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Company of Heroes

Die teuflische Schönheit der Apokalypse

6. Juni 1944: Der Lärm ist beinahe unerträglich. Dunst verschleiert die alliierten Landungsboote, die sich mit großer Geschwindigkeit Omaha Beach an der Küste der Normandie nähern. Die Soldaten spüren die Vibration der mit voller Kraft schuftenden Schiffsmotoren. Eiskalte Gischt des Kanals peitscht Ihnen im Sekundentakt ins Gesicht. Angespannt starren die Männer auf den stark befestigten Strandabschnitt vor ihnen. Was genau mag sie dort erwarten? Werden sie da lebend durchkommen? Die Luft riecht nach Öl, Ruß und Blei …

Bei der Landung geht alles ganz schnell – ein mörderisches Unternehmen. Infanteristen und Pioniere stürmen aus den Booten, schreien durcheinander, viele erreichen den Strand gar nicht, sacken unter dem Geschosshagel der Achsenmächte bereits im Wasser tot in sich zusammen. Diejenigen, die es dennoch schaffen, arbeiten sich behände von Deckung zu Deckung vor, um den gegnerischen MG-Stellungen kein Ziel zu bieten. Pioniere räumen Hindernisse aus dem Weg, dann werden blitzschnell die Maschinengewehr-Nester ausgeschaltet. Mit einer Sprengladung machen die Männer den Bunker auf dem Hügel unschädlich und setzen ihren Weg ins Landesinnere fort …

Nichts beschönigt: Viele Soldaten der Landungstruppen lassen am D-Day ihr Leben.

Bereits in den ersten Minuten der Einzelspieler-Kampagne wird klar, was THQs „Company of Heroes“ von all den anderen WW2-Echtzeitstrategiespielen unterscheidet: Die Atmosphäre haut einen vom ersten Moment an um. Das Blut stockt in den Adern, wenn man seine Leute den Strand hoch schickt – das Geschrei, die donnernden Geschützsalven, das Gefühl, alle Mann seiner Truppe hier heil durchbringen zu müssen. Man spürt zumindest ansatzweise den Stress und die Hektik, die die wahren Akteure dieses Szenarios empfunden haben müssen – für ein “simples“ Computerspiel eine wahrhaft beeindruckende Leistung!

Schon die Landung in der Normandie sorgt für ungeahnte Adrenalinschübe – man fühlt sich mitten im Geschehen, spürt förmlich den Luftzug, wenn einem die Kugeln um die Ohren pfeifen. Doch es kommt noch intensiver: Im Folgenden gilt es, die Wehrmacht aus dem kleinen verwinkelten Städtchen Carentan zurück zu drängen. In jedem Gebäude können sich hinter den Fenstern deutsche Scharfschützen verbergen. Hinter jedem Haus könnte ein MG-Stützpunkt oder ein deutscher Panzer lauern. Stacheldrahtsperren erschweren das Vordringen – mit ihren Sprengladungen leisten die Able-Pioniere hier jedoch ganze Arbeit.

In Deckung!

Beim Abfeuern des Mörsers zieht der Schütze den Kopf zwischen die Schultern und hält sich die Ohren zu.

Ein ungeplantes Dreinschlagen bringt in „Company of Heroes“ gar nichts. Die Männer der Able-Kompanie müssen sich schon häppchenweise Sektor für Sektor vortasten. Nur wenn alle eroberten Abschnitte der Karte lückenlos miteinander verbunden sind, kann der Nachschub mit den drei Ressourcen Arbeitskraft, Munition und Treibstoff fließen. Je schneller also die Soldaten die entsprechenden Kontrollpunkte auf der Map einnehmen, desto eher bluten sie den Gegner aus und erschweren ihm den Gegenschlag.

