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Might & Magic Heroes VII - Test

Für manche gehen 20 Jahre ganz spurlos ins Land.

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Heroes bleibt Heroes, auch nach 20 Jahren noch. Teil 7 setzt erfolgreich auf bewährte Abläufe, gewaltigen Umfang und seinen eigenen Charme.

Ach ja, Might & Magic, wir kennen uns schon so lange. Wie lange, das wurde mir erst so richtig klar, als auf dem Launch-Event ein kleiner Rückblick durch alle Heroes-of-Might-&-Magic-Teile ging und mir beim pixeligen Anblick des ersten Teils einfiel, was mir damals, 1995, durch den Kopf ging: „Diesen neumodischen Kram will ich nicht! Das hält sich nicht, das nächste echte Might & Magic kommt bestimmt bald." Kam es ja 98 auch, aber anders, als man das so wollte. Und Heroes of Might & Magic blieb. Bis heute. Glückwunsch also zum 20. Geburtstag, Teil 7 ist da wohl ein passendes Geschenk für alle Fans und solche, die es irgendwann dann doch wurden.

So viel zu sammeln, so viel zu erkunden, so viel, wie es schon immer war.

Schon allein deshalb, weil man einen recht kompletten Mix aus so ziemlich allem schuf, was in Teil 3, 5 und 6 so vorkam. Eine Art Best-of der Fan-Favoriten, wozu ich den sechsten Teil jetzt mal ganz großzügig dazuzähle, auch wenn er sich diese Liebe nicht so richtig erarbeiten konnte - vorsichtig gesagt. Aber bleiben wir erst einmal so richtig Retro, und genau das ist ein echtes Heroes heutzutage auch. Ein leicht überfrachtetes Interface, das etwas zähe, rundenweise Abklappern der Karte nach Ressourcen, die Schachbrettkämpfe... Ganz ehrlich, setzt man das jemandem vor, der bisher nur Teil 1 spielte, wird er sich über die hübsche Grafik freuen und ein wenig mit den ja schon lange deutlich komplexeren Helden-, Magie- und Stadtsystemen herumwerkeln, aber ins Spiel finden würde er sofort.

Jede Fraktion hat ihre eigenen Städte. Die Bandbreite reicht von kitschig...

Ihr habt Helden auf der Karte, in der Regel müsst ihr die erste Stadt oder ein paar Forts erobern. Dort rekrutiert ihr Krieger und Monster und schließlich mehr Helden, das kleine Imperium wächst, bis euch die Karte gehört. Dann geht es auf der nächsten Karte von vorn los. Bitteschön, 20 Jahre Heroes, Teil 7 inklusive, in zwei Sätzen. Und es funktioniert. So wie es 1995, 1999 und 2006 funktionierte. Und ich sehe wenig Gründe, warum dieser auf den ersten Blick leichtgewichtige und doch so verwinkelte Ansatz jemals nicht funktionieren sollte.

Genug vages Reminiszieren, auf ins Jahr 2015. Die Kampagne dreht sich um den Nachklänge der Schlachten des sechsten Teils und Ivan aus dem Haus der Greifen macht sich Gedanken, das Königreich aufzuteilen. Um ihn herum sitzen seine sechs Berater aus allen Fraktionen, von denen bekanntlich die Community zwei mehr oder wenig demokratisch auswählte - ich vermute immer noch Wahlbetrug, keine Chance, dass die Zwerge gegen die was auch immer verloren haben. So sieht sich Ivan von Gruftis, Lichtfaschisten, Baumknuddel-Elfen, Möchtegern-Hermetikern, Wander-Orks und Menzoberranzan-Entlaufenen umringt. Ja, es gibt eigene Namen, aber das ist alles so aus dem Paket der Standard-Fantasy zusammengeklaubt, dass ich sie entsprechend betiteln kann, wie ich lustig bin, und es passt immer noch wie die Faust aufs Auge. Sie haben alle was an seinen Plänen auszusetzen und mit jeder einzelnen Fraktion spielt ihr eine kurze, recht losgelöste Geschichte der Helden dieser Gruppe in jeweils vier Abschnitten, bevor ihr die siebte, finale Kampagne freischaltet.

...bis kitschig.

