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Angespielt: Ich weiß jetzt, was Atlas Fallen ist. Und ich muss sagen, Deck13 hat sich eine Menge vorgenommen!

Legt ruhig schon mal ein bisschen Geld zurück. Könnte sein, dass ihr es im Mai brauchen werdet.

“ACH NÖÖÖÖ!” entfuhr es mir, als nach dem Bosskampf ein Trailer aufpoppte, der mir signalisierte: “Das war es für dich jetzt erst mal mit Atlas Fallen”. Ich wunderte mich selbst ein wenig, wie viel Empörung in der reflexhaften Lautäußerung lag. Aber das war wohl der Moment, in dem mir klar war: Deck13 muss etwas richtig gemacht haben. Bei einem Spiel, das sich so viel vornimmt, wie dieses hier, will das schon was heißen.

Dabei begann es für mich gar nicht mal so gut. Ich wurde ohne größeren Kontext für unseren Helden und den Geist, der in seinem magischen Panzerhandschuh sein Dasein fristet, in eine Höhle geworfen, in der mir als Erstes die gestelzt-esoterische englische Vertonung auffiel, und das nicht gerade positiv. Drückte bei mir einfach die falschen Knöpfe. Und das tat ich auch, ich wusste beim besten Willen nicht, was ich tat und warum. Die ersten Kämpfe hindurch hatte ich schwere Probleme mit Ausweichen und Parieren der eigentlich großzügig vorab telegrafierten Angriffe dieser Sandgegner. Ja, man könnte sagen, ich hatte eingangs Schwierigkeiten mit Atlas Fallen. Vor allem der Überblick über die Lage kam mir regelmäßig abhanden.

Ich finde den Look der Welt ziemlich himmlisch.

Als ich dann unter freiem Himmel war, lief es urplötzlich besser, insbesondere, weil das Spiel mit seiner himmlischen Fortbewegung einen Weg in mein Herz fand. Denn, seht ihr, der magische Handschuh sorgt dafür, dass unser Held eins mit dem Sand ist – gewissermaßen – und ihn reiten kann, wie ein Surfer die Wogen eines besonders trockenen Meeres. Besser als ein Surfer sogar, denn eurem Avatar ist es egal, ob es den Berg hinauf- oder hinuntergeht. Solange Sand unter seinen Füßen ist, zieht er elegant schlingernd seine Bahnen. Als würde jedes einzelne Körnchen Silikat tüchtig mithelfen, ihn vorwärtszutragen.

Der Sand, mein neues Zuhause

Das fühlt sich so gut an, dass man beinahe traurig ist, wenn man mal ein saftiges Stück Restwald in dieser untergegangenen Welt erreicht, oder mal eine felsige Klippe erkundet. Dann spürt man die schwere Rüstung und das Gewicht des muskelbepackten Heldenkörpers beinahe physisch auf sich lasten. Sobald es wieder auf den Sand geht, muss man unweigerlich grinsen. Das bedeutet nicht, dass die normale Fortbewegung Deck13 nicht auch gut gelungen wäre. Im Gegenteil. Doppelsprünge mit viel Airtime, ein, später sogar zwei Dashes in der Luft, das ist schon reichlich mobil, was hier passiert und komplementiert das Dünenschlittern bestens. Aber es sind schon zwei verschiedene Modi, in denen man sich bewegt: halsbrecherisches, aber in Sachen Präzision verzeihendes Plattformer-Gehüpfe einerseits und das entspannte Zen-Cruisen beispielsweise eines Journey andererseits.

Dass ich das so sehr mag, liegt sicher auch daran, dass diese Welt einfach toll aussieht. Möglich, dass es auf andere weniger anziehend wird, aber hier mutet selbst das Felsgestein, das stellenweise wie riesige, schartige Schwerter aus dem Boden ragt und wunderbar zerklüftete Panoramen aufwirft, fremd und … nun ja, nicht von dieser Welt an. Dazu immer wieder markante, menschengemachte Gebäude in unterschiedlichen Stadien des Vergehens, die viel über die alte Zivilisation zu erzählen scheinen. Und über allem schwebt, wie ein titanischer Grabstein mit bösen Augen, am Horizont der Watcher und blickt drohend auf die Reste dieses Reiches herab. Es ist die gute Sorte eskapistischer Abtransport in eine fremde Umgebung, die Atlas Fallen einfach draufhat.

Man kann Atlas Fallen auch im Koop spielen. In der Preview-Version ging das aber noch nicht.

Was es ebenfalls drauf hat, ist, sich viele, viele Gedanken zu seinen Systemen zu machen. Ich kann noch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob auch jeder Einfall und jedes verzahnte Miteinander dieser unterschiedlichen Mechanismen so greift, wie das angedacht ist. Was aber jetzt schon klar ist: Es macht Spaß, damit zu experimentieren! Im Kern läuft es so: Mit gelandeten Attacken prügelt ihr allmählich eine Momentum-Leite in die Länge. Die ist in drei Stufen unterteilt und je weiter ihr vordringt, desto größer werden eure magischen Sandwaffen – im Preview-Build ein Schwert und eine Axt, die auf separaten Tasten liegen – und dadurch mehr Schaden anrichten. So beschleunigt ihr längere Kämpfe nach hinten raus massiv.

