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Filmkritik: Sucker Punch

Das Debakel

Sucker Punch ist ein Debakel fast epischen Ausmaßes. Ein Versagen auf so vielen Ebenen, dass man Zack Snyder fast sein Können als Filmemacher absprechen möchte. Dabei hat der amerikanische Regisseur in den letzten Jahren viel erreicht. Er hat nicht nur eines der besten Horrorfilm-Remakes aller Zeiten hingelegt, sondern auch zwei wirklich gelungene Comic-Verfilmungen. Natürlich hat er bis zum Erbrechen Zeitlupensequenzen durchgekaut, seine Filme mal zu geschwätzig, mal zu schwülstig angelegt. Trotzdem war jeder Einzelne eine Hommage an die Vorlage, ein interessanter, zeitgerechter Kommentar, der Spaß machte und immer wieder ein Lächeln auf die Lippen zauberte.

Doch genau in diesem Können, dem Nacherzählen, der Transformation auf die Leinwand liegt auch der Fehler von Sucker Punch begraben. Denn diesmal gab es nichts, an das sich Zack Snyder halten musste beziehungsweise konnte. Basierend auf einem eigenen Skript sollte es sein großer Befreiungsschlag werden, sein Beweis, dass er auch ohne eine fremde Story tolle Geschichten erzählen kann. Nun ist es ein Mahnmal für seine Hybris geworden. Sucker Punch ist absolutes Stückwerk. Zusammengetragen aus Tausendundeinem Nerd-Traum. Viel zu selbstverliebt, um einen roten Faden zu liefern, zu sprunghaft, um den Zuschauer in die Handlung zu ziehen.

Dabei ist die Prämisse vielversprechend. Ein junges Mädchen, Baby Doll, deren Mutter stirbt, wird von ihrem mörderischen Stiefvater in ein Irrenhaus gesteckt, um das Erbe abzustauben und den Mord an der Schwester zu vertuschen. Sie hat fünf Tage Zeit, bis ein Doktor kommt, um sie zu lobotomisieren, ihre Hirnfunktionen auf atmen, essen und schlafen zu reduzieren. Fünf Tage, um aus dem Wahnsinn zu entkommen, Freiheit und Rache zu finden. Ein oft verwendeter, aber ganz sicher kein flacher, sinnloser Plot. Es ist vielmehr das Wie, das aus Sucker Punch solch eine Katastrophe macht.

Die Geschichte von Baby Doll wird nämlich in zwei Traumebenen erzählt. Auf der ersten Stufe befördert sie sich mit ihrer Vorstellungskraft in einen Nachtclub. Eine mondäne Absteige für die Reichen und Mächtigen, die sich aus dem Angebot hübscher Tänzerinnen ihren Preis für die Nacht aussuchen können. Dort trifft sie auf Amber, Blondie, Sweat Pea und Rocket. Vier ebenso gefangene Schönheiten, die unter den Augen einer Choreografin zu vollendeten Prostituierten geformt werden. So weit, so abwegig, aber im Rahmen des Irrenhauses ein nachvollziehbarer, als Metapher zu verstehender Rückzugspunkt inmitten der Fantasie einer jungen Erwachsenen. Erst in der zweiten Ebene wird es wild und sinnlos.

Immer wenn Baby Doll tanzt, taucht sie noch weiter in ihre Vorstellungskraft hinab. Dort bekommt sie von einem Meister einen Plan, der ihr die Freiheit verspricht. Sie muss fünf Dinge beschaffen, um aus ihrer Hölle zu entkommen. Baby Doll und ihre Mitstreiter verwandeln sich dazu in mächtige Kämpferinnen, die mit Schwert, Axt, Sturm- und Maschinengewehr gegen fantastische Gegner streiten. Diese Episoden brillieren mit einer wuchtigen, wenn auch selbstverliebten Inszenierung. Ihre Gefechte gegen drei Meter hohe Samurais, dampfbetriebene Nazi-Zombies, riesige Drachen und emotionslose Roboter symbolisieren ein Puzzlestück auf dem Weg in die Freiheit.

Sucker Punch - Trailer

Sie erringen so einen Plan der Irrenanstalt, ein Feuerzeug, ein Messer und einen Schlüssel. Doch der Sinn dieser Erlebnisse verliert sich im Stakkato der Action-Sequenzen. In einem Rausch von Bildern und Musikstücken, die trotz all den oberflächlich richtigen Zutaten nur einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Ohne das Gefühl, dass ihnen irgendetwas passieren könnte, ohne echten Thrill oder Konsequenzen, verpufft die Zeitlupen-Magie und hinterlässt eine wahr gewordene Nerd-Fantasie ohne Herz und Verstand.

Noch dazu ist der Sprung von der eingekerkerten Schönheit zur sexy Tänzerin und mächtigen Kämpferin zu weit, zu abwegig. Das sowieso schon dünne Handlungskonstrukt wird damit überstrapaziert und verliert sich in unnötigen und dämlichen Details. Zwischen all den Musik-Video-artig inszenierten Drama-Abschnitten und den oft hirnlosen Action-Sequenzen bleibt einfach nicht genügend Raum für die Geschichte, die Charaktere und ihre Motivation. Nahezu alle Figuren wirken hölzern, bekommen keine Luft zum Atmen und verkommen zu Stichwortgebern.

Erst im letzten Akt treibt Zack Snyder die Geschichte voran, versucht diesem formlosen Konstrukt Stabilität und Spannung zu verleihen. Für meinen Geschmack zu spät. Selbst das Ende wirkt aufgesetzt, weil es in seiner pseudo-philosophischen Art einen tieferen Sinn vermitteln möchte, den es so einfach nicht gibt. Nachdem er den Zuschauer orientierungslos in seinen Traumwelten zurückgelassen hat, kann er einfach nicht erwarten, dass er mit ihm den ganzen Weg zurück zur Realität geht. Denn selbst diese wirkt durch ihre überhöhten Bilder nur wie ein weiteres Fantasiegebilde, das sich im Rausch der Bilder langsam im Nichts auflöst.

Was bleibt also nach 90 verwirrenden Minuten übrig? Ein paar schöne Bilder. Welten, die im Rahmen einer eigenen Geschichte vielleicht funktioniert hätten und ein paar gut inszenierte Action-Sequenzen. Das wars. Der Rest ist großer Nerd-Quatsch. Eine der schlechtesten Comic-Verfilmungen aller Zeiten und dabei gibt es dazu noch nicht mal ein Comic, sondern nur die seltsamen Auswüchse von Zack Snyders Fantasie. Oder kurz gesprochen: Snyder, bleib' bei deinen Remakes. Deine eigenen Geschichten sind leider absoluter Mist.

Sucker Punch läuft am 31. März in allen Kinos an.

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