Skip to main content
Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Reveil im Test: Mystery und Grusel im Sandwich zwischen Alone in the Dark und The Outlast Trials

Horror-Monat März hat’s in sich!

Reveil ist ein stimmungsvolles Gruselmärchen mit erinnerungswürdigen Momenten, dessen Stärken gelungene Rätsel und eine visuell sowie spielerisch plastische Kulisse sind. Nur dem Ende gelingt es leider nicht, die emotionale Geschichte überzeugend abzuschließen.

Jetzt weiß ich endlich, was hinter der Wortschöpfung Reveil steckt! Mir hatte sich der Name nie so ganz erschlossen, weil… Aber vielleicht ist das an dieser Stelle gar nicht so wichtig. Wichtig ist zunächst einmal, dass der März mit Reveil schon zu Beginn gleich mit dem zweiten Vertreter eines gruseligen Abenteuers aufwartet – im Gegensatz zu The Outlast Trials allerdings nicht in Form mit hartem Splatter durchzogener Stealth-Action, sondern als geheimnisvolles Erzählspiel im Stil von What Remains of Edith Finch.

Oder nennt es einen Wandersimulator. Ich bin nur nicht der größte Fan des ursprünglich abfällig gemeinten Begriffs, da ich einige dieser interaktiven Erzählungen sehr ins Herz geschlossen habe. Stellt euch mit Reveil jedenfalls auf eine Geschichte ein, die ihr beim Herumlaufen und Untersuchen der Umgebung erzählt bekommt.

Genauer gesagt ist es Walter Thompson, dessen Stimme hier beschreibt, was er fühlt und was ihr in seinen Schuhen erlebt. Immerhin wacht Walter nach einem verstörenden Albtraum mit Kopfschmerzen auf und mit der verunsichernden Erkenntnis, dass sowohl seine Frau als auch seine Tochter aus dem gemeinsamen Haus verschwunden sind.

Als Walter sucht ihr also die Familie; öffnet Türen oder Schubladen, indem ihr sie greift und an euch heranzieht, und löst kleine Rätsel, um etwa den Schlüssel zum Tagebuch der Tochter aus dem Kopf eine Spielzeug-Clows herauszubekommen – und dort dann freilich verstörende Zeichnungen mit schwarz überkrakelten Menschen zu finden.

Walter erzählt, dass er und seine Familie beim Zirkus gearbeitet haben: seine Frau und Tochter als Künstlerinnen, während er selbst unter anderem das Karussell am Laufen hielt. Und natürlich ist da irgendetwas passiert. Selbstverständlich geschehen jetzt unheimliche Dinge um ihn herum. Ich werde wenig verraten, aber nehmt eine der ersten Szenen, in denen im Zimmer seiner Tochter plötzlich eine Wand fehlt und stattdessen ein Weg durch den Wald direkt zum Zirkus führt.

Vom Zirkus selbst mal ganz zu schweigen, in dem das schaurige Abenteuer erst so richtig Fahrt aufnimmt. Denn auch wenn Reveil kein harter Tobak für Leute mit schwachen Nerven ist, so liegt doch immer etwas Unheilvolles in der Luft. Die stellenweise seltsam dysfunktionalen Räume tun ihr Übriges: scheinbar fehlplatzierte Treppen oder hohe Küchenfenster, die niemand erreichen kann. Und mitunter geschehen auch Dinge, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen. Das Spiegelkabinett dürfte sogar zu den stimmungsvollsten und stellenweise cleversten gehören, die ich je in einem Videospiel besucht habe.

Reveil im Test

Es gibt zudem zwei Sequenzen, an denen Walter ein wenig Schleichen muss. Habt davor aber keine Angst: Das Schleichen ist im Kleinen durchaus spannend, spielerisch aber leicht zu meistern. Da sind die Rätsel zum Knacken eines Zahlenschlosses oder kleine Geschicklichkeitsspiele schon eine Ecke anspruchsvoller – aber ebenfalls ohne großes Kopfzerbrechen lösbar.

Ein Hinweis nur an Entwickler Pixelsplit: Ich hätte zum Ende gerne mehrmals die Möglichkeit gehabt, alle Interaktionspunkte anzuzeigen. Es geht nicht um Lösungstipps! Aber mit dem langsamen Gamepad-Cursor das gesamte Bild abzufahren, um dann doch zwei oder drei entscheidende Punkte zu übersehen, kann ganz schön frustrierend sein.

Im Gegenzug mochte ich das „Anfassen“ und freie Anschauen viele Objekte allerdings ebenso wie das Auflesen der aufwändig modellierten Sammelgegenstände. Für viele Rätsel muss man die dafür benötigten Gegenstände richtig drehen oder um sie herum schauen, eine Klappe greifen und herausziehen oder ähnliches.

Das fühlt sich viel besser an als einfaches Anklicken und trägt auch in einem in Sachen Interaktion überschaubaren Erzählspiel viel zur Atmosphäre bei. Mal ganz davon abgesehen, dass viele Objekte sehr detailliert modelliert wurden und so plastisch wirken, als könnte man sie aus dem Bildschirm ziehen.

Nur im letzten Abschnitt wird aus cleveren Rätseln leider ein relativ müßiges Abarbeiten reiner Fleißarbeiten – nicht ausschließlich, aber zu einem überwiegenden Teil. Und das hat mir deutlich weniger Spaß gemacht. Was auch daran liegt, dass man dann viele dröge Klicks gleich mehrmals ausführen muss, ohne dass eine spielerische Herausforderung dahinter steht, und dass man nicht zuletzt auch plötzlich vieles lesen muss.

