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Alt+F40: Mehr als nur schwer - warum Elden Ring und Souls etwas Besonderes sind

Folge 39: Nach kurzer Pause wieder da: Alex spricht über die Besonderheit von Soulslikes wie Elden Ring - nein, nicht die, die andere - und über seine Rückkehr zu Cyberpunk.

Erst einmal: Entschuldigung für die Abwesenheit der Kolumne in den letzten Wochen. Ich habe weder die Lust verloren, noch wurde sie eingestellt. Dieser randvolle Februar ließ einfach wenig Platz für mein seltsames, kleines Gamer-Dad-Tagebuch. Zu viele Spiele, zu viel zu tun - aber mit dem heutigen Tag ist die Games-Welle erst mal rum und außer Elden Ring zählt die nächsten zwei Monate wenig anderes - zumindest in der Welt der Spiele. Bleibt mir nur zu sagen: Ich habe euch vermisst.

War denn sonst noch was? Außer der schönen Scheiße, dass all die Shirtless-Putin Memes im Netz von einem Tag auf den nächsten maximal schlecht gealtert sind? Ich frage mich ernsthaft, wann ich meinem extrem aufmerksamen Fast-Fünfjährigen das neue Wort "Krieg" erklären muss und hatte gestern schlimme Tschernobyl-Flashbacks zu ein paar Wochen in den Achtzigern, in denen ich mich als ahnungsloser Siebenjähriger zu Tode gefürchtet habe. Ich bin ehrlich gesagt nicht sicher, ob (und wenn ja, wann) wir alle so weitermachen können wie bisher. Aber ich weiß auch, wenn wir das schaffen, dann waren für mich meine Familie und Videospiele ein großer Teil dessen, warum ich in diesen schwierigen Zeiten bei Verstand geblieben bin.

Insofern: Wenn ihr ähnlich angefasst seid wie ich, nehmt euch einen Moment - kurz den Controller weglegen, die Zwischenlande laufen nicht weg - und nehmt mal wieder alle in den Arm. Aber nur die, die ihr persönlich kennt. Wäre sonst vielleicht etwas seltsam. Oder auch nicht. Manchmal ist man überrascht...

Inhalt


Elden Ring und die Faszination des Fremden

Soulslikes sind hart - das macht sie aus. Oder? Ich selbst habe auf die eine oder andere Art schon meine persönliche Antwort auf diese Frage gegeben - und das Marketing-Kettenrasseln beschwor in der Vergangenheit auch regelmäßig die provokante "Ist's Spiel zu hart, bist du zu weich"-Tonalität. Aber ich möchte die heutige Veröffentlichung von Elden Ring einmal zum Anlass nehmen, den Rahmen ein wenig zu verrücken, durch den wir From Softwares Spiele so oft betrachten. Denn letzten Endes - und das unterstreicht Elden Ring vielleicht mehr als jedes andere Soulslike vor ihm - ist das gesalzene Anforderungsprofil zwar eine zentrale Komponente. Aber eben nur ein Teil des Puzzles, das von außen betrachtet für viele noch immer keinen rechten Sinn ergeben will.

Mit Rittern und Drachen lullt es einen ein...

Von unbeteiligter Warte aus dürfte mit Blick auf diese Spiele immer noch "wieso zur Hölle lassen sich einige so wahnsinnig gerne von einem Spiel den Allerwertesten versohlen?" eine der am häufigsten gestellten Fragen sein. Aber die Schwierigkeit ist lediglich ein Mittel zum Zweck. Ein Vergleich mit Zeldas alter Schule ist da vermutlich hilfreich. Die Welten Nintendos waren immer maximal einladend, stoßen dem Spieler das Tor zu einer Welt auf, die schon ganz vordergründig allein dazu da ist, damit ihr sie retten könnt. Es springt einen fast an, wie sehr jeder einzelne Dungeon nur darauf ausgelegt ist, einzig und allein mit Links Talenten und Werkzeugen gelöst zu werden. Bei From läuft das entschieden anders.

Die Welt von Elden Ring - und auch die von Dark Souls zuvor - könnte über eure Anwesenheit kaum indifferenter sein. Die Nachricht ist klar - und tausendfach auf die Böden dieser Universen gekritzelt: Leuchtende Lettern, die euch nicht nur wissen lassen 'springt hier in den Abgrund für einen Schatz' (und euch fast immer nur trollen), sondern vor allem signalisieren: Ihr seid eine von vielen, vielen anderen verlorenen Seelen, die hier ihr Glück versuchen und oft genug als Blutfleck auf vermoosten Pflastersteinen enden. Und selbst diese braunroten Pfützen sind nur dazu da, euch ein Bild vom Ende eines Leidensgenossen nachzuzeichnen. Einer von vielen eben. Das Spiel checkt euch mit der kalten Schulter - und das ist der Ansporn, ihm zu beweisen, dass man doch "der Eine" ist.