Trotzdem nur nichts überstürzen! Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Irgendwie ahnt man ja, wo sich der Gegner verschanzt hat. Man braucht sich nur die Karte anzusehen und strategisch wichtige Punkte zu identifizieren. Dann bringen die Able-Helden ihre Mörser in Stellung und verarbeiten über Häuserblocks hinweg die Stützpunkte der Wehrmacht zu Kleinholz. Auch das ist äußerst spannend zu beobachten: da die Mörser nicht alle punktgenau treffen, fiebert man dem Moment entgegen, in dem eine Salve endlich voll ins Ziel kracht. Zoomt Ihr dabei ganz nah an den Mörser-Trupp heran, seht Ihr, wie die Jungs mit dem Rückstoß kämpfen, die Schultern hochziehen und sich die Ohren zuhalten. Apropos Ohren: Mit einer Surround-Anlage am Rechner verwandelt “Company of Heroes“ Euer Zimmer in ein monumentales akustisches Schlachtfeld. Selten klang das Rattern von Maschinengewehren so authentisch, kaum jemals hörte man in einem Spiel derart wuchtige Granateneinschläge! Fehlen nur noch die Bombenkrater im Fußboden.

Hell auf der Platte

Sind dann mal die bedrohlichsten Einheiten ausgeschaltet, können sich Maschinengewehrschützen und Infanterie wieder ein Stück noch vorne arbeiten – im Rücken geschützt von Panzerabwehrkanonen. Pioniere errichten für ihre Kameraden Sandsackbarrieren als Deckung, verminen die engen Zufahrtsstraßen zur eigenen Basis und errichten Panzersperren. Dabei sind sie nicht so wehrlos wie sie auf den ersten Blick erscheinen: mit ihren Flammenwerfern fackeln sie jeden Infanteristen ab, der der eigenen Stellung zu nahe kommt.

Ein Pionier verschanzt sich hinter einem zerstörten Fahrzeug und räuchert eine gegnerische Stellung aus.

Als Oberbefehlshaber der Able-Kompanie müsst Ihr Euch nicht um jeden Soldaten einzeln kümmern. Stattdessen steuert Ihr per Maus ganze Einheiten von Fallschirmspringern, Infanteristen, Pionieren, MG-Schützen, Mörser-Trupps etc. Aber auch denen könnt Ihr durchaus vertrauen: die Männer verhalten sich erstaunlich selbstständig und intelligent. Statt hirnlos ins gegnerische Feuer zu rennen, robben sie ganz von allein hinter die nächste Mauer oder ein nahes Fahrzeugwrack und nehmen jeden sich nähernden Feind aufs Korn. Bei MG-Schützen und Panzerabwehr könnt Ihr mit der rechten Maustaste die Schussrichtung vorgeben. Das macht Sinn, denn es dauert eine Weile, bis die Männer ihr Equipment aufgebaut und in Position gebracht haben – was übrigens auch wieder mit tollen detaillierten Animationen ins Bild gesetzt wird.

Eure Leute sind auch in der Lage, in jedem leeren Gebäude Schutz zu suchen – ideal für Scharfschützen und MG-Trupps, die sich dann hinter den Fenstern postieren und von dort aus den ahnungslosen Gegner mit bleihaltigen Überraschungen begrüßen. Pech allerdings, wenn Letzterer die Attacke mit Sprengladungen erwidert und das Haus samt Euren Leuten in eine Steinwüste verwandelt …

Ja, auch die Computergegner sind in “Company of Heroes“ nicht auf der Brennsuppe daher geschwommen! Sie quittieren Eure Aktionen mit ebenso intelligenten Gegenschlägen. Die Panzer der Achsenmächte greifen die Eurigen nach Möglichkeit von hinten an, um sie an ihrer schwächsten Stelle zu treffen. Auch die Wehrmacht verschanzt sich geschickt in Gebäuden. Und wenn Ihr beispielsweise mal eine ganze Straße frei räumen müsst, solltet Ihr Euch von den simplen Strategiegewohnheiten aus anderen Genre-Titeln verabschieden. Wenn Ihr hier versucht, nach Schema Eff einfach einen Kontrollpunkt nach dem anderen zu sichern, werdet Ihr eine unangenehme Überraschung erleben: Während Ihr Euch mit Euren letzten Kräften noch erbitterte Gefechte am vermeintlichen Ende des Sektors liefert, rückt der Nachschub des Gegners von hinten nach und verwickelt Euch in eine gnadenlose Zweifrontenschlacht.

