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Ich liebe Metroid Prime, aber diese Sache vor dem Ende haut mich auch im Remaster wieder raus

"Wenn alle Artefakte gefunden und zusammengeführt worden sind, öffnet sich der Pfad zum Zentrum."

Denken wir kurz zurück an frühere Lebensjahre und die Games dieser Zeit. Je weiter man die Uhr nach links dreht, desto stärker treten in der Regel mit den Spielen verknüpfte Empfindungen und Lebensumstände hervor. Und desto schwerer fällt die Trennung dazwischen, wenn wir über das schwammige Gefühl namens "Nostalgie" reden.

So wie bei Metroid Prime, mit dem mich viele bildhaft gebliebene Eindrücke verbinden. Der beschlagene Visor und Samus' Spiegelbild darin, ganz klar. Der verzweifelte Kampf gegen Meta-Ridley und die Befürchtung, ihn niemals gewinnen zu können. Das sphärische Stück "Inside the Crashed Space Pirate Frigate". Das Surren in den Gängen, als wären es lebende Organismen. Sogar an den kleinen runden Einschaltknopf meines Fernsehers mit der 30-cm-Diagonale erinnere ich mich und daran, dass er irgendwann abgenutzt und nur durch wiederholtes Drücken zu bewegen war.

An großen Momenten mangelt es Prime nicht.

Falls Metroid Prime Remastered euer Erstausflug auf den Planeten Tallon IV ist: ihr Glücklichen! Das weckt umso mehr den Wunsch, prägende Erlebnisse in der erstmaligen Intensität wiederholen zu können. Einen Teil davon muss man rückblickend dem Gamecube zuschreiben, dessen Controller zwar niedlich war wie der Rumpf mit dem Henkel dran, aber nicht fürs Shootern gemacht. So unbarmherzig wie einst wird Metroid Prime heute nicht ablaufen. Das (fabelhafte) Remaster - Test zu Metroid Prime Remastered siehe hier - erscheint mit klaren Empfindlichkeiten hinsichtlich Bedienung und Spielbarkeit, die zu ignorieren selbst für Nintendo-Verhältnisse halsstarrig gewesen wäre.

Ich meine, Laufen und Zielen gleichzeitig! Wie konnte man das damals nur spielen, also vor der Wii-Version?

Man musste sich durchbeißen und tat das gern, so neuartig war der Trip über den Planeten und so faszinierend die darauf verortete Flora und Fauna. So clever fühlte man sich beim Öffnen der ersten Raketentür auf dem Großen Platz der Chozo-Ruinen, nachdem man gedanklich längst mit dem Anlegen einer Checkliste begonnen hatte. Retro Studios' starkes Design, im dreidimensionalen Raum gelegene Interaktionspunkte als markante Sackgassen zu visualisieren, sei Dank. Müsste ich Metroid Prime in einem Bild beschreiben, wäre es dieses:

Diese im Original "Zoomer" genannten Wesen interessieren sich nicht für Samus' Anwesenheit. Sie waren lange vor ihr hier und werden es noch lange nach ihr sein. Tallon IV, ein Hauch von Unendlichkeit.

Die knuffigen kleinen Käfer aus dem Handbuch des allerersten Metroid (noch so eine nie verblassende Erinnerung, ebenso wie die Zeichnung der galaktischen Bündnisvertreter, die in dem reizend illustrierten Heftchen wirklich süß aussahen).

Ich liebe das Handbuch des ersten Metroid. Allein schon, weil es den NES-Controller als "Handregler" bezeichnet. Handregler! Als stammten die Texte aus der Computer Bild Spiele.

Eine Menge Nostalgie hängt an Metroid Prime, dessen Remaster seit letzter Woche als Cartridge im Handel steht und hoffentlich eine neue Bestmarke für die weit unter dem Mario- und Zelda-Radar schwirrende Reihe aufstellt.

Aber eine Sache empfand ich damals als Bullshit und ich kenne niemanden mit einer Hingezogenheit zur dösigen Artefaktsuche. Leider wurde sie von Nintendo und den zuständigen Portierungsstudios auf die schlimmstmögliche (sprich: originalgetreue) Art konserviert. Wollt ihr das Remaster noch unbedarft spielen, klickt woandershin und lasst euch nicht die Laune verderben. Das wird das Spiel zu gegebener Zeit erledigen.

Dass das eigentliche Ziel im Auffinden der zwölf Artefakte besteht, wird vom Spiel nicht gerade gut kommuniziert.

Wir sprechen hier über einen streckenden Abschnitt kurz vor dem Finale, ein Türzuschlagen auf der Ziellinie, bei dem selbst Kartenkasper Tingle in Zelda: Wind Waker müde mit den Schultern zucken würde. Schön für die Chozo-Ältesten, dass sie ihren Tempel so gut gesichert haben, um das Universum vor dem darin eingesperrten Übel zu bewahren. Umständlich für alle, die nach Stunden feinster Erkundung endlich sein Geheimnis lüften möchten.

