Skip to main content
Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Der Blick zurück: Syndicate

Das Wiesel, der Agent und sein Koordinator

Die Gasse, aus der er auftauchte, war schwer einsehbar. Das kalte Neonlicht der Werbetafel auf der Hauptstraße dippte nur, es tauchte hier nicht. Ein paar Liefercontainer verbargen ihn gut. Die letzten Blocks würde er überirdisch zurücklegen müssen. Eigentlich kein Problem. Einfach nur freundlich und unbestimmt lächeln und niemanden direkt anschauen. Schon würde er in der Masse der Konzernameisen untergehen. Sein billiger, mit einer wasserabweisenden Latexschicht überzogener Mantel fiel hier nicht mehr ganz so sehr auf, wie es in Downtown der Fall gewesen wäre.

Hier, kurz vor der Grenze zum nächsten Konzerngebiet, fand sich weniger Management und mehr Arbeit. Die durch die Straßen wabernden, leicht fluoreszierenden Rauchschwaden zeugten von den nahen Fabriken. Hier gab es schon lange keine Wiesel mehr. Hätte Eric nicht die Kakerlaken in den Kanälen gesehen, es wäre nicht schwer gewesen, sich vorzustellen, dass die Natur diesen Ort für immer und vollständig verlassen hätte.

Nach ein paar Ecken und ziemlich genauso vielen Polizei-Patrouillen - bei jeder musste er sich zusammenreißen, nicht aus der Rolle zu fallen und einfach zu rennen - erreichte er eine andere Gasse. In ein paar leeren Konzern-Sojacontainern lag die Lieferung. Er würde die Tour ein paar Mal machen müssen, es war genug Zeug für Monate hier. Eric seufzte. Eines Tages. Er stopfte so viel wie möglich in den Rucksack und machte sich auf Weg zurück. Er kam bis zur Straße.

Eric lief. In die falsche Richtung. Einen Schritt nach dem anderen. Schneller werdend. Er warf den Rucksack weg. Es dauerte sogar bis zu diesem Moment, bevor Eric bemerkte, dass seine Füße nicht mehr seinem Willen folgten. Ein Teil von ihm wusste, wo der neue Weg hinführen würde. Leider hatte dieser Teil von ihm kein Bedürfnis, dieses Wissen zu teilen. Er war zu einem Mitreisenden in seinem eigenen Körper geworden. Wohin der Weg ging, konnte er sehen. Alle anderen Körper auf der Straße bewegten sich mit ihm im gleichen, inzwischen zu einem Dauerlauf angestiegenem Tempo. Als seltsam stumm trabender Mob rannten sie einem unbekannten Schicksal entgegen. Und es wurden immer mehr.

An der Ecke zu Dritter und Vierzehnter sah sein Kopf zu einer Waffe auf der Straße hinab. Warum sie da lag, wusste er nicht. Seine Hand streckte sich aus, packte den schweren Griff fest. Er spürte das Gewicht, er rang mit der schieren Panik, riss seinen Geist in alle Richtungen, aber sein Körper folgte nicht. Mitten auf der Straße sah er ihn dann.

Ein schwarzer Rachegott des Konzerns aus dem nächsten Bezirk, dessen lichtfressende Panzerkleidung nur von dezenten gelben Streifen verziert wurde. Eric spürte erst, wie seine Gedanken immer klarer wurden, die Panik ließ nach, er sah zufrieden zu, in dem Geist des fremden Konzerns aufgegangen, dessen Widersacher zu vernichten.

30 oder 40 waren sie, rannten einem unsichtbaren Willen folgend einem Ziel entgegen, ruhig, effizient, manche wie Eric bewaffnet, andere auf ihre Chance wartend. Sie würden dem Konzern dienen. Es spielte keine Rolle, dass sie für den Eindringling aus dem Nachbargebiet rannten. Es dauerte nicht lange, das Ziel allen Strebens zu erreichen. Ein weiterer dunkler Konzernagent tauchte auf, diesmal in den hier so gewohnten und gefürchteten roten Streifen, einen Flammenwerfer wie in Zeitlupe auf eine Gruppe von fünf anderen Zivilisten und Polizisten richtend. Sie brannten bereits, aber wollten ihren hoffnungslosen Angriff selbst dann noch nicht abbrechen. Eric bemerkte erst, dass er zu schießen anfing, als der Rückstoß der eigenen Pistole ihm das Handgelenk brach. Es war lediglich ein dumpfes Zucken, die Waffe wanderte in die andere Hand. Der Schmerz der Flammen traf mit weit mehr Wucht. In der letzten Sekunde seines Lebens wusste Eric wieder, wer er war. Er war Eric Ishimura, den sie das Wiesel nannten. Weiter kam er nicht, bevor sein Gehirn verdampfte.