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Das nächste Spiel des Jahres: Loop Hero - Test

Seid ihr der Held - oder die Welt?

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Einfallsreicher und süchtig machender Tanz auf Messers Schneide, in einem Pixel-Look zum Niederknien: Loop Hero ist jetzt schon Kult!

Spielemäßig sind wir doch ganz gut durch das erste Corona-Jahr gekommen, oder? Trotz einiger Last-Minute-Verschiebungen und Games, die sicher auch wegen der Pandemie hinter den Erwartungen zurückblieben, war es kein schlechtes Jahr, um sich mit Videospielen einzudecken.

Die Auswirkungen, die Lockdown und Home Office auf die Spielbranche haben und hatten, werden wir erst im Laufe der nächsten Jahre wirklich zu spüren bekommen, wenn wir sehen, dass Teams nicht gemeinsam wie gewohnt ihre kreativen Säfte köcheln lassen konnten und vielleicht im Ringen um Normalität in den Produktionsabläufen eine gewisse Risikoaversion einsetzt.

Inhalt

Was wir bis dahin aber haben, sind die Indies, die in Kleinstmannschaften weiter unbeirrt einen modernen Klassiker nach dem anderen raushauen. Valheim verzaubert mittlerweile über fünf Millionen Spieler und mit Loop Hero haut nun das Mini-Studio Four Quarters über Devolver einen Süchtigmacher raus, den so niemand kommen sehen konnte. Es ist schon mein zweiter Anwärter auf einen Platz in meiner persönlichen Lieblingsliste - und die Zahlen auf Steam, die dem Spiel aus dem Stand durchschnittlich zu jeder Zeit fast 40.000 Spieler gleichzeitig ausweisen (vor Sachen wie Rocket League, CIV 6 und Stardew Valley), deuten auf gewaltiges virales Potenzial dieses eminent streambaren, und wahnsinnig originellen Karten-Roguelikes hin.

Seid ihr der Held - oder die Welt?

Und warum auch nicht, den das hier ist mit seinem Sammelkarten-Ansatz ebenso nah am Zeitgeist, wie es mit schöner Heimcomputer-Ära-Optik und -Musik den Retronerv dieses alten Amiganers kitzelt. Dazu ein Regelwerk, das extrem innovativ daherkommt und das Experimentierfreude anregt und belohnt beziehungsweise in dem Rahmen bestraft, der dem Spiel zu Gute kommt. Es sind einfach gewinnende Zutaten, die in Loop Hero stecken.

Der Boss-Balken ist fast voll. Das ist der Punkt, an dem man sich fragt, ob man Nägel mit Köpfen macht - oder einen funktionierenden Build noch ein wenig weiter farmen lässt. Ein ewiger, motivierender Balanceakt ist das.

Ihr beginnt als Krieger in einer aus der Existenz getilgten Welt, könnt euch an nichts erinnern. Es gibt nur euer Lager und den "Loop", also den aus einzelnen Kacheln bestehenden Weg, der nur rechtwinklige Kurven kennt, immer wieder am Lagerfeuer endet und mit jedem Run neu generiert wird. Diesen schreitet euer Held von selbst ab, übernimmt für euch auch das kämpfen, was eingangs seltsam wirkt, denn diese "Schleife" ist blank jeglicher Wahrzeichen. Quasi vom Fleck weg beginnt es aber, interessanter zu werden. Pro Kachel und "Tag", der am oberen Bildrand durch einen recht zügig voranschreitenden Balken symbolisiert wird, besteht die fünfprozentige Chance, dass auf einem beliebigen Feld des Weges ein Schleim spawnt. Und mit dem ersten Kill bekommt ihr eine erste Karte aus eurem zwölf Spielkarten zählenden Deck, und ein wenig Ausrüstung.

Eure Aufgabe ist es nun, mit den Karten die Spielwelt weiter, ihr so wieder ein Gesicht zu geben und zugleich eure Herausforderung zu gestalten. Denn jede Karte kommt mit Vor- und Nachteilen für den weiteren Weg daher: Ein Hain spawnt alle zwei Tage einen Rattenwolf, lässt euch aber auch Holz als Ressource sammeln, ein Friedhof lässt Skelettkrieger erscheinen, hält aber auch Stein für euch parat. Platziert ihr eine Wiese, erhöht das eure tägliche Trefferpunkteregeneration um zwei Punkte, grenzt die Wiese an eine andere Kachel, die keine Wiese ist, erblüht sie sogar und spendiert euch pro Tag drei Punkte. Und habt ihr die Chrono-Kristalle freigeschaltet, verdoppelt sich im Radius darum sogar der Ertrag noch einmal (was allerdings auch für die Spawn-Rate angrenzender anderer Felder gilt).

