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Vernichtung von "Killerspielen" in Stuttgart

Unterm Amoklesschwert

Deutlich wurde auch: Wenn Herr Schober davon spricht, künftig vielleicht den Dialog suchen zu wollen, kann dies immer nur in eine Richtung gehen: Es könne das gemeinsame Ziel sein, einen Weg zu finden, Gewalt aus Spielen herauszunehmen. Die Häme wegen des beinahe leeren Containers nahm Schober gelassen und wertete die Aktion trotzdem als Erfolg. „Es geht hier vor allem um die Symbolik.“

Mit Dirk Bloksma, dem stellvertretenden Vorsitzenden des AAW-Fördervereins, stellte sich ein sehr offener Vertreter den Eurogamer-Fragen. Die angespannte Lage, die zwischen den beiden Gruppierungen im Vorfeld geherrscht hatte, sei zum Teil von den Medien bewusst geschürt worden, meinte er. Natürlich sind auch einige Spieler nicht unschuldig an der Situation. „Wir haben im Zuge des Vergleichs mit der Bücherverbrennung der Nazis unter anderem Mails bekommen, die mit dem Hitlergruß endeten. Geht’s noch?“

Bloksma sprach sich dafür aus, den bestehenden Jugendschutz konsequenter umzusetzen. Mittels Testkäufen etwa, wie sie Familienministerin Ursula von der Leyen bereits angedacht hatte – damit Minderjährigen keine Erwachsenen-Spiele verkauft werden. Diese Idee von Stichproben in Geschäften wurde bekanntlich wieder verworfen. Dazu sagt Bloksma: „Viele fahren mit dem Auto 140, wo nur 120 erlaubt ist. Würde die Polizei nicht kontrollieren, würden viele 180 rasen.“

Das Ergebnis der „Killerspiele“-Sammelaktion, Stand: 16 Uhr.

Ebenso müsse das Bewusstsein der Eltern geschärft werden. „Also bitte nicht immer nur die eine Aktion von uns sehen. Unsere Aufgabe ist es, die gesamte Gesellschaft zu betrachten.“ Er unterstrich aber auch, dass er grundsätzlich nichts von übertriebener Gewaltdarstellung hält. „Ist es ein existenzielles Grundrecht, dass man alles sieht? Ich weiß, man muss aufpassen, dass man nicht in Richtung Zensur geht. Es ist aber eine moralische Frage: Muss das wirklich sein?“

Im Gespräch mit Bloksma wurde allerdings auch deutlich, dass es mit dem Wissen in Sachen Computerspiele eher dünn aussieht. Er gibt zu, sich selbst noch nicht mit Actiontiteln befasst zu haben. „Ich mag‘s nicht. Mich schüttelt‘s und ekelt‘s.“ Welche Vorurteile manche Medien auslösen, zeigt eine weitere Aussage von ihm: Er erzählt, was er für Schauergeschichten gehört hat. „Von Spielen mit einer Kettensäge, mit der du einen zersägen musst. Ob’s diese Spiele in Deutschland gibt, weiß ich nicht, aber allein der Gedanke ist pervers.“

Als wir ihm erläutern, dass Eltern ihren Kindern Spiele ab 18 zugänglich machen dürfen, wenn sie dies wollen, ist er schockiert: „Ich als Erwachsener darf das Gesetz aushebeln und einem Zwölfjährigen erlauben, ein Erwachsenen-Spiel zu spielen?“ Er hört aber interessiert zu, als wir ihm die Unterschiede zwischen einem USK-18-, einem indizierten und einem beschlagnahmten Titel aufzeigen. Vielleicht wäre er ein guter Ansprechpartner für künftige Gespräche, wie sie sich gestern auch die Vertreter der Piraten wünschten. Deren Sprecher Konstantin Lübeck sagte: „Wir haben uns schon angeregt unterhalten, das Aktionsbündnis hat ja auch viele gute Ziele.“ Adressen seien bereits ausgetauscht, um den Dialog suchen zu können. Ob dies letztlich alles nicht nur Lippenbekenntnisse sind, muss sich zeigen.

Provokant: Diesen Slogan trug ein Computerspieler auf seiner Jacke.

Eine unschöne Szene erlebten wir dann doch noch: Mit Sebastian Salveter, einem Studenten aus Stuttgart, war ein Spieler reichlich sauer. Das AAW hatte es ihm zunächst untersagt, in den Container zu schauen, weil er nichts einwerfen wollte. „Ich fand das sehr unfreundlich. Immerhin ist das doch eine öffentliche Aktion, bei der man sich informieren soll, oder?“

Letztlich durfte er doch gucken. „Ich kann verstehen, dass diese Leute dramatische Geschehnisse in ihren Familien hatten und das verarbeiten müssen. Es aber auf andere Menschen zu projizieren ist nicht die richtige Art.“ Wenn man solche Aktionen starte, müsse man sich außerdem wenigstens vorher über Spiele informieren, sonst habe das aus seiner Sicht einen gewissen Stigmatisierungshintergrund. „Man sollte nicht alle Spieler diskriminieren, nur weil es darunter ein paar schwarze Schafe gibt.“

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