Es ist eine ganz andere Ausgangslage als in Hyrule. Jedenfalls bis Nintendo auf der Switch auf den Gedanken kam, zumindest das spielerische Korsett - damals unfassbar elegant, aber diesseits der 2000er fast schon zu bequem passgenau - merklich zu weiten. Auf dass es der Atem der Wildnis mal ordentlich durchpusten würde. Zweifellos auch eine Folge durch Soulslikes veränderter Spielgewohnheiten. Dass mit Zelda eines der archetypischen Entdeckerspiele eine der Ideen der From-Spiele aufgreift, das Erlebnis nicht so straff um den User herum zu errichten, gibt Miyazaki und seinen Helfern recht.

... und dann zieht es so ein Ungetüm aus dem Hut.

Natürlich bleibt der Vergleich ein schiefer, denn so tief wie Link zuletzt buddelt auch Elden Ring jetzt nicht in der Sandkiste. Was von euch verlangt wird, ist durch die Historie durchaus definiert. Aber das "Wie" ist nun mal neu und stellt sich auf der endlosen Breite, Länge und Höhe einer bildhübschen offenen Welt wunderbar in den Dienst, dem Spieler noch mehr vom Gefühl zu geben, dass er auf sich allein gestellt ist. Buchstäblich verloren in einer fremden Welt, die nach eigenen Regeln spielt. Auch Dark Souls war schon gut darin, aber Elden Ring potenziert diesen Eindruck durch die neue Struktur noch einmal deutlich. Es suhlt sich so sehr darin, euch an jeder neuen Ecke ein Geheimnis vorzusetzen, dass ihr auf der Karte 100 (in Worten: Einhundert!) Markierungen selbst platzieren dürft. Es ist ein Spiel, das von Zettel und Stift profitiert.

Und es ist - wie immer - wunderbar schräg, fremdartig. Es ist das Best-Case-Szenario für Mittelalter-Fantasy durch eine fernöstliche Linse betrachtet und nicht daran interessiert, dass ihr versteht, was auch immer es euch zu sagen hat. Einfallsreiche, ungreifbare Panoramen, die in Tod und Verderben noch viel morbide Schönheit finden und Feindeskreationen, die sich nicht sicher sind, ob sie euch nun zu Tode faszinieren oder ekeln sollen. Alles an dieser Welt will euch sagen: "Ihr gehört hier nicht her!" "Auf das, was hier kommt, seid ihr nicht vorbereitet" - nichts könnte anstachelnder sein, Elden Ring doch Lügen zu strafen.

Los geht's. Ich bin bereit dafür, hierfür nicht bereit zu sein.

Dafür braucht es nicht einmal die typischen, sportelnden Gamer-Ambitionen. Ihr kommt für die Härte, weil ihr euch vom Spiel ernst genommen fühlt (weil es euch nichts schenkt). Aber ihr bleibt für das Gefühl des verstohlenen Leichenfledderns am Kadaver einer sterbenden Welt. Egal, wie viel dabei für euch abfällt. Ihr müsst nicht "gewinnen", wenn es so etwas hier überhaupt gibt. Aber jedes neue Geheimnis, das ihr Elden Ring unter Einsatz vieler, vieler Leben abtrotzt, jeder Schatz, den ihr bergt, ist ein Beweis, dass ihr in dieser Welt, beinahe grausamer als selbst unsere eigene, überleben und existieren könnt. Jeder Meter Fortschritt als Gewinn an Wissen und Vertrautheit mit einer Welt, so abseitig, dass sie eigentlich nicht dafür gedacht ist, sie zu begreifen. Das ist es, was From-Spiele für mich zu etwas Besonderem macht.


Weitere Notizen - KW 8/22

Bei Alex in der Rotation: Ich freue mich jetzt schon darauf, euch nächste Woche von meinen Erlebnissen mit Songs of Conquest zu berichten. Jener himmlisch-hübschen Heroes of Might and Magic Hommage, die seit drei Jahren durch meinen Kopf spukt und die ich nun endlich anspielen konnte. Außerdem bespreche ich noch ein Shooter-Sequel, das in der nächsten Woche herauskommt. Spielerisch freue ich mich ansonsten auf Triangle Strategy, das in der Demo zwar arg verlabert daherkommt, aber einen guten Eindruck macht. Ach, und gelesen habe ich auch mal wieder: Den Cyberpunk 2077 Comic Trauma Team, der mir gut genug gefiel, um mir Version 1.5 des Spiels herunterzuladen und einen neuen Einstieg zu versuchen (siehe unten).

