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Iron Harvest Test: Company of Heroes 3 ist da und hat Mechs mitgebracht

Spektakuläre Strategie aus Deutschland.

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Spektakuläre Echtzeitstrategie im Stil von Company of Heroes mit einem Mix aus einzigartigen Mech-Designs und spannend erzählter Geschichte.

Iron Harvest Test - Lieber gut kopiert als schlecht neu erfunden. Ich weiß nicht, ob ich King Art damit unrecht tue, negativ ist es definitiv nicht gemeint. Iron Harvest, das neue Echtzeitstrategiespiel des Bremer Entwicklerstudios, fühlt sich wie ein Company of Heroes 3 an, in dem Mechs statt Panzer über die Schlachtfelder stampfen. Und wenn ich es mit Relics Reihe vergleiche, dann auf jeden Fall in lobender Absicht. Denn: es spielt sich so wunderbar wie das Vorbild.

Der größte Unterschied zur Kompanie der Helden ist das Szenario. Statt des Zweiten Weltkriegs habt ihr hier eine alternative Version der 20er Jahre, als Basis für die Hintergrundgeschichte dienen die Werke des polnischen Malers Jakub Różalski, die ebenso die Vorlage für das bekannte Brettspiel Scythe waren. Die Fraktionen Saxony, Rusviet und Polania streiten sich hier nach einem großen Krieg untereinander und Polania droht unter die Fittiche von Rusviet zu fallen, womit dessen Bewohner natürlich nicht einverstanden sind. Und so droht neues Ungemach, während ihr euch gegen die Aggressoren zur Wehr setzt.

Spannend erzählt

Für jede der einzelnen Fraktionen gibt's eine eigene Kampagne und im Zentrum der Polania-Kampagne, mit der ihr beginnt, steht zum Beispiel Widerstandskämpferin Anna Kos, die das Zepter in die Hand nimmt und für ihre Truppen als eine Art Jeanne d'Arc gilt. Die Inszenierung der Kampagnen ist King Art definitiv gelungen, es gibt regelmäßig Zwischensequenzen, die die Geschichte rund um den Konflikt der drei Parteien weiterspinnen. Die Erzählung hat den ein oder anderen Twist zu bieten und ist mehr als eine 08/15-Story. Ihr merkt von Beginn an, dass sich das Studio ein paar tiefgreifendere Gedanken darüber gemacht hat, wenngleich ihn nicht sämtliche Charaktere oder Situationen gelungen sind. Aber wie heißt es so schön: nobody is perfect. Spannend erzählt ist's auf jeden Fall.

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In den Kampagnen wechseln sich dabei verschiedene Missionsarten ab. In einem Einsatz seid ihr mit wenigen Trupps unterwegs und lasst besondere Vorsicht walten, während ihr dem Feind einen Bahnhof abknöpft. Im Nächsten baut ihr eine Basis, sammelt Rohstoffe und schickt Einheit um Einheit in die Materialschlachten. Oder eskortiert - ebenso mit anfangs beschränktem Einheitenkontingent - einen Zug durch mit Feinden gesäumtes Terrain, bevor ihr einen Stützpunkt errichtet, um für euren Zug die feindlichen Linien auf der anderen Seite einer Brücke zu durchbrechen. Je nach Mission und abhängig davon, wie gut ihr euch schlagt, variiert dabei die Spielzeit, an manchen Aufgaben sitzt ihr eine Stunde und länger.

Die Stars des Spiels

Zu den Highlights zählt definitiv, wenn größere Kampfverbände aufeinander treffen. Soldaten sprinten an den langsam stampfenden Mechs vorbei in Richtung der Frontlinie, während diese die ersten Geschosse in Richtung ihrer Gegner feuern oder ihre Maschinengewehre sprechen lassen. Aus dem Hintergrund feuert die Artillerie auf die feindlichen Stellungen, die Geschosse zischen durch die Luft und schlagen mit lautem Getöse ein, schleudern Soldaten und Dreck durch die Luft und erschüttern umliegende Einheiten.