Auch gläserne Kanonen sind aus Sand gemacht

Das geht allerdings in beide Richtungen, denn hohes Momentum bedeutet auch, dass ihr mehr Schaden einsteckt. Ihr werdet also nach und nach zur “Glass Cannon”, was die Spannung durchaus anzieht, manchmal aber auch dazu führt, dass ein Fight sehr plötzlich vorüber ist. Das Gute: Wird euch ein Kampf zu heiß, zieht ihr mit den beiden Triggern gleichzeitig die apokalyptische Option und entladet das bisher aufgebaute Momentum in einem gewaltigen Angriff, der mächtig Schaden anrichtet.

Das nächste interessante Detail: Mit der Zeit findet ihr immer mehr Essenz-Steine, die ihr in den Handschuh einarbeiten könnt. Diese Klunker sind Skills, die ebenfalls entlang der drei Stufen organisiert sind. Auf jeder Stufe dürft einen aktiven und drei passive platzieren, sofern ihr die Slots dafür freigeschaltet habt. Allerdings sind alle Skills entlang der Momentum-Leiste platziert, was bedeutet, dass sie erst funktionieren, wenn dieser Balken das entsprechende Fähigkeiten-Symbol erreicht hat. Das führt natürlich dazu, dass ihr ein wenig mit dem Setup eures “Gauntlets” herumspielt und ein wenig Raum zum Optimieren habt. Ich hatte in der Preview-Version schon diverse unterschiedliche Essenz-Steine, überlegte, welche ich wo platzierte, und in welchen ich als Erstes meinen knappen Essenzstaub investieren sollte, um ihn auf den nächsten Level aufzurüsten.

Auch im Kampf schlittert ihr so weit der Sand reicht.

Es macht schon einen Unterschied, ob ich einen Stein einsetze, der mir verspricht, dass ich oft eine Heilung nicht verbrauchen werde, wenn ich sie benutze, oder einen, bei dem nach einem Schmetterangriff fünf Sekunden lang kreisförmig Area-of-Effekt-Schaden angerichtet wird. Ebenfalls cool ist, dass die Gegner eure Mobilität auch abfragen. Zu fliegenden Feinden zieht man sich hinauf und darf nach jedem Treffer ein weiteres Mal einen Dash in der Luft vollführen. Schnell mixte ich Juggles und Schmetterattacken Richtung Boden im Wechsel und fühlte mich gut dabei. Selbt die Paraden saßen immer besser und gefielen mir dann recht gut, weil sie einen Feind für Momente versteinern. Auch hier eröffnet sich dann eine Option: Auf den nun Wehrlosen einschlagen, oder die Gelegenheit nutzen, die Übermacht kurz ein wenig eingedämmt zu haben und sich den anderen Feinden zuwenden?

Herr Ober, da ist Sand in meiner Krabbe!

Besonders große Feinde benötigen mehrere Paraden in Folge, um sie auf diese Weise lahmzulegen. Bei dem großen Krabbenmonster wehrte ich drei Scherenschläge hintereinander so ab und durfte mir dann einen seiner mehreren Schwachpunkte als Ziel aussuchen. Einige Ungeheuer verfügen über Körperteile, die nach ihrer Zerstörung besondere Belohnungen fallen lassen. Auch darauf, diesen Teil des Spiels genauer zu analysieren, freue ich mich jetzt schon. Insgesamt ist das Spiel definitiv mehr Devil May Cry mit laxerem Timing als ein Soulslike. Man muss schon ein wenig nachdenken und planen, wie man einen Kampf angehen will, anstatt blind draufzuhauen. Das Momentum-System lässt euch den Schwierigkeitsgrad ein Stück weit selbst justieren. Ich denke, anspruchsvolle Spieler kommen hier ebenso auf ihre Kosten wie Leute, die kein allzu hohes Anforderungsprofil erfüllen möchten.

Technisch macht Atlas Fallen bisher einen soliden Eindruck. Ich spielte am PC und entdeckte die eine oder andere etwas hastig über Felskanten tapezierte Textur und die Charaktergesichter waren nicht gerade am Rande der Cutting-Edge animiert. Die schönen Sandeffekte, die Sichtweite und das allgemeine Erscheinungsbild der Welt lassen diesen Titel aber dennoch optisch sehr attraktiv erscheinen.

Drei bis vier Mal schlägt die Krabbe mit der Schere auf den Boden. Ein guter Zeitpunkt für eine Serie an Paraden.

Damit hätten wir wohl endlich ein wenig mehr Klarheit, was Atlas Fallen eigentlich ist. Ich muss sagen, ich bin positiv überrascht und freue mich auf den Test. Es hilft, dass dieses Spiel die Ränder seiner Welt nicht allzu klar definiert und man sich ständig fragt, “kann ich auch dorthin?” oder “komme ich da hinauf?” und oft genug ein “Ja” als Antwort zu bekommen scheint. Und dass die Gegner mehrheitlich aus Sand bestehen und auch wieder zu diesem zerfallen, sobald man sie besiegt, unterstreicht, wie konsequent Atlas Fallen seine Linie fährt. Das ist schon stark, scheint in seinen Systemen involvierend und visuell-gestalterisch ziemlich einladend. Ich freue mich darauf, diese Wüste eingehender zu durchkämmen.

Entwickler: Deck13 – Publisher: Focus – Plattformen: PC, PlayStation 5, Xbox Series S/X – Release: 16. Mai 2023 – Genre: Open-World Action-RPG

In diesem artikel

Atlas Fallen

PS5, Xbox Series X/S, PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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