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Turrican: Rise of the Machine: "Man kann sich nicht hinter aufwendiger Produktion verstecken"

Chris Hülsbeck über Turrican 4, Chiptunes in 2018 und die Wiederentdeckung des Amiga

Auf Turrican 4 müssen wir immer noch warten und ich denke, es kann auch noch ein wenig dauern. Aber es fällt aktuell leichter, sich dabei zu trösten, dass sogar Bubsy fortgesetzt wird. Denn zum einen beschert uns Bubsy: Return of the Woolies zwar kein gutes Spiel, aber ein paar gute Tracks von Chris Hülsbeck, und vor allem hat er schon mal den Soundtrack für ein neues Turrican vorweggenommen. Turrican: Rise of the Machine ist der Soundtrack zu einem Spiel, das nur in seiner Vorstellung existiert, aber von der Kickstarter-Backer-Community und ihren Ideen zusammengebaut wurde. Und sollte dieser Soundtrack ein Hinweis auf die Qualität eines neuen Spiels sein, dann steht uns eines Tages Großes bevor. Aber bis dahin: Hört Rise of the Machine, träumt ein wenig von verschachtelten Welten, Metroid-Herumrollen und einem Laserkanonen-Arm. Das und lest ein kleines Interview mit Chris Hülsbeck.

Chris Hülsbeck

Sollten die Jüngeren oder vergesslichen Alten unter euch nicht wissen, wer das ist, dann hier die Mini-Bio: 1986, als Queen mit Kind of Magic in den Charts stand, reichte Chris eine C64-Komposition namens Shades ein und gewann. Damals wurde nicht lang gefackelt, der Weg ging direkt weiter zu Rainbow Arts: Katakis, Great Giana Sisters, X-Out und natürlich Turrican. Mochtet ihr die Amiga-Musik von Secret of Monkey Island? Er war für die Umsetzung verantwortlich. Bis 2000 folgten mehr Aufträge von Factor 5 und LucasArts, seit 1997 betreibt er sein eigenes Musiklabel für Spielesoundtracks und pflegt die Turrican-Legacy mit Orchester-Konzert-Umsetzungen, einer umfangreichen Anthology und jetzt Turrican: Rise of the Machine. Das tut er auch gern mal von seinem Wohnmobil aus, mit dem er und seine Frau seit Jahren durch die USA kreuzen. Künstler brauchen halt Freiheit.

Turrican: Rise of the Machine auf Bandcamp

Eurogamer: Die wichtigste Frage zuerst: Ist das jetzt der Auftakt zu Turrican 4? Hast Du da was gehört, weißt Du da was?

Chris Hülsbeck: Leider nein, ich habe noch nichts Neues gehört und ich bin mir sicher, dass ich auch nichts sagen dürfte, wenn ich was wüsste. Die letzte offizielle Aussage von Factor 5 war, dass die rechtlichen Fragen geklärt sind, sodass theoretisch ein weiteres Turrican-Spiel gemacht werden könnte, aber das ist bisher alles, was wir dazu sagen können.

Eurogamer: Sofern Du jetzt nicht an einem irgendwie existenten Spiel entlang komponiert hast: Wie schreibt man einen Soundtrack für etwas, das es nicht gibt? Sind es mehr Freiheiten, die man genießt, oder bringt es mehr Hindernisse mit sich?

Chris Hülsbeck: Da haben wir unsere Kickstarter-Backer um Hilfe gebeten und Vorschläge für neue Turrican-Welten eingesammelt. Das ist gut angekommen und wir haben eine Menge Einsendungen erhalten! Mein langjähriger Freund Jan Zottmann hat dann daraus quasi ein komplettes Skript für die imaginäre Story des virtuellen Spiels gebastelt, was mir extrem geholfen hat, neue Melodien zu entwickeln.

Eurogamer: Die Referenzen zu älteren Titeln scheinen sich relativ in Grenzen zu halten, Bren in the Mirror nutzt zum Beispiel ein paar Anleihen, aber insgesamt klingen die Melodien frisch. Rise of the Machines ist also kein Turrican-Remix. Trotzdem würde ich beim ersten Hören von fast egal welchem Track sofort "Turrican!" sagen. Was definiert einen Turrican-Track für Dich? Was zeichnet den besonderen Sound der Serie aus?

Chris Hülsbeck: Das war genauso gedacht - Bren In The Mirror referenziert die alten Melodien und dreht sie dann auch musikalisch um, weil in der Story praktisch ein Anti-Bren auftaucht, den es zu besiegen gilt. Turrican-Musik hat als Stilelemente treibende Beats, oftmals rockig, mit Synthesizer-Sounds und eingängigen Melodien.

Eurogamer: Hast Du Tracks verworfen, weil Du dachtest "Das ist nicht Turrican"? Warum, was hatten sie, das Turrican nicht hat? Und wenn ja, wo können wir sie hören?

