und den Silver-Lake-Leuten zu befreien, durfte man nicht mit der üblichen, weichgespülten TV-Gewalt inszenieren, auf die die Serie bisher auswich. Und das ist – glücklicherweise – auch nicht passiert. Diesmal gibt es genug Blut, tief in Beine hinein gerammte Messer, zertrümmerte Gesichter und von Joels Abgebrühtheit aufrichtig erschütterte Silver-Lake-Jäger. Tatsächlich könnte die bisherige Zurückhaltung sogar Methode gehabt haben, denn die Art, wie Joel nun an die entscheidende Information kommt, wo Ellie zu finden ist, trifft einen umso härter.

Die Notsituation weckt ein paar von Joels Talenten, die dieser wohl lieber tief begraben würde. (Quelle: HBO)

Das war noch nicht Walking-Dead-Territorium (zum Glück!), aber es stellte schon einen Einschnitt dar und verdeutlichte eine charakterliche Wende in Joels Wesen, zurück zur Dunkelheit, von der er sich eigentlich abwenden wollte. Auch, wenn die Situation, in der es passiert, seinen Terminator-Modus noch als notwendiges Übel kaschiert. Das ist nicht ungeschickt gemacht, auf welche Weise wir den “echten” Joel zu sehen bekommen.

Der andere, zweite “echte Joel” in Folge neun ist übrigens Silver-Lake-Bewohner James. Die rechte Hand von Anführer David wird von Troy Baker gespielt, der Videospielern und Videospielerinnen als Joel, Booker DeWitt (BioShock Infinite), Nathan Drakes Bruder und buchstäblich Dutzende andere Videospielcharaktere ein Begriff ist. Ich hatte keine Vorstellung davon, was mich erwartet, Baker in Fleisch und Blut zu sehen, aber in seinen wenigen Szenen spielt er sich die Seele aus dem Leib. Seine darstellerische Leistung war tatsächlich einer der Höhepunkte der Serie bisher. Der Dialog mit David zu Beginn arbeitete die leisen Zweifel am Vorgehen der Silver-Lake-Obrigkeit recht elegant und mit natürlichem Mienenspiel heraus. Das war sehenswert.

Schade um David: In der ersten Hälfte der Folge fand ich ihn interessanter als im Spiel, später eher weniger. (Quelle: HBO)

Wie erwartet, geht es die gesamte Folge hindurch deutlich finsterer zu, während David und seine Gemeinde am Hungertuch nagen und der Prediger angeblich notgedrungen auf Menschenfleisch zurückgreift. Nicht, wie er Ellie später gesteht, ausnahmsweise. Sondern – wie man im Lager sieht, als Joel nach Silver Lake findet – vermutlich weder zum ersten noch zum letzten Mal. David an sich war gut gespielt. Scott Shepard hat zwar keinerlei Ähnlichkeit mit dem Spiel-David, aber er bekommt den Mix aus verständnisvollen, väterlichem Anführer und skrupellosem Patriarchen ausgezeichnet hin. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass ihn dasihn das Drehbuch in seinem Cordyceps-Monolog und bei seiner Erklärung, warum er sich Ellie an seiner Seite wünscht, ein wenig im Stich lässt.

An der Stelle kommt eine seltsam sexuelle Ebene rein, die dann im späteren Kampf in einer versuchten Vergewaltigung gipfelt. Das fand ich überflüssig und klischeehaft und es machte viel von der vorangegangenen Charakterzeichnung Davids kaputt, die zunächst etwas differenzierter, komplexer wirkte. Möglich, dass es wieder am Episodenformat liegt, denn auch diese Folge wirkte auf mich dezent gehetzt, und das Ende ein wenig zu plötzlich – greift sonst wirklich niemand der Silver-Lake-Bewohner ein? Nun denn, das war schon recht spannend, obwohl ich wusste, was passieren würde. Und davon abgesehen, habe ich das Gefühl, dass die Tonalität dem Spiel endlich wieder ein wenig näher kommt. Gerade rechtzeitig vor dem großen Finale. Ich bin gespannt, mit welchen Gefühlen ich aus dieser Staffel gehen werde.

In diesem artikel

The Last of Us Part I

PS5, PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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