Mal angesehen davon, dass eh schon jede Gruppe eigene Helden, Monster, Talente, Zauber und mehr mit aufs Spielbrett bringt, war man bei den einzelnen Abläufen der Mini-Quests durchaus kreativ. Mal seid ihr gestrandet und müsst euch mit dürftigen Ressourcen zurechtfinden, mal kämpft ihr ein Rückzugsgefecht bis in die letzte, nicht haltbare Bastion, bevor es aufwärts geht. Jeder Abschnitt hat hier und da seine kleinen Eigenheiten, die die lange Kampagne als Ganzes - 20 Stunden locker geschätzt und auf mittel gespielt - frisch hält. Rein inhaltlich betrachtet ist es auch das, was das Gesamtkonstrukt rettet, denn ehrlich gesagt fand ich die Welt und ihre Mystik als solches in der Serie immer etwas öde. Zu viele Klischees, selbst für mich, ein wenig zu High, das Fantasy. Diese kleinen, relativ in sich geschlossenen Geschichten arbeiten zwar auch mit den üblichen Werkzeugen des Genres, haben aber einen etwas direkteren Charme, als das große Ganze ihn zusammenkratzen kann. Vor allem ist es auch eine echte Chance für Einsteiger, dazuzukommen, die Verwirrung nach dem Intro abzulegen und sich in die verständlichen Einzelausflüge zu stürzen. Es ist auch die einzige Chance, die sie haben, denn ein Tutorial sucht man vergeblich.

Das Fertigkeiten-Rad erlaubt eine flexible und sinnvolle Ausgestaltung der Helden.

Beim Spielablauf wurde praktisch alles, was der sechste Teil als Innovationen miteinzubringen versuchte, hinausgekantet. Die persistenten RPG-Elemente wurden darauf reduziert, dass ihr manche Helden mit auf die nächste Karte nehmt. Die neuen strategischen Eigenschaften der Fraktionskämpfe auf den Karten wurden auf das übliche Hin und Her der Heldeneinheiten reduziert. Das Landnehmen per Stadteroberung ist noch drin, die Auswirkungen sind aber nun deutlich simpler. Es ist ein Schritt zurück und ein Teil von mir fühlt mit Limbic, die mit diesen Änderungen frisches Blut in die Serie bringen wollten - Blood und Tears gibt es auch nicht mehr als Werte - und sie als gut und nötig ansahen. Die Fans entscheiden aber anders und ein solch Fan-getriebenes Spiel mit einer so definierten Zielgruppe hat sich danach zu richten. Tat Nummer 7 auch und nun spielt es sich wirklich wie Teil 5 oder sogar 3. Das beinhaltet aber auch viel mehr Statik auf der Karte. Ihr habt wirklich nur die Bewegungen der Helden, neutrale Truppen, die nicht nur herumstehen und bis an das Ende ihrer Tage zwei Einheiten Holz und 500 Goldstücke bewachen, sind die absolute Ausnahme. Wie gesagt, das fühlt sich wirklich ganz schön Retro an. Und irgendwie mag ich das ja nicht weniger. Ein schwieriger Grat, auf dem Limbic da schreiten muss.

Belagerungen könnten etwas interessanter sein. Später kommt wenigstens noch ein Graben und auch mal die eine oder andere Variation der Belagerungsmaschine dazu, aber der Ablauf ist den normalen Kämpfen dann doch zu ähnlich.

Bei den Ressourcen sind es nun wieder 7 verschiedene und ihre Wichtigkeit - abgesehen von den Klassikern Holz, Stein und Gold - variiert je nach Map und Fraktion. Der Stadtausbau findet nun wieder auf einem hübschen Screen statt, bietet allerdings eine ganze Menge an Verschachtelungen, bei denen sich auch eine Reihe von Gebäuden und damit auch manche rekrutierbaren Truppenarten gegenseitig ausschließen. Damit wird sogar ein wenig Wiederspielwert in einem Maß gebracht, in dem man sich das nächste Mal halt für eine andere Baurichtung und damit Elitetruppe entscheidet. Gleiches gilt für das Rekrutieren neuer Helden. In den Kampagnen habt ihr immer ein paar Protagonisten und in der Regel gehört ihr Überleben auch zu den Siegbedingungen. Darüber hinaus findet ihr jedoch einen großen Pool an Helden, die auch aus anderen Fraktionen kommen können, sodass ihr ein wenig Mix-&-Match betreiben dürft. Schade nur, dass so gewonnene Lieblinge in der Regel nicht auf die nächste Map mit übernommen werden.