Chris Hülsbeck: Zum Glück habe ich keine Ideen verwerfen müssen, aber einige Stücke haben sich dennoch im Laufe der Entstehung etwas anders entwickelt als ich ursprünglich dachte. Aber ich habe tatsächlich kein Ausschussmaterial, das ich vorspielen könnte.

Eurogamer: Da Du ja auch viel mit Orchestern und modernen Studio-Möglichkeiten zu tun hast: Machen Chiptune-Kompositionen wie Rise of the Machines dem Komponisten das Leben leichter oder schwerer? Fühlst Du Dich von den Möglichkeiten - oder der Abwesenheit solcher - eingeschränkt oder inspiriert?

Chris Hülsbeck: Die Einschränkungen beeinflussen direkt, was man kompositorisch machen kann, denn wenn man nur wenige Stimmen oder Instrumente gleichzeitig spielen kann, dann muss man sich eben auf gute Melodien und musikalische Elemente konzentrieren. Man kann sich da nicht hinter vielen Tracks und aufwendiger Produktion verstecken. Insgesamt hat das alles aber doch einiges mehr Zeit gekostet, als geplant war, vor allem um guten neue Sample-Instrumente zu generieren.

Eurogamer: Chiptunes, Synthwave und andere "softe" elektronische Musik mit viel Retro-Flair schafft sich gerade eine gar nicht so kleine Nische. Gibt es eine neue Nachfrage nach dem echten TFMX-Sound oder greift die Jugend dann doch lieber zu moderneren Methoden?

Chris Hülsbeck: Es gibt tatsächlich einige Chiptune-Musiker, die ausschließlich mit Original-Hardware arbeiten. Ich persönlich würde lieber modernere Tools benutzen und den klassischen Sound nachempfinden, aber für Rise Of The Machine war das leider keine Option, da ich es so original wie möglich machen wollte.

Eurogamer: In einem der Backer-Updates hast Du geschrieben, dass die Vinyl-Edition sich verzögert, weil es einfach keine Kapazitäten bei der Produktion gibt. Wie muss man sich als Laie die aktuelle Landschaft der Plattenpresswerke vorstellen? Es gibt Tonnen an Veröffentlichungen, Bootlegs links und rechts noch dazu, wie läuft das aktuell da draußen, wenn man eine Platte rausbringen möchte?

Chris Hülsbeck: Die Vorlaufzeit für Vinyl liegt inzwischen im Durchschnitt bei ca. 3 Monaten, da die Nachfrage wieder gestiegen ist und es aber keine neuen Presswerke gibt. Die Hersteller der Hardware (Pressmaschinen) gibt es ja auch nicht mehr, deshalb wird sich die Situation in nächster Zeit auch kaum ändern.

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Eurogamer: Wer mehr Hülsbeck hören möchte, kann das mit dem etwas seltsam, aber sicher präzise betitelten Album "Royalty Free Music" tun. Was ist das denn?

Chris Hülsbeck: Das ist ein erstes Album dieser Art, das aus meinem Patreon-Projekt entstanden ist. Patreon ist eine Crowdfunding-Plattform für kleinere und fortlaufende Projekte. Jeder Fan oder "Patron" verspricht dem Künstler einen kleinen Geldbetrag pro Monat oder pro Kunstwerk (sei es Musik, Youtube Videos, Podcasts oder andere künstlerische Werke). Ich habe das vor ein paar Jahren angefangen um neue Musik für meine Fans zu erstellen, die nicht an irgendwelche Spielprojekte geknüpft sind und mir so mehr musikalische Freiheit gewähren. Anfang 2018 beschloss ich dann, alle Musik dort Royalty-Free (auch rückwirkend) zu machen - das heißt, jeder der da mitmacht, kann alle diese Stücke praktisch beliebig verwerten (außer die Musik alleinstehend weiterzuverkaufen).

Eurogamer: Wie sieht es mit weiteren TFMX-Projekten aus? Spaß an der Sache gehabt oder war es ein "lieber nicht noch mal..."?

Chris Hülsbeck: Vorerst bin ich sehr froh, dass das Projekt durch ist, denn es war durchaus frustrierend, mich nach all den Jahren mit immer besserer Musiksoftware wieder in das alte TFMX-System einzuarbeiten, mit den Limitierungen in Sachen Speicher und so weiter. Aber interessanterweise arbeite ich schon seit einiger Zeit an der Musik von einem neuen Amiga-Spiel einer spanischen Firma namens Mansion Games und dort kommt auch wieder der TFMX zum Einsatz. Noch darf ich keine Details dazu verraten, aber es ist spannend, dass es auch noch neue Entwickler gibt, die den Amiga wiederentdecken.

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