Es sind diese Momente, in denen Sound und Grafik auf wundervolle Art miteinander harmonieren und euch das Gefühl vermitteln, mitten in dieser tobenden Schlacht zu stecken. Die Designs der Mechs präsentieren sich dabei abseits der Norm, was sie zugleich einzigartig macht. Das hier sind keine auf cool getrimmten Gefährte, King Art blieb auf dem Boden und setzte die Vorbilder, die ihr von den Bildern Różalskis und von Scythe kennt, ansprechend um. Ja, der Smialy der Polanier sieht auf den ersten Blick wie ein Mülleimer oder Boiler mit zwei Beinen und Armen aus, aber wer in seine fast Mech-große Repetierbüchse blickt, bringt dem Gefährt den nötigen Respekt entgegen, den es verdient.

Sieht aus wie ein Boiler auf zwei Beinen, ist aber dennoch cool und vor allem gefährlich. (Iron Harvest Test)

Und dabei ist es nicht mehr als eine Aufklärungseinheit, die auf ihre ganz eigene Art einschüchternd wirkt. Das gilt für die größeren Mechs umso mehr, zum Beispiel der "Serp" von Rusviet. Er ist größer als ein Haus und an seinen Armen sind zwei riesige Sensenklingen befestigt. Mit denen gerät nicht nur eure Infanterie ungern in Kontakt. Wer sich die Mechs genauer anguckt, entdeckt viele kleine Details und erfreut sich an den fein ausgearbeiteten Animationen, die ein Gefühl dafür vermitteln, wie diese Diesel-getriebenen Maschinen arbeiten.

Im Kern baut Iron Harvest wie sein Vorbild und im Grunde alle Strategiespiele auf dem Stein-Schere-Papier-Prinzip auf. Für jede Einheit gibt's das passende Gegenstück und wer Company of Heroes gespielt hat, findet sich hier sofort zurecht. Ihr habt zum Beispiel ganz gewöhnliche Soldaten, Grenadiere, Schützen mit Kanonen gegen Mechs (das Äquivalent zur Bazooka aus CoH) und Pioniere. Auch der Basisbau funktioniert ähnlich, ihr habt Hauptquartier, Kaserne und Werkstatt, baut Bunker und Verteidigungsanlagen, all das unter Berücksichtigung der beiden Rohstoffe Eisen und Öl, hinzu kommt das Einheitenlimit.

Ein paar Probleme

Zum Einsatz kommt obendrein ein Deckungssystem, das dem in Company of Heroes gleicht. Wie ich anfangs sagte, es könnte genauso gut Teil drei dieser Reihe sein... Punkte zeigen euch an, wo eure Einheiten Deckung finden, wenngleich nicht immer alles konsistent wirkt. Ab und an stellte ich mir die Frage, warum manche Bereiche keine Deckung bieten, obwohl sie aus der Vogelperspektive betrachtet so aussahen.

Damit einher gehen hier und da KI-Probleme, die sich nach Zerstörung ihrer Deckung des Öfteren mitten ins Getümmel stürzt, statt sich zur nächsten Deckung zurückzuziehen. Nicht die cleverste Taktik, vor allem wenn der Gegner Mechs mit Flammenwerfern ins Gefecht schickt und eure Leute grillt. Oder sie aufgrund dessen ins Unterdrückungsfeuer geraten und langsam über den Boden robben, zu leichten Zielen verkommen.