Bei den Talenten eines Helden blieb man bei dem Fertigkeitenrad. Theoretisch kann jeder Held alles lernen, alle vier Magiearten oder doch lieber seine Anführer- oder Entdecker-Skills schärfen. Es ist ein wenig schade, dass es hier relativ wenig direkte Unterschiede zwischen den Fraktionen gibt, aber dafür sind die Fertigkeiten durchweg allgemein gut anwendbar und sinnvoll, sodass keine Benachteiligungen entstehen. Bei den Zaubern gibt es dann jedoch wieder die ganze Bandbreite und jede Fraktion hat ihren eigenen, die ihr nach und nach in den Städten freischaltet. Sicher, da sind immer Entsprechungen in der Funktionalität. Jede von ihnen hat ihre Varianten, direkten Schaden auszuteilen, den Gegner festzuhalten oder die eigenen Reihen zu buffen, und was des einen Schlingpflanze, ist des anderen Nebelfront. Trotzdem, ein nettes Arsenal, das oft genug den letzten Ausschlag in den Kämpfen geben kann.

Sichere Sachen bei Kämpfen lassen sich in Sekunden per automatischem Kampf auswürfeln. Sollte euch das Ergebnis nicht gefallen könnt ihr im Anschluss den Kampf direkt selbst spielen ohne neu laden zu müssen.

Die KI in diesen Schachbrettkonflikten schlägt sich relativ tapfer, ohne zu überraschen. Ich hab in der ganzen Zeit keine Taktik gesehen, auch nicht auf den höchsten Leveln, bei der ich eine Augenbraue hochgezogen hätte. Der Computer zog brav seine Figuren, gab sich keine Schwächen, nutzte meine angemessen aus und machte meist, was ich auch getan hätte. Der Schwierigkeitsgrad wird dabei mehr über schiere Gegnerzahlen und Werte-Balancing geregelt, was auch okay ist, verlegt es doch die Herausforderungen mehr auf den strategischen Teil und wenige auf den taktischen. Dass Belagerungschlachten etwas spartanisch ablaufen - in der Mitte ist 'ne Mauer, manchmal ein Graben und selten auch mal ein paar Geschütze -, ist ernüchternd und hätte definitiv etwas mehr Pepp vertragen können. Aber dann wäre es vielleicht nicht mehr genau wie früher gewesen.

Neben der Kampagne bietet Heroes VII das vielleicht größte Paket, das es bisher gab. In den Gefechten habt ihr eine einzelne Map mit manchmal einer kleinen Geschichte, die ihr lösen könnt. Alle Schwierigkeitsgrade und Fraktionen sind vertreten, es ist der ideale Modus, um mal abends bei einer Runde HoMM zu entspannen. Die Duelle sind dann das, womit man morgens schnell mal vor dem Zähneputzen starten kann. Kein Zeugs sammeln, keine Karte aufdecken, die Armeen stehen bereit und los geht es. Ist nett, aber ohne das Drumherum ist es für mich einfach kein Heroes.

Im Kampf ist die richtige Positionieren alles. Attacken von hinten geben dabei gewaltige Boni, die entscheidend sein können.

Diesen Modus kann man auch im Multiplayer-Modus spielen, wo es neben dem Online-Modus auch den guten alten LAN- und den Hotseat-Mode gibt, für alle, die es mit bis zu acht Parteien kuschelig vor dem Rechner mögen. Die acht Spieler lassen sich nach Belieben definieren, ob es KI oder Mensch sein soll, und auch eine Reihe von Optionen, wobei die spannendste das simultane Ziehen ist. Ich bin mir nicht sicher. Es scheint zu funktionieren, aber persönlich denke ich, dass es eher chaotisch ist. Das ist einfach nicht die Art von Spiel, bei dem es um den schnelleren Klick zur Ressource gehen sollte. Aber, wenn ihr es mögt, ist es da und es funktioniert anscheinend weitestgehend, wie es soll. Überhaupt hatte ich das Glück, recht unbehelligt von den meisten Bugs zu bleiben, denn ein paar gibt es durchaus noch. Im schlimmsten Fall startet das Spiel nicht, wobei hierzu schon zwei Patches erscheinen sind, die wohl einen Großteil in dieser Richtung ausmerzten. Ansonsten hatte ich ein paar kleiner Glitches, einmal war ein Kampf plötzlich beendet - wenigstens wurde er mir als Sieg angerechnet -, aber über Abstürze oder ähnliches kann ich ehrlich nicht klagen.

Der Editor ist komplex, umfangreich, mächtig und mir zu viel Arbeit. Also, legt euch ins Zeug, ich will eure coolen Karten spielen.

