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Taito Milestones – Test: Es hat ja keiner gesagt, dass es "Klassiker" sind

Muss man wohl dabei gewesen sein.

Eine abwechslungsreiche Sammlung interessanter Oldies, die inhaltlich und spielerisch heute aber überschaubar viel Spaß machen.

Ich bin kein Kind der Spielhalle. Als gebürtiger Ossi hatte ich vor der Wende kaum Kontakt mit Videospielen und auch danach erst, als Konsolen und PCs im großen Stil in die Wohnzimmer Einzug hielten. Space Invaders, Darius, Double Dragon – das alles sagt mir natürlich was und ich habe inzwischen mehrere Ausgaben davon gespielt! Aber die eher selten aufgerufenen Urahnen dieser Taito Milestones waren mir bis vor wenigen Tagen kein Begriff.

O. K., Qix kannte ich. Das wurde ja auch als einziges der Sammlung mit einer Reihe an Nachfolgern bis in die 2000-er am Leben erhalten. Aber Alpine Ski, Space Seeker, The Ninja Warriors, Halley's Comet, Wild Western, Chack'n Pop, Elevator Action und The Fairyland Story? Nie gehört. Und so lange Nostalgie nicht den Puffer zwischen modernem Empfinden und altmodischem Spieldesign macht … na, ihr kennt das sicher.

In Qix muss man drei Viertel des Spielfelds durch das Malen von Rechtecken ausfüllen, ohne von der Figur im Inneren und den über den Rand wandernden "Gegnern" berührt zu werden.

Insofern bin ich auch durchaus verwundert über die Auswahl an Titeln, die ja nicht als Schnäppchen angeboten werden, sondern immerhin beinahe 40 Euro kosten. Wobei das zumindest ein wenig relativiert wird, wenn man bedenkt, dass es die meisten Spiele längst separat zu kaufen gibt, und zwar im Rahmen der Arcade Archives genannten Reihe – für knapp sieben sportliche Euro jeweils.

Und versteht mich nicht falsch: Weder die Spiele noch ihre Zusammenstellung sind irgendwie schlecht! Die angenehm große Bandbreite reicht vom Top-Down-Shooter über ein Beat 'Em Up, verschiedene Platformer und Skiabfahrtslauf bis hin zu Elevator Action, wo man per Fahrstuhl in immer tiefere Stockwerke vordringt und dabei die dort herumlaufenden Bösewichte erschießt.

Und gerade das zeigt auch die Stärke dieser interaktiven Museumstour: Es ist erstaunlich zu sehen, welche Ideen es damals schon gab, die heute selbstverständlich sind und manchmal gar als innovativ verkauft werden. So kann man in Elevator Action (die Namensgebung war hier definitiv kein Meilenstein) nämlich nicht nur Lampen ausschießen, um das Licht kurzzeitig auszuknipsen. Die Leuchten fallen nach dem Treffer auch zu Boden und erschlagen unter ihnen befindliche Wachen.

Eine Weltkarte sowie Ballern am Geschütz und kurze Abschnitte eines Horizontal-Shooters: Space Seeker atmet den Geist großer Action.

Oder nehmt Space Seeker, bei dem man zu Gustav Holsts Mars über eine Weltkarte fliegt, um mobile Festungen aufzuhalten. Wird man dabei von einer Fliegerstaffel abgefangen, muss man sich vom Geschütz aus gegen die anfliegenden Jäger wehren. Erst wenn man eine der Festungen erreicht, ballert man sich in einem Horizontal-Shmup durch eine Reihe an Verteidiger, um die Station zu zerstören. Das atmet selbst heute noch den Geist großer Action.

Cool ist auch The Ninja Warriors, das einst auf drei nebeneinander liegenden Bildschirmen in einer Art Super-Widescreen gezeigt wurde. So hat man angemessen Zeit, auf die von rechts und links heran trabenden Angreifer zu reagieren. Der Clou ist aber erst die Emulation, über die man entweder ein einzelnes Breitbild anzeigen oder es so aussehen lässt, als würde das Spiel auf drei leicht zueinander versetzten Röhren laufen. Schaltet man dann noch verschiedene CRT-Effekte hinzu, ist das Zeitreisefeeling perfekt.

Je nach Spiel kann man sogar eine Art Bildstörung anzeigen lassen; einen breiten dunklen Streifen, der von rechts nach links oder von oben nach unten übers Bild läuft. Selbstverständlich darf man das Bild außerdem um 90 Grad drehen, die Größe des gezeigten Ausschnitts ändern, den Ton per Equalizer verändern, die Tasten der Steuerung frei belegen, jederzeit einen Speicherpunkt anlegen und mehr. Das alles gab es schon in den Einzelausgaben der Arcade Archives und davon profitieren Taitos Meilensteine natürlich.

Bildstörungen und CRT-Effekte verstärken den Nostalgiefaktor - in diesem Fall bei Front Line.

Aber das Alter merkt man ihnen eben deutlich an. Die Steuerung über das grobe Pixelraster lässt etwa gerade bei den Anfang der '80-er erschienenen Titeln zu wünschen übrig. Man sieht den minimalistischen Animationen der Figuren auch nicht an, ob sie gleich angreifen, sondern muss ihre Muster stur auswendig lernen. Und irgendwie habe ich immer das Gefühl, die Hitboxen wären größer als das von mir gesteuerte Sprite.

Auch inhaltlich muss man sich hier nichts vormachen: Nach nicht einmal fünf Minuten hat man im Grunde schon das ganze Spiel gesehen und könnte die Museumstour damit beenden – gäbe es nicht die zeitgemäßen Online-Ranglisten, dank denen das kompetitive Spielhallenflair ins Wohnzimmer einzieht. Denn gegenüber Freunden und Fremden gut dazustehen, spornt auch bei simpel gestrickter Action zu Nochmalversuchen an.

Taito Milestones – Test-Fazit

War "Quality of Life" den Entwicklern von damals also noch kein Begriff, wird die Emulation der Oldies modernen Ansprüchen durchaus gerecht. Zumindest ist die Anbindung an weltweite Highscrorelisten ebenso lobenswert wie das frei einstellbare Bild und andere Entgegenkommen. Die Spiele selbst? Interessant! Manche sogar aus heutiger Sicht noch in Ordnung. Das gilt vorrangig für Qix, Space Seeker und The Ninja Warriors. Die anderen haben für mein Empfinden eher einen pädagogischen Wert, der dem Anschauen eines frühen Schwarz-/Weiß-Films entspricht – was amüsant und interessant sein kann. So richtig unterhaltsam dürfte es aber nur für jene sein, die damals schon dabei gewesen sind.

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