Die richtige Taktik entscheidet über Sieg oder Niederlage. (Iron Harvest Test)

Es sind kleine Flecken auf der abgesehen davon weißen Weste des Kampfsystems. Alles baut aufeinander auf, ergänzt sich und eine gute Planung ist entscheidend für den Erfolg. Eine Taktik, die ich in einer Mission einsetzte, war, mit einer Gruppe der schnellen Smialys einer gegnerischen Basis in die Flanke zu fallen, schnell zuzuschlagen und Einheiten sowie Gebäude zu attackieren und mich dann zu den in Sicherheit wartenden Pionieren für Reparaturen zurückzuziehen. Und das dann wiederholte. Die Taktik ging mit der Zeit auf, während ein kleiner Verband mit meinen starken Heldeneinheien die gegnerischen Truppen an anderer Stelle am Hauptziel - dem zu eskortierenden Zug - in Schach hielt.

Die Infanterie spielt damit trotz der kleinen KI-Makel eine wichtige Rolle, nicht allein im Kampf gegen Mechs, sondern ebenso beim Bau und der Reparatur. Sie nimmt Kontroll- und Rohstoffquellen ein, sammelt in der Gegend verstreute Ressourcen ein und schlachtet Wracks von zerstörten Mechs aus, wenn nicht gerade eine eurer Kampfmaschinen unbedacht durch die Überreste stampft und sie zerstört. Ein weiterer Punkt, in dem die KI ein wenig überlegter agieren könnte.

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Ein weiteres Problem ist die Geschwindigkeit mancher Mechs. Das ist im Grunde realistisch, wenn große Pötte langsam über die Maps stampfen, auf der anderen Seite zieht es sich und mit solchen Einheiten fällt es zum Teil schwer, schnell auf sich verändernde Bedingungen zu reagieren. Vor allem dann, wenn der Feind sie in ihre Einzelteile zerlegt und der ganze Prozess von vorne beginnt. Es ist ein zweischneidiges Schwert, da sie Zeit beanspruchen, um ihren Zielort zu erreichen, vor allem auf den größeren Karten. Und ihre Kampfkraft ist es wert. Auf der anderen Seite zwingt euch das zu taktischem Vorgehen und dazu, sie zu schützen, euch Gedanken über euer Vorgehen zu machen, wozu die gut ausbalancierten Fraktionen ihren Teil beitragen.

In solchen Momenten nimmt das ein wenig Tempo aus dem Spiel, wobei ich mir uneins bin, ob das gut oder schlecht ist. Es gibt mir noch einmal die Möglichkeit, mir Gedanken über meine Taktik zu machen, anstatt alle Einheiten blitzschnell zur Front zu befördern, ins Gefecht zu werfen und zu schauen, was dabei herauskommt. Auf der anderen Seite sind das Minuten, die dabei verstreichen und in denen wenig passiert, während ihr den großen Mechs bei ihren gemächlichen Bewegungen zuschaut und die schnelleren Einheiten ungeduldig in Wartestellung sind.

Iron Harvest Test - Fazit

Es gibt definitiv Dinge, die sich hier kritisieren lassen und bei denen die Entwickler vielleicht noch einmal Hand anlegen sollten, wenngleich es das Gesamterlebnis in Iron Harvest wenig trübt. King Art hat sich ein großes Vorbild genommen und am Ende eine Art Hommage und was Eigenes zugleich abgeliefert. Im Herzen ist das hier spielerisch und in manch anderen Elementen ganz klar Company of Heroes, indes verleiht die einzigartige Vorlage dem Spiel einen individuellen Touch, der es mit seinen faszinierenden Designs und der spannenden Geschichte auf eigenen Beinen stehen lässt. Wer sich nach mehr Company of Heroes sehnt, kommt um Iron Harvest nicht herum. Und wer Echtzeitstrategiespiele im Allgemeinen liebt, findet in King Arts Titel einen Garant für viele unterhaltsame Stunden.


Als Handelsversion hier erhältlich: Standard Edition oder Collector's Edition bei Amazon.de bestellen.


  • Entwickler / Publisher: King Art / Deep Silver
  • Plattformen: PC, PS4, Xbox One
  • Release-Datum: 1. September 2020 (PC), für Xbox One und PS4 später
  • Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
  • Preis: zirka 50 Euro

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