Die Engine dürfte dabei keine großen Probleme machen, verlässt man sich doch auf Unreal 3, und die gibt es nicht erst seit gestern. Die Nutzung dieser hat zwei Vorteile. Zum einen sieht alles optisch ganz nett, wenn auch ein wenig statisch und - seien wir ehrlich - auf eine nette Art rückständig aus. Zum anderen ist es eine Entwicklungsumgebung, die viel Freiraum ermöglicht, und den dürft ihr selbst erkunden. Limbic legt zu dem Spiel einen wirklich mächtigen Editor dazu, der auf zwei Ebenen funktioniert. Auf der ersten ist es noch relativ einfach, von Grund auf eine Map zu erstellen. Wer möchte, überlässt alles jenseits ein paar Grundparametern einem Zufallsgenerator und rückt es danach zurecht. Ambitionierte bauen sich alles kleinteilig auf. Und ganz Mutige - oder Ahnungsvolle - wählen den Punkt „Unreal-Werkzeuge" und können tief in das Programm einsteigen. Die letzten Grenzen dabei dürften die KI und ähnliche Dinge im Hintergrund sein, ansonsten könnt ihr Assets importieren, wie ihr lustig seid, mit den Werten der Einheiten herumpfuschen und ganz wildes Zeugs machen. Ich freue mich jetzt schon auf Herr-der-Ringe-HoMM und solche Klassiker.

Wer den Editor nicht nutzen möchte, der kann natürlich die Früchte der Arbeit anderer direkt konsumieren. Die fertigen Map-Packs sollen alles in allem unter 200 Megabyte haben und werden als fertiges File abgelegt, sodass sie sich leicht importieren lassen. Ein erstes größeres Projekt dazu wird von Limbic selbst angegangen. Man fand eine ganze Reihe fertig abgeschriebener Storylines für Heroes IV, die dann im Spiel nie genutzt wurden, und baut diese gerade im eigenen Editor nach, auch um zu sehen, ob das alles wirklich so klappt. Diese nette Mischung aus Fingerübung und Debugging werdet ihr dann in Kürze gratis zum Download bekommen, sodass ihr euch über den Umfang bei diesem Spiel wohl wirklich niemals mehr Gedanken machen müsst.

Nur noch ein Zug, nur noch ein Szenario, nur noch eine Stunde. So läuft die Serie seit 20 Jahren. Muss man ihr erst mal nachmachen. Aber nächstes Mal bitte mit Tutorial. Man kann ja zumindest mal probieren einen einzigen neuen Spieler dazu zugewinnen.

Wenn jemand so lange Spiele spielt wie ich, dann kommt er immer in die Zwickmühle, dass was Altes, so wie früher, ja auch immer ganz nett ist, aber dass man gleichzeitig nicht stehenbleibt und das Neue, Aufregende schätzt. Letzteres könnt ihr hier in Heroes of Might & Magic VII vergessen. Ich weigere mich innerlich sogar irgendwie immer noch der neuen Namenskonvention zu folgen, schließlich heißt es ja eigentlich Might & Magic Heroes VII. Das Ding ist komplett auf eine extrem konservative Fangemeinde zugeschnitten. Es wagt keine Experimente, es gibt euch genau das Heroes-Feeling mit all seinen vielen Stärken und den üblichen Schwächen. Ja, es ist extrem statisch. Ja, die Fantasy hier gehört definitiv zur extrem ausgenudelten Sorte. Ja, der generelle Ablauf feiert nun seinen 20. Geburtstag, ohne dass da auch nur ein Zeichen der Reifung erkennbar wäre. Aber eben auch keines der Alterung, wenn man denn einmal der Mischung aus Strategie, Taktik und Heldentum verfallen war. Man kann sich auch mit Tradition elegant verjüngen, das zeigten XCOM und Civ V. Sollte es mal den Plan gegeben haben, mit Heroes VII neue Spieler anzulocken, dann wurde er früh verworfen. War der Plan, alle Alteingesessenen zu besagtem Jubiläum glücklich zu machen, dann dürfte er aufgegangen sein. Und das ist schade. Denn allem Staub zum Trotz: Darunter steckt nach wie vor eines der Besten, wenn es um die gute alte „Nur noch eine Runde"-Sucht geht und mehr Leute sollten ihm eine Chance geben. Auch, wenn das Spiel selbst dafür keinen Finger krumm macht.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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