Bei diesen etwa zwei Stunden fragte ich mich immer wieder, wieso "Cutting Miyamoto" sie nicht wegholzte wie die ersten Bosskampfentwürfe für Luigi's Mansion 2 oder Intelligent Systems' ursprüngliches Paper Mario für den 3DS.

Die Suche nach zwölf MacGuffins vor dem Finale klingt nach dem üblichen Videospielmurks und wäre kein Problem, müsste Samus dafür nicht immer. Wieder. Durch. Dieselben. Alten. Bekannten. Areale. Laufen. Das musste sie bis hierher schon oft genug. In die Phendrana-Eiswüste, den Boost holen, zurück zur Oberwelt, Boost einsetzen, Doppelsprung holen, wieder in die Eiswüste, Doppelsprung benutzen, hin und her und zurück. Allein in der "Power-up-Phase" geht es mindestens viermal nach Phendrana.

Im Original gab es eine selbstlaufende Demo im Hauptmenü, die diesen Sprung zeigte. Sie fehlt im Remaster.

Dass es als einziges Gebiet nur über die Magmoor-Höhlen betretbar ist, macht die Sache nicht besser, zumal man die Artefakträume anhand der Hinweise erst lokalisieren muss. Klar, Backtracking gehört zu Metroids starker mechanischer DNA, aber nicht auf so eine plumpe Art. Es geht in dem Abschnitt nicht mehr um Power-ups zum Freischalten neuer Interaktionsmöglichkeiten und Wege. Samus' Arsenal ist längst vollständig.

Hatten die Entwickler etwas zu viel Spaß am Veranschaulichen, wie leichtfüßig sie voll ausgerüstet durch Höhlen und Flure fegt? Das muss man ihnen und Metroid im Allgemeinen lassen: Der Kontrast zwischen der Start- und der Schlussphase ist in jedem Teil verblüffend. Schwungvoll fliegt die Jägerin mit dem Grapple-Beam über Lavabecken, für die Stunden zuvor abenteuerliche Umwege nötig waren. Das gilt vor allem für die unterentwickelten Magmoor-Höhlen, die ein paar Mal zu oft als Durchgangsareal herhalten und als einziges Gebiet auf einen Boss verzichten müssen.

Für den bloßen Spaß an der Bewegung wäre keine Artefaktsuche nötig gewesen, die vergangene Woche in der Zerstörung eines teuren Sessels gipfelte (der letzte Teil ist komplett gelogen). Man könnte nun einwerfen, dass es doch ganz cool sein kann, eine letzte Ehrenrunde durch die Welt und ihre entlegensten Winkel zu drehen, noch dazu in beliebiger Reihenfolge. Naja, es kann auch ganz cool sein, als Zebra verkleidet bowlen zu gehen und dafür einen Kürbis zu benutzen.

Die wenigsten Artefakte lassen sich unterwegs einsammeln, der Großteil verlangt nach den Items aus der letzten Spielphase. Dass Prime und sein schönes Remaster darunter höchstens am Rand leiden, sagt eine Menge aus über die fast zeitlose Qualität und die seiner schweigsamen Protagonistin.

Überhaupt: Wie sie ihren Waffenarm hin und wieder mit der freien Hand stützt. Oder wie Zwischensequenzen nicht dem Geschichtenerzählen unterstellt sind, sondern der Erinnerung an ihr Aussehen, ihren gelb-roten Kampfanzug mit den Kanonenkugelschultern, so wuchtig und trotzdem voller Eleganz. Anders als in der 2D-Hauptreihe begleiten wir Samus nicht auf ihrer Mission. Wir sind Samus.

Für diese Errungenschaft und die unverblümt videospielige Welt, deren Apparaturen einzig auf Samus' Aktionsradius zugeschnitten sind und sich ohne sie keinen Meter bewegen würden, bin ich Retro trotz aller Artefakte (oh, und Himmelstempelschlüssel in Prime 2…) bis heute dankbar. Solange sie bei Teil vier nicht auf dumme Ideen kommen.


(Hängt ihr im Spiel fest und seid auf der Suche nach Hilfe, werft einen Blick in die Komplettlösung zu Metroid Prime Remastered für Switch - sie enthält 100% der Items, Scans und Power-ups.)

In diesem artikel

Metroid Prime

Nintendo GameCube

Metroid Prime Remastered

Video Game

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Sebastian Thor

Freier Redakteur - Eurogamer.de

Steht auf Bier und Bloodsport. Mag weiche Sofas und verliert sich gern in Gedanken an dies und das. Seit 2014 bei Eurogamer dabei, aktuell als freier Redakteur.
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