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Silent Hunter 5

Vorurteil über Bord!

Simulationen an sich sind nicht gerade als die peppigsten aller Spiele bekannt. „Spröde“, „zäh“ und „unzugänglich“ lauten die weniger schmeichelhaften Attribute, die einige für diese realismusbeflissenste aller Spielegattungen übrig haben. Oft brauchte man in der Vergangenheit eine lebhafte Fantasie, wollte man die Räume zwischen Statistik-Spreadsheets, auf statischen Kartenbildschirmen dargestellten Frontverläufen und kryptischen HUDs mit Atmosphäre und Spannung füllen. Spieltiefe und Authentizität kosteten halt oft den höchsten aller Preise, den ein derart audiovisuelles Medium wie das Computerspiel bezahlen konnte: Schau- und Unterhaltungswerte mussten regelmäßig draußen bleiben.

Diese (zugegebenermaßen gefühlten) Erfahrungswerte sind beinahe so alt wie das virtuelle Spielen selbst. Und auch, wenn die Simulationen an sich rein technisch immer ansprechender daherkommen, wird wohl erst Silent Hunter 5 sich mit beiden Händen daran machen, dem Rest der Spielewelt zu zeigen, wie feste eine Simulation die Immersionsschraube anziehen kann.

Im fünften Teil der altgedienten U-Boot-Schipperei, die erneut von Ubisoft Rumänien entwickelt wird, erlebt ihr euer deutsches U-34 des Typs VII das erste Mal aus der Ego-Perspektive. Durch die Augen des Kapitänleutnant bewegt ihr euch vom Heck bis zum Bug durch die grauen Innereien oder klettert auf den Kommandoturm, um euch den Geruch von Tang und Meersalz um die Nase wehen zu lassen.

Vorbei die Zeiten, in denen man auf Knopfdruck von einer Station zur nächsten wechselte und damit den achtarmigen See-Supermann gab. In Silent Hunter 5 hetzt ihr, oft auch unter Zuhilfenahme der Sprinttaste, durch den eisernen Bauch eurer schwimmenden Festung und brüllt euren polygonalen Offizieren und Ingenieuren die Befehle direkt ins Gesicht. Natürlich regelt die Crew auch ihre betrauten Aufgabengebiete recht potent von selbst. Ihr könnt zwar einen Schützen beordern, Flak oder Bugkanone zu bemannen, dürft aber problemlos auch selbst an Deck eures Kahnes klettern um die Feuerspeier manuell abzufeuern.

Dank der freien Bewegung durch das Schiff kommt man sich nicht mehr nur wie das Hirn einer schwimmenden Waffe vor.

Direkt und mehr oder weniger in Echtzeit mit seinen Mannen und den Stationen zu interagieren, mag vielleicht nicht die schnellste oder komfortabelste Art sein, die Belange des Schiffes zu regeln. Sie ist aber ohne jeden Zweifel die bisher hübscheste und atmosphärischste in einer derartigen Simulation. Gebt eurem Gott-Komplex gleich zu Beginn auf dem Kommandoturm einen kräftigen Schubser und Silent Hunter 5 saugt euch in sich hiein wie ein Ballasttank, der bei voller Fahrt geflutet wird.

Zugegeben, etwas mehr Panik und Tempo im Angesicht des drohenden Unterganges würde euren Untergeben gut zu Gesicht stehen. In der uns vorliegenden Version scheinen sie noch immer nicht begriffen zu haben, dass 1939 ist und Deutschland gerade Polen überfallen hat. Mal sehen, ob der beinahe mechanischen Mentalität der Kameraden für die finale Fassung etwas mehr Lebendigkeit injiziert wird. Ein Schritt in die richtige Richtung ist diese vollkommene Virtualisierung des Schiffes - man kann es nicht oft genug betonen - aber allemal.

Menschenscheue Gemüter haben durch den Kartenbildschirm, mit der frei justierbaren Außenkamera und durch das Angriffsperiskop, bei dem nun unten links das neue Taktische Interaktions-Interface (TAI) stufenlos vergrößert werden kann, natürlich immer noch die wichtigsten Funktionen nah beieinander. Tiefe, Kurs, Fahrt und die bis zu 5.000-fache Zeitbeschleunigung (die in unserer Version leider noch etwas zu übervorsichtig vom Spiel heruntergeschraubt wurde) sind nur einen Gedanken entfernt, während man sich überlegt, aus welcher Richtung man sich seinem Opfer nun nähern soll.

Auch wenn das hier schon gut aussieht: Standbilder werden dem Spiel nicht gerecht.

TAI und die in der Standardeinstellung aktivierten Torpedo-Zielhilfen stellen sicher, dass auch Anfänger in diesem ohnehin schon komplexen Spiel nicht verlieren und die grundlegenden Regeln des U-Boot-Kampfes recht schnell begreifen. Wer mag, stellt später die Noob-Hilfen ab und darf gerne den Kurs jedes einzelnen der schwimmenden Geschosse von Hand berechnen. Dennoch bietet auch die Variante mit Hilfen und Automatismen noch mehr als genug Spieltiefe, um normalsterblichen Ersten Offizieren Erfolgserlebnisse zu bescheren, die sich alles andere als hergeschenkt anfühlen.

Wie es aussieht, steht in Silent Hunter 5 nur noch das Typ VII U-Boot zur Verfügung. Diese Kürzung im Vergleich zum Vorgänger bedeutet allerdings keine wirklichen Abstriche im Umfang. Noch immer verfolgt ihr eine dynamische Kampagne, in der ihr selbst entscheidet, welche Einsätze ihr annehmt, und bestimmt mit euren Erfolgen oder Misserfolgen den Verlauf des Krieges – zumindest zwischen – laut Ubisoft – 1939 und 1943. Knapp 160 verschiedene, schön gestaltete Häfen und fast noch einmal halb so viele Luftstützpunkte, von der Ostsee bis zur Ostküste der USA und in den indischen Ozean, laden dazu ein, von euch besucht zu werden und deuten erneut eine Spielzeit von mehreren hundert Stunden an.

Dass diese Stunden alles andere als dröge Feindfahrt-Grinds werden, dafür sorgen in der mir vorliegenden Fassung, die ich etwa zehn Stunden spielte, bereits die umfangreichen möglichen Upgrades für Schiff und Crew, die der Serie schon immer so gut zu Gesicht standen. Und selbstverständlich die vielen Unabwägbarkeiten, die ein so realistisches Spielmodell in einer derart umfangreich simulierten Welt immer mit sich bringt. Immerhin reagieren die Feindfraktionen auf eure Missionswahl und -Fortschritte.

Silent Hunter 5 toppt übrigens sogar die hohen Ansprüche, die die Reihe seit jeher an ihre Grafik stellte: Die Wasser- und Seegang-Simulation ist dermaßen konkurrenzlos, dass ihr bloßer Anblick schon Skorbut auslöst. Himmel, Wolken, Wetterumschwünge sowie Tag- und Nachtwechsel gelingen der Engine so mühelos wie glaubwürdig. Und wenn ein getroffenes Feindschiff explodiert, Feuer fängt und beim Sinken schließlich dicke schwarze Rauchwolken aushustet, scheint das Bild einer nicht nur realistischen, sondern vor allem auch spannenden Simulation doch ziemlich komplett. Wie komplett, wird der Test der finalen Version Anfang März zeigen.

Silent Hunter 5 erscheint am 4. März für den PC.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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