Die Taktik kommt dadurch ins Spiel, was für einen Build man ansteuert. Wann lohnt es sich, auf Gruppenschaden zu setzen, wann auf Ausweichen, wann auf Konter oder Vampirismus. Das Spiel besteht darin, diesen Gestaltungsspielraum richtig auszukosten.

Ein ewiger, böser Balanceakt

Die Kombinationen werden mit der Zeit immer einfallsreicher und elaborierter, einige Effekte sind sogar zunächst versteckt und sie herauszufinden, ist ein großer Teil der Freude an Loop Hero. Als ich das erste Mal neun Berge und Felsformationen massiv im Quadrat positionierte, ergab das einen Gipfel, der wahnsinnig Ressourcen abwarf und viel maximale HP bedeutete, aber auch Heimstatt von Harpyien war, die meinen Loop fortan unsicher machten. Und da die Monster mit jeder Umrundung der Schleife um einen Level aufsteigen, ist jede Kachel mit Feind-Spawn vielleicht die eine zu viel.

Dann wiederum müsst ihr die Map auch immer mehr mit Karten füllen, denn nur wenn ihr sie ordentlich ausstaffiert habt, erscheint auch der Boss eines Runs auf eurer Startkachel. Immer weiter die erbeutete Ausrüstung so zu kuratieren, dass sie den Anforderungen der von euch geschaffenen Welt noch genügt, ist die andere zentrale taktische Überlegung. Es ist ein stetes Tauziehen, den Loop Loop so zu bauen, dass ihr Werte wie Angriff, Verteidigung, Ausweichen, Kritischer Schaden, Vampirismus und dergleichen so zuschneidet, dass ihr immer noch eine weitere Runde um den Loop hinlegen könnt.

Der CRT-Filter ist wahnsinnig schön, die Schrift erinnert wie so vieles hier an alte Amiga Games.

In Nähe des Ausgangspunktes habt ihr immer die Wahl, den Run zu beenden und die gesammelten Ressourcen vollständig mit ins Lager zu nehmen, wo ihr damit neue Anlagen wie eine Schmiede, einen Bauernhof und eine Feldküche errichtet, was eure übergeordnete Progression symbolisiert, weitere insgesamt zwei weitere Heldenklassen freischaltet und allgemein künftige Runs beeinflusst. Wollt oder müsst ihr auf halbem Wege fliehen, rettet ihr nur noch 60 Prozent der Ressourcen und sterbt ihr, sind es nur noch 30. Man zermartert sich manchmal wirklich das Hirn, kaut Fingernägel und ist am Ende mit beiden Entscheidungen nie so 100 prozentig zufrieden. Denn, vielleicht hätten 45 Prozent Ausweichen ja doch gereicht, ob den Boss zulegen? Ich empfand das dennoch nie als demotivierend, sondern als extrem spannungsfördernd.


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Loop Hero Test - Fazit

Und mehr ist eigentlich nicht dabei. Loop Hero ist nur deshalb nicht ganz einfach zu erklären, weil es vieles anders macht. An und für sich ist es aber kein kompliziertes Spiel. Tatsächlich bin ich mir nicht mal sicher, ob es wirklich vergleichbare Dauerbrennerqualitäten hat wie beispielsweise Slay the Spire. Drei Bosse, drei Heldenklassen und das Kartendeck ist jetzt auch nicht wahnsinnig dick, die Kombinationen endlich. Dann wiederum hält Four Quarters auch nichts davon ab, mit neuen Karten, Helden, Bossen und Upgrades fürs Lager das Spiel ewig upzudaten und so frischzuhalten. Mir hat es jedenfalls wahnsinnig viel Spaß gemacht, herauszufinden, wie Loop Hero tickt, irrwitzig starke Builds plötzlich an ihre Grenzen stolpern zu sehen und mich in seiner Mittneunziger Ästhetik förmlich zu suhlen. Das hier ist wirklich eines zum Liebhaben.


  • Entwickler / Publisher: Four Quarters / Devolver
  • Plattformen: PC
  • Release-Datum: erhältlich
  • Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
  • Preis: ca. 15 Euro, keine Mikrotransaktionen

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