Kann sein, dass sich der Look irgendwann überlebt. Bei mir ist es noch nicht soweit.

Musiktipp der Woche: School of Seven Bells - Half Asleep. Wenn man über die klischeehaften ersten Takte hinwegkommt, ein absolut sagenhafter Dream-Pop-Song mit mehr Schichten als ein Oger. Die Band um die Deheza-Zwillinge und Benjamin Curtis gibt's zwar schon lange nicht mehr - Curtis verstarb 2013 -, aber dieser Song blieb mir all die Jahre hindurch im Ohr. Gut zum Wegbeamen in diesen dunklen Tagen. Starke Lyrics auch.

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Höhepunkt der Woche: Ich will ehrlich sein: Ich hatte Cyberpunk 2077 aufgegeben. Und kurz nach der Installation von 1.5 war ich im Grunde schon kurz davor, es endgültig zu deinstallieren. Mit Maus und Tastatur war es für mich beinahe unsteuerbar, ich sollte "einen Tag" auf einen Anruf von Takemura warten (wer war das noch mal?), der ums Verrecken nicht kommen wollte und ich hatte allgemein keine Ahnung, wo zur Hölle ich in der Story war. Aber ich blieb einen Abend dran. Ich fand zuerst einen Workaround für das Ausbleiben des Anrufs (nach zweimal Zeit verstreichen lassen, merkte das Spiel, dass es hakte) und dann dafür, dass das Zielen über das Waffenvisier mit der Maus nicht mehr zum ultranervösen Zuckelfest ausartete. Letzteres behob ich durch einen JSON-Edit, per Texteditor, was mich dann wohl auch in die passende Cyberpunk Stimmung brachte. Ich spielte ein, zwei Quests und tatsächlich - jetzt bin ich wieder drin, als hätte ich nicht über ein Jahr ausgesetzt. Ich bin schwer angetan - vor allem optisch - und sehr versucht, das heute Abend statt Elden Ring weiterzuspielen.

HO-LY S***!

Ansonsten will ich noch einmal betonen, wie sehr ich unser Lastenrad liebe. Es ist keine Schönheit, aber ich mache mittlerweile alle Fahrten damit - so mobil und unternehmungslustig habe ich mich lange nicht gefühlt.


Mittelpunkt (?!) der Woche: Wir haben den Mietvertrag für ein Haus unterzeichnet! Ein ganzes. Ende Mai ziehen wir um und müssen das Viertel nicht einmal verlassen. Ich freue mich riesig und habe gleichzeitig wahnsinnig Muffensausen. Denn renovieren müssen wir, wenn die neue Bleibe den Standard der alten auch nur ansatzweise halten soll - das wird weder billig noch einfach. Aber was soll man machen? Den Kindern reicht zu zweit ein Zimmer nicht mehr, ein größerer Garten ist in der Stadt (Bremen) keine Selbstverständlichkeit und die jetzige Wohnung war nicht wahnsinnig viel günstiger. Mein wichtigstes Projekt: Das große Kellerzimmer in eine Gummizelle... ähm ein Spielzimmer für die Jungs zu verwandeln. Meine Frau hat da andere Prioritäten. Mal schauen, was ist, wenn wir die ersten Räume gestrichen und den neuen Boden verlegt haben. Hat jemand Erfahrungen mit Kork?


Tiefpunkt der Woche: Wer an dieser Stelle nicht "Krieg" schreiben würde, hatte diese Woche arg viel mit sich zu tun. Daran führt nichts vorbei. Selten wird einem schonungsloser vor Augen geführt, wie seltsam wacklig doch das eigentlich bedeutungslose Konstrukt ist, in dem wir es uns so gemütlich gemacht haben. Zeit, seine Prioritäten neu zu kalibrieren. Viel Kraft und Mut allen, die von der Krise direkt betroffen sind! Dem Rest einen kühlen Kopf und eine Extra-Portion Mitgefühl, um es an diejenigen weiterzureichen, die es gerade bitter nötig haben.

Hat einen Schuss gemacht. Ich muss mir aber angewöhnen, den Topf nicht zu drehen. Ich habe das Gefühl, sie hat mehrfach die Wuchsrichtung um die vertikale Achse herum geändert.

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