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Lightfield Hyper Edition - Test: Wenn aus oben plötzlich unten wird

Gott sei Dank gibt es das nicht in VR…

Futuristisches Rennspiel mit spannendem Ansatz. Spielt sich flüssig, hat aber wenig Strecken und Optionen und eine zu große Lernhürde.

Stellt euch vor, ihr würdet in der Schwerelosigkeit ins Auto steigen. Um zu fahren, wie ihr es gewohnt seid, müsstet ihr nicht nur aufs Gas drücken, sondern einen zusätzlichen Mechanismus betätigen, der dazu führt, dass das Auto auf der Straße haftet. Ziemlich genau das macht ihr in Lightfield. Das Spiel des Wiener Entwicklerstudios Lost in the Garden ist bereits im September vergangenen Jahres für PS4 und Xbox One erschienen und gerade erst neu in der Lightfield Hyper Edition auch für Steam. Sein Alleinstellungsmerkmal ist die sehr freie Streckenführung, die es euch grundsätzlich selbst überlässt, wie ihr von einem Checkpoint zum nächsten kommt: schwebend oder auf einer Oberfläche haftend. Ich kann hier nicht „Boden" schreiben, denn ein Oben und Unten sieht Lightfield nicht vor. Es sind oft Röhren und Tunnel, dann wieder in der Schwerelosigkeit schwebende Platten, über die ihr euch fortbewegt.

Die Architektur in Lightfield Hyper Edition wirkt teilweise durchaus beeindruckend. (Lightfield Hyper Edition - Test)

Am wichtigsten ist die Erkenntnis, dass ihr angeheftet an eine Oberfläche bedeutend schneller seid als in der Schwerelosigkeit. Was ihr also zwangsläufig macht, ist immer nach der nächsten Oberfläche Ausschau zu halten, an die ihr euch anheften könnt. Hin und wieder werdet ihr aber dazu gezwungen loszulassen - entweder weil eure Plattform schlichtweg aufhört, oder weil sie mit dem nächsten Streckenabschnitt einen 90-Grad-Winkel bildet. Bleibt ihr in dieser Situation angeheftet, fahrt ihr gegen die Wand und explodiert. Wer Lightfield meistern will, muss also die Zeit minimieren, in der sich euer Racer in der Luft befindet und so lang wie möglich angeheftet bleiben. Tatsächlich ist das die zentrale Mechanik im Spiel, denn die Strecken selbst bieten keine allzu große Herausforderung. Die Maximalgeschwindigkeit ist schnell erreicht und gegnerische Vehikel stören euch nicht weiter, mit ihnen zu kollidieren ist nicht möglich, ihr fahrt einfach durch sie hindurch.

Im neuen Kampagnenmodus müsst ihr nacheinander bestimmte Herausforderungen meistern. (Lightfield Hyper Edition - Test)

Im Gegensatz zum Original ist in der Hyper Edition die Möglichkeit neu hinzugekommen, im lokalen 2er- und 4er-Splitscreen-Multiplayer Zeitrennen zu fahren, ein neues Tricksystem gibt es außerdem. Soll heißen: Wenn ihr besondere Manöver durchführt, werden die vom Spiel registriert und in einer Liste gespeichert, die ihr euch nachträglich ansehen könnt. Ihr könnt die Tricks also sammeln - wenn ihr das wollt. Am wichtigsten dürfte aber der Kampagnenmodus sein, in dem ihr nach und nach zwölf Kapitel mit jeweils zwischen zwei und sechs Rennen abschließt. Darin müsst ihr jeweils eine bestimmte Herausforderung meistern: beispielsweise so viele Sterne sammeln wie möglich, durch diverse Checkpoints fahren oder erfolgreich und vor allem oft driften. Dafür gibt es wiederum Medaillen. Nur: Der Kampagnenmodus fühlt sich nicht wirklich an wie eine Kampagne, er erzählt keine Geschichte, sondern fühlt sich eher an wie eine Reihe von Achievements, die ihr entweder erreichen könnt oder eben nicht.

