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Final Fantasy VIII

Hexen vs. Teenager

So viel Innovation Final Fantasy VIII auch bietet, es hat auch klare Nachteile. Insbesondere die fantastische Präsentation hat ihren Preis: Die Ladezeiten sind länger, die Kämpfe durch Kamerafahrten und Effekte langatmiger als sie sein sollten. Die Figuren sind noch austauschbarer als die von Final Fantasy VII.

Bis auf ihre Limit-Attacken sind die spielbaren Charaktere erneut eher Kleiderständer für Guardian Forces und Magiekopplungen. Ob ihr nun die niedliche, aber auch leicht psychotische Selphie oder Haudrauf Cell mit in den Kampf nehmt, macht spielerisch kaum einen Unterschied.

Bei der Handlung wechseln sich Licht und Schatten ab. Viele Motive funktionieren hervorragend. Die zyklische Struktur des Laguna-Squall-Plots oder die bis heute heiß diskutierte Endgegnerin Artemisia (in den USA krude als Ultimecia übersetzt) gehören zu den spannendsten Elementen der ganzen Serie, über die bis heute im Internet fleißig geplaudert werden. Figuren wie Irvine Kinneas verblassen dagegen nach ihrem ersten Auftritt gnadenlos und werden zu bloßen Mitläufern degradiert.

Auf dem PC waren die Figuren detailliert und höher aufgelöst, die Hintergründe dagegen technisch schwächer.

Vor allem die zentrale Liebesgeschichte zwischen Squall und Rinoa will nicht so recht überzeugen. Rinoa selbst ist keine allzu interessante Figur und Squalls plötzlicher Charakterwandel wirkt aufgesetzt. Die Ambition hinter der Geschichte ist groß, man merkt aber, dass Square damals noch nicht allzu viel Erfahrung in derlei Dingen hatte. Die meisten dieser Kritikpunkte sind weniger auf Unfähigkeit oder gar Faulheit zurückzuführen, eher auf die enorme Ambition, die Square in Final Fantasy VIII an den Tag legt. Und darüber kann man dem Spiel solche Dinge nachsehen.

Eine Lanze gilt es hier noch zu brechen. Held Squall ist seit dem West-Release des Spiels im Jahre 1999 einer der großen Buhmänner in der Altherren-Fraktion der Fangemeinde. Das hat Squall nicht verdient. Ja, er ist introvertiert, geradezu maulfaul. Es mangelt ihm an Taktgefühl und sozialer Kompetenz, er geht lieber zu sehr auf Distanz als sich irgendjemandem zu öffnen und kommt oft eingebildet, eigenbrötlerisch und abweisend rüber. Aber... das ist okay! Squall ist ein Teenager, und Teenager sind so! Squall ist der einzige Final-Fantasy-Held, dem Square einen inneren Monolog zugesteht und das Spiel belohnt euch sogar, wenn ihr Squall bei bestimmten Dialogoptionen „in character“ spielt, also wenn ihr tatsächlich schroffe, abweisende Antworten wählt. Man muss Squall nicht unbedingt mögen, aber er ist eine der interessantesten Figuren im Final-Fantasy-Kosmos. All das gilt übrigens nur für männliche Spieler. Auf Frauen scheint Squall eine völlig andere Wirkung zu haben, so ziemlich alle Damen, die ich gefragt habe, finden ihn super.

Wie Final Fantasy VII ist auch Teil VIII für PSone und PC erschienen. Auf der Sony-Hardware leidet die deutsche Fassung wieder unter den üblichen PAL-Krankheiten, dafür ist die Übersetzung besser als die des Vorgängers. Und wie immer zahlt man für das vier CDs starke Spiel heute gesalzene Preise, egal ob es sich um die reguläre oder die Platin-Auflage handelt. Noch teurer ist die PC-Umsetzung, die abermals über Eidos erschien. Ein Exemplar mit Anleitung und Originalverpackung kann heute schon mal einen dreistelligen Betrag erreichen. Grafisch ist die PC-Umsetzung der PSone-Fassung in den Kämpfen durch die höhere Auflösung überlegen, die Hintergründe sehen dieses Mal auf dem PC-Monitor arg pixelig aus.

Schönere Figuren und 30 FPS: Technisch stellt Final Fantasy VIII im Vergleich zum Vorgänger einen Quantensprung da.

Zumindest PS3- und PSP-Besitzer dürfen aufatmen, genau wie Final Fantasy VII ist auch der achte Teil inzwischen als Download für knapp zehn Euro (oder zehn Dollar für die wertigere NTSC-Fassung um US-Store) zu haben.

Bei Altfans gilt Final Fantasy VIII heute als eine der schwächeren Episoden. Eine Einschätzung, die ich nicht teile. Final Fantasy VIII ist weniger rund als andere Episoden, beeindruckt aber durch seinen Mut und Ehrgeiz, die Serie in andere Richtungen zu führen. Anstatt einfach nur eine Nummer-Sicher-Fortsetzung vom Fließband nachzuschieben, setzten Kitase und seine Truppe auf volles Risiko.

Vergleicht man die Freiheiten von Final Fantasy VIII mit dem engen Korsett der aktuellen Episode, kommt man ins Grübeln. Wo ist der Mut der Entwickler geblieben? Final Fantasy VIII stellt dem Spieler bereits nach kürzester Zeit alle Werkzeuge zur Verfügung, selbst auf die Gefahr hin, dass er sich in den komplexen Kämpfen erst einmal eine blutige Nase holt. Teil XIII dagegen besteht über 20 Stunden darauf, den Spieler fest an die Hand zu nehmen. Ein bisschen was vom Chuzpe von Final Fantasy VIII hätte der aktuellen Episode gut zu Gesicht gestanden.

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