Feng Shui

Wer in “Company of Heroes“ einen Feature-Overkill erwartet, kriegt ihn nicht – und wird trotzdem nicht enttäuscht! Die wichtigen Dinge sind alle da: eine ebenso umfangreiche wie abwechslungsreiche Einzelspieler-Kampagne und eine Reihe von 15 exquisiten Skirmish-Karten, die sich sowohl gegen den Computer als auch gegen menschliche Mitspieler zocken lassen. Der Schwierigkeitsgrad ist dabei flexibel einstellbar, aber auch auf „Easy“ schon nicht von schlechten Eltern.

Mit zwei Panzern nageln die Alliierten die letzte verbliebene Einheit der Wehrmacht fest.

Statt das Spiel mit vielen ohnehin kaum genutzten Optionen auszustatten, haben sich die Entwickler bei Relic Entertainment auf das Wesentliche beschränkt: Perfekt ausgearbeitete Missionen, die ständig neue Höhepunkte bieten. Am Ende sitzt man jedes Mal hochkonzentriert und bibbernd vor dem Monitor und hofft, dass einen die gegnerische Truppe nicht im letzten Moment doch noch in Grund und Boden bombt. “STÖR MICH JETZT NICHT, LIEBLING!!!“

Bei so viel Spannung hätte es in den Missionen die kleinen Nebenaufgaben zur Förderung der Motivation eigentlich gar nicht gebraucht. Ganz ehrlich: ob ich mir nun am Ende z. B. für besonders effizienten Scharfschützeneinsatz einen Orden ans Revers heften darf, ist mir ziemlich wurscht. Ich kann „Company of Heroes“ dadurch einfach nicht NOCH motivierter spielen als ich es ohnehin schon tue!

Technisch perfekt

In “Company of Heroes“ stimmt einfach alles – von der superkomfortablen Steuerung über die ganze Palette der realistisch agierenden und bestens ausbalancierten Einheiten bis hin zur hammerartigen Präsentation! Das Einheitenmanagement geht einem in Sekundenschnelle in Fleisch und Blut über – alle Möglichkeiten zur Auswahl bestimmter Squads, zum bewusst einfach gehaltenen Basisbau oder zum Aufrüsten liegen nur einen Mausklick entfernt. Im Kampf gewinnen die Soldaten übrigens auch an Erfahrung hinzu und können über einen mehrfach verzweigten Fertigkeitenbaum noch weiterentwickelt werden. Die Karten selbst sind stets überschaubar – selbst wenn man an mehreren Schauplätzen gleichzeitig kämpft, entsteht durch das (butterweiche) Hin- und Herscrollen keine zusätzliche unnötige Hektik.

Die Präsentation ist über jeden Zweifel erhaben. Relic brennt hier ein gigantisches grafisches und soundtechnisches Feuerwerk ab, bei dem man trotz allem Spielspaß eine Vorstellung davon bekommt, was für ein schmutziges Geschäft Krieg eigentlich ist. Es wird wohl kaum jemanden geben, der die zahlreichen hochdramatischen Zwischensequenzen ohne innere Anteilnahme einfach “konsumieren“ kann.

Ich nehme den Mund jetzt mal ganz voll: “Company of Heroes“ ist das perfekteste Spiel, das ich seit meinen ersten Berührungen mit der Games-Branche (1987!) in den Händen gehalten habe! Noch nie habe ich eine derart geniale Verbindung aus technischer Perfektion, hypermotivierendem Gameplay und überwältigender Präsentation gesehen. Hier gibt´s für mich kein “Ja, aber …“ mehr, keine Wünsche bleiben offen. Relic, “Sie haben gesiegt!“

Company of Heroes steht ab dem 29. September im Handel – die Schlachten mögen beginnen!

10 / 10

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