Das bringt mich zu einem Hauptkritikpunkt an Lightfield Hyper Edition. Es fehlt die Abwechslung. Das Spiel enthält insgesamt nur sieben Strecken und genau einen Typus von Fahrzeug. Als Modi stehen euch Zeitfahren und gewöhnliche Rennen zur Verfügung. Die könnt ihr zwar jeweils alleine gegen Bots und sowohl online als auch lokal gegen menschliche Zeitgenossen spielen. Durch gewonnene Rennen und Tricks sammelt ihr Erfahrungspunkte, die ihr wiederum braucht, um neue Strecken freizuschalten. Aber ein bisschen mehr hätte es schon sein dürfen. Wer mag, kann auf den einzelnen Strecken noch auf die Suche nach Sammelobjekten gehen, die nochmal ein bisschen mehr Erfahrungspunkte bringen, nur wirklich lohnend ist das nicht. Es hilft aber immerhin, die Strecken ein bisschen besser kennenzulernen, denn nur wenn ihr in Lightfield Hyper Edition den schnellsten Weg kennt, habt ihr Erfolg. Auf der anderen Seite heißt das aber auch: Habt ihr diesen einmal verinnerlicht, gewinnt ihr eigentlich immer.

Die farbigen Spuren eurer Kontrahenten helfen euch, sie zu verfolgen. (Lightfield Hyper Edition - Test)

In einem Blog haben die Entwickler geschrieben, dass sie nach der Veröffentlichung bemerkt haben, dass Lightfield zu sehr ein Spielzeug ist und zu wenig Spiel. Ich weiß, was sie damit meinen. Ihr könnt mit eurem Gleiter viel herumalbern, Tricks ausprobieren und die Strecken erkunden. Wenn euch das Spaß macht, ist das Spiel sogar ziemlich entspannend, wozu der sehr angenehme Elektro-Soundtrack seinen Teil beiträgt. Aber, wie die Entwickler selbst feststellen, hatte das Spiel zu wenig Struktur. Der Hyper Edition merkt man nun deutlich an, dass sie versucht haben, daran zu arbeiten, die Kampagne ist genau deshalb die wichtigste Neuerung. Und es gelingt ihr durchaus, den Spieler ein bisschen an die Hand zu nehmen, sie ersetzt aber nicht das so wichtige Fleisch, das Lightfield nach wie vor an seinen Knochen fehlt. Was wäre ein Mario Kart mit nur sieben Strecken und nur einer fahrbaren Figur? Nicht so erfolgreich vermutlich. Bitte nicht falsch verstehen, die grundlegende Mechanik, dass ihr euch an Oberflächen anheften könnt und müsst, ist toll - aber sie ist nicht genug, um diesen Mangel auszugleichen.

Staudamm und Tunnel - dieses Gebilde ist beides. (Lightfield Hyper Edition - Test)

Das, was das Spiel an Strecken hat, ist dafür teilweise optisch beeindruckend. Die Strukturen wirken auf ihre retrofuturistische Art seltsam fremd und fühlen sich ein bisschen an, als hätte eine weit überlegene Alien-Rasse sie gebaut, um die mickrigen Menschen darin zu Unterhaltungszwecken Rennen fahren zu lassen. Enge Passagen wechseln sich mit großen, freien Landschaften ab und die Entwickler spielen gut mit der Tatsache, dass es ein oben und unten nicht gibt. Etwas, das auf den ersten Blick aussieht wie ein Staudamm, entpuppt sich beim zweiten Hinsehen als kreisrunder Eingang in ein Tunnelsystem, ein in der Ferne am Horizont sichtbarer Turm, wird später zum Teil der Rennstrecke, um den ihr frei herumkreisen könnt. Dieser ständige Perspektivwechsel ist faszinierend und verwirrend gleichermaßen und irgendwie freue ich mich sehr, dass ich das nicht in VR spielen muss. Die Übelkeit wäre garantiert - das oder es wäre das Beste überhaupt.

Lightfield Hyper Edition enthält auch einen lokalen Mehrspielermodus. (Lightfield Hyper Edition - Test)

Unterm Strich funktioniert Light Field Hyper Edition als das, was es sein will, ganz gut. Die grundlegende Mechanik macht Spaß, das Anheften an Oberflächen hat etwas Befriedigendes. Aber das Spiel hat zu wenige Strecken, es gibt im Grunde nur ein Fahrzeug und der Kampagnenmodus ist kaum mehr als ein ausgebautes Achievement-System. Das Spiel kann entspannend sein, wenn ihr euch auf die Erkundung der Strecken konzentriert und dass die Entwickler einen lokalen Mehrspielermodus integriert haben, ist lobenswert. Wenn euch das Futuristische mit dem hohen Tempo lockt, kann das den kleinen Preis durchaus wert sein, aber als echtes Spiel ist auch die Hyper Edition noch nicht angekommen.


Entwickler/Publisher: Lost in the Garden/Lost in the Garden - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: 14,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Nein

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