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Playerunknown's Battlegrounds - DAS Spiel für die halbe Stunde, wenn das Kind mal nicht brüllt

Einmal alles mit Sahne, bitte. Aber schnell.

Man soll's nicht glauben, aber so sehr die Tage als mehr oder weniger frischgebackener Vater miteinander zu verschwimmen scheinen, so irrsinnig viele neue Erkenntnisse gewinnt man täglich. Erst letzte Woche fand ich etwa heraus, dass neun Stunden Schlaf auf drei Tage verteilt problemlos machbar sind - und bishre hbae cih kenie Nebenwriknungen fetstellen knönen! Ehrensache, dass der Kleine sich direkt an das Projekt macht, von dieser Bestmarke noch die eine oder andere Minute abzuschleifen. Der nächste Groschen, der fiel, so in etwa Freitag in geselliger Runde, war, dass meine zu begeistertem Augenrollen anregenden "Dad-Jokes" endlich nicht mehr deplatziert wirken. Gut für mich, eine Geduldsprobe für den guten Geschmack meines Umfelds.

Aber (etwas ernsthaft übermüdeten) Spaß beiseite: Mit das Erste, was mir in diesem neuen Lebensabschnitt auffiel, ist zugleich das Offensichtlichste. Die Zeit, die man mit sich selbst und seinem liebsten Hobby verbringen kann oder will, wird auch dann noch knapp, wenn man von Berufs wegen Videospiele spielt. Die letzten zwei Jahre über hat sich mein Spielverhalten ohnehin schon stark gewandelt, weg von Zeitfressern und hin zu Titeln, die meine Minuten respektieren und es verstehen, das maximale Entertainment-Kapital aus einem kleinen Zeitfenster zu schlagen. Jetzt, wo jede Minute schieres Gold wert ist, ist mein Blick für effektiv spaßbudgetierendes Gamedesign noch mehr geschärft als zuvor und ich merke, was für eine Kunst es doch ist, binnen eines kurzen Zeitraums eine besonders große Bandbreite an Erlebnissen zu liefern. Playerunknown's Battlegrounds hat sie mit seinem fabelhaft einfachen Regelwerk perfektioniert.

Wenn man trotz der vollen 30 Euro im Steam Summer Sale durchweg auf Platz eins der Verkaufscharts ist, hat man irgendwas richtig gemacht.

Es fällt nicht schwer, zu erkennen, warum dieses Jeder-gegen-jeden für 100 Spieler jeden einzelnen seiner jetzt schon vier Millionen Käufer verdient. Ihm reicht eine halbe Stunde, mehr braucht es nicht, will man den Kitzel eines motivierenden Loot-Zyklus erleben, die taktische Planung seines Vorgehens, das Verwerfen dieses Plans während einer atemlosen Flucht. Die Fingerknöchel bleichende Spannung, wenn man einem Gegner hinterherschleicht, der einen garantiert noch nicht - oder doch!? - gesehen hat. Vermeintliche Ruhephasen nach einem gewonnenen Gefecht, in denen einem das Adrenalin noch in den Ohren klingelt, während man überlegt, ob es zu riskant ist, die Überreste seines gefallenen Widersachers zu plündern. Das gelungene Flankiermanöver, mit dem man gleich zwei Gegner erwischte, und wieder die Freude über einen Schalldämpfer oder eine bessere beziehungsweise andere Waffe, mit der man seine Vorgehensweise im auf engstem Raum geführten Endgame eventuell noch optimieren kann.

Selten hat man einen derartigen Puls im Hals schlagen, dass es fast den Spielsound übertönt, während man in einem Busch hockend darauf hofft, dass ein besser ausgerüsteter Gegner an einem vorbeirennt. Wenn man seinen ersten Schuss daneben setzt und auf einmal vom Jäger zum Gejagten wird. Irgendwann setzt sie immer ein, die Panik, ob man die stetig schrumpfende, zu bespielende Zone der acht mal acht Kilometer großen Insel rechtzeitig erreicht - und aus einem Winkel, der einem direkt eine aussichtsreiche Position bringt, wo dann hoffentlich nicht schon jemand auf einen wartet. Dann wieder trügerischer Frieden, in dem man sich selbst nie zu verschnaufen gestattet, sich immer wieder paranoid umschaut, ob man nicht schon längst gestalkt wird. Und zwischendrin immer wieder riskante Fahrmanöver auf klapprigen Motorrädern über Stock und Stein, die einem entweder den Hals retten - oder ihn brechen. Das alles ist es, wofür vier Millionen Spieler Battlegrounds lieben.

Durch die cleveren Updates bleibt das Spiel immer in Bewegung: Demnächst krempelt zum Beispiel eine Kletterfunktion das gesamte Kartendesign noch einmal gehörig um, wenn man auf einmal auf jedes Umgebungsobjekt gelangen und sogar aus Fenstern springen kann.

Nicht viele Spiele - und wenn, dann auch eigentlich nur die, die man ohnehin mit Battlegrounds in Verbindung bringt, die entsprechenden Mods für Arma, DayZ, H1Z1 - oszillieren dermaßen gekonnt und heftig zwischen Ruhe- und Actionphasen. Hier steht so viel auf dem Spiel und gleichzeitig nichts, was sich nicht binnen kürzester Zeit ersetzen ließe. Es ist fast schon paradox, was für eine situative Spannung hier zuverlässig aufgebaut wird. Alles nur für ein "Chicken Dinner" (googelt das ruhig), das nur einer haben kann.

Und doch: Jeder gewonnene Schusswechsel und jedes Erreichen der letzten 20 fühlt sich an wie ein Sieg. Der Gedanke, dass da noch mehr gegangen wäre, wenn man nur dieses oder jenes anders gemacht hätte, spielt trotzdem unentwegt mit. Noch bevor man darüber nachdenken kann, den Computer auszuschalten, ist man im Kopf schon bei der Manöverkritik, will direkt von vorne loslegen - was man dann auch tut, wenn der Nachwuchs mitspielt.

Wer sogar eine Stunde Zeit hat, erlebt, sofern er nicht zu aggressiv spielt und früh von jemand Aufmerksamerem aus dem Match gekegelt wird, in kürzestem Zeitraum zwei bis drei ausgedehnte emotionale Berg- und Talfahrten, die andere Spiele über zehn Stunden Kampagne auswalzen. Dieses Spiel dagegen schreibt auf engstem Raum spannende Geschichten, bleibt immer dynamisch und fühlt sich auch in seiner Kürze wie eine vollauf erfüllende Spiele-Session an. Dafür sind wir - ich und mein schmales Zeitkonto - Battlegrounds und seinem Schöpfer Brendan Greene gerade endlos dankbar.

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