Der zentrale Grund, aus dem ausgerechnet das Ende für mich dann sogar fast gar nicht funktioniert hat, ist aber die Art der Erzählung – was sich nicht darauf bezieht, dass Reveil vieles über die Selbstgespräche seines Protagonisten skizziert. Denn das haben neben dem sehr ähnlich konstruierten Gone Home viele andere getan.


Verfügbarkeit und Editionen

Reveil ist auf allen Plattformen digital erhältlich – und zwar sowohl in einer regulären Ausgabe als auch als Funhouse Edition. Letztere enthält zusätzlich einen 14 Stücke umfassenden Soundtrack, ein Artbook sowie einen Schwarz-weiß-Filter für das Spiel. Außerdem dabei sind Hörspiele mit den Sprechern des Spiels und Audiokommentare von Pixelsplit, über die man einen kleinen Einblick in die Entwicklung erhält.

So war Reveil etwa ganz zu Beginn als eine Reihe von thematisch im Horror verankerten Escape-Room-Puzzles gedacht. Derzeit ist ein Teil der Bonusinhalte allerdings noch fehlerhaft beziehungsweise nicht verfügbar (siehe letzter Absatz vor dem Fazit). Die Entwickler sind allerdings um ein schnelles Beheben der Probleme bemüht. Wer nicht die Funhouse Edition kauft, kann ein Funhouse Pack mit denselben Inhalten außerdem später noch hinzukaufen.

  • Steam
  • Xbox
  • PlayStation

  • Doch während sich besonders Gone Home viel Zeit dafür ließ, eine Familie mit ihren Sorgen, Entwicklungen und ihrer Zeit zu beschreiben, reißt Walter vieles davon lediglich kurz und nüchtern an. Im Mittelpunkt steht stattdessen das Mysterium und das Erklären dessen, was man sieht. Seine Frau und Tochter werden zwar oft erwähnt, aber was ihn und seine Familie im Herzen antreibt und verbindet, könnte ich überhaupt nicht sagen.

    Dabei spielt das für den emotionalen Kern des Finales die alles entscheidende Rolle – das und die sich überschlagenden Einsichten auf den letzten Metern, welche Walter aber ebenfalls mit vielleicht zwei eher beiläufigen Bemerkungen abtut, anstatt spürbar davon betroffen zu sein.

    Und deshalb fehlte mir im Gegensatz zu Gone Home ausgerechnet beim Finale dieser persönliche Bezug zu den aufwühlenden Erkenntnissen. Deshalb habe ich nüchtern zur Kenntnis genommen, dass man den Ausgang der Geschichte frei wählen kann, anstatt dort eine schwere Entscheidung zu treffen. Ja, bei einem der Enden (man kann einzelne Abschnitte in allen Kapiteln später ähnlich wie bei den Telltale-Spielen jederzeit wiederholen) war ich sogar verärgert darüber, dass es Walter mit einem lapidaren „Na, ich mach‘ einfach das Beste draus“ abtut.

    Ein Hinweis übrigens noch vor dem Fazit: Im Moment wird Reveil von kleinen technischen Ärgernissen geplagt. Zum einen wollte es auf einem zweiten Computer nämlich partout keine Cloud-Saves erkennen, obwohl die laut Steam stets auf beiden Rechnern aktuell waren. Zum anderen kann ich auf einige Inhalte der Funhouse Edition, genauer gesagt den Soundtrack und die Hörspiele nicht zugreifen.

    Abgesehen davon versetzt der Schwarz-weiß-Filter der Funhouse-Ausgabe das Spiel in ein dermaßen grelles Licht, dass es damit überhaupt keinen Spaß macht. Das alles stört den Gesamteindruck nicht entscheidend und wird hoffentlich bald behoben. Der Vollständigkeit wegen will ich es für den Moment aber mit erwähnen.

    Reveil im Test – Fazit

    Tatsächlich musste ich mich erst mal einen Tag lang sammeln, denn direkt nach dem Abspann hätte ich Reveil eine Idee schlechter eingeschätzt. Ich war enttäuscht darüber, wie sehr es am Ende nur noch darum ging, die letzten Informationen zusammenzutragen, um das Ganze endlich abzuschließen. In der Theorie ist die Geschichte auch dann noch gut! Sie ist nur zu sehr auf das Nachlaufen hinter den seltsamen Geschehnissen fokussiert und vernachlässigt einen eindringlichen Einblick in Walters Vergangenheit und Gefühlsleben.

    Nun ändert das allerdings nichts daran, dass Pixelsplit ein angenehm stimmungsvolles Schauermärchen mit erinnerungswürdigen Momenten erschaffen hat. Alleine das Anfassen und Manipulieren der vielen aufwändig gestalteten Gegenstände hat es mir angetan. Dass man dabei ebenso plastische Kulissen erkundet, in denen immer wieder gelungene Überraschungen warten, tut sein Übriges. Nicht zuletzt mochte ich viele der Rätsel, da es keine allzu harten, aber angenehm clevere Kopfnüsse waren. Und so hinterlässt Reveil trotz des enttäuschenden Endes doch einen wirklich guten Eindruck. Immerhin weiß ich ja endlich, was der Name eigentlich bedeutet!

    Reveil
    PROCONTRA
    • Gelungene Mystery und interessante Auflösung…
    • Überschaubare, aber durchaus clevere Rätsel vor allem in der ersten Hälfte…
    • Sehr stilvolle Kulissen und ein paar gelungene schaurige Momente
    • Physisch glaubhaftes Interagieren mit der Umgebung und sehr plastischen Gegenständen
    • … leider aber ein sowohl spielerisch als auch erzählerisch schwaches Ende
    • … und ziemlich dröge Pflichtaufgaben im letzten Viertel

Read this next