Skip to main content

Sid Meier's Starships - Test

Der Weltraum... unendliches Streiten.

Trotz Schwächen auf der Strategieebene und in der Präsentation: Starships ist ein motivierendes, wenngleich etwas eintöniges Taktikspiel.

Bevor man sich an Sid Meier's Starships heranwagt, sollte man vielleicht die Erwartungen erden, die die Wortkombination aus dem Titel unweigerlich weckt. Das hier ist kein gigantischer neuer Abendfüller mit vier großgeschriebenen "X", sondern ein nettes kleines Taktikspiel für zwischendurch, das es hier und da ganz gut hinbekommt, euch länger zu beschäftigen, als ihr es eigentlich geplant hattet. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Ebenso solltet ihr in Sachen Präsentation weder die kräftige, knallige Adrenalinpumpe eines XCOM erwarten noch die erhaben-erbauliche Weltsimulation eines Civ. Da Starships auch auf dem iPad funktionieren soll, wirkt hier alles regeltechnisch zwar schlüssig und motivierend, aber auch ein bisschen mit enger geschnalltem Gürtel gestaltet. Fast schon behelfsmäßig wirken viele der handgezeichneten Menühintergründe oder Portraits in den Diplomatiebildschirmen. Als hätte man es hier einfach bei den Konzept-Artworks belassen, die sich in der frühen Entwicklungsphase so ansammelten. Und auch einige Übersichtsbildschirme hätten... nun ja... mehr Übersicht vertragen können.

Die Präsentation ist - mit Ausnahme der Raumschiffe und der Musik - ein wenig freudlos geraten.

Starships hat also - rein visuell - den Charme eines Brettspiels und viele Indies von The Last Federation bis hin zu Starpoint Gemini 2 bekommen ferne Welten und fremde Zivilisationen besser hin - übrigens: Warum zur Hölle ist die einzige Grafikoption am PC das Umschalten zwischen Vollbild- und Fenstermodus!? Derartige Querelen ändern jedoch nichts an der Tatsache, dass Sid Meier natürlich immer noch einiges von Taktik versteht. Auch hierin liegt jedoch eine Einschränkung versteckt. Die übergeordnete Strategie, während ihr auf einem Hexfeld Planet um Planet unter euren Einfluss bringt, ist ebenfalls etwas flach ausgefallen. Erfüllt Missionen (im Taktikmodus) für einen Planeten, macht hier und da mal Landurlaub und errichtet eine Stadt und schon bald schließt er sich eurem Reich an. Der Diplomatiefaktor ist beinahe irrelevant, was wohl besser ist, denn mehr als den Krieg zu erklären und leise zu betteln, ob man nicht doch Frieden schließen sollte, ist nicht drin.

Die KI-Kontrahenten bestechen den Spieler regelmäßig mit Ressourcen, damit er sie nur in Frieden ließe. Derartige Winkelzüge sind dem Herren oder der Dame an Maus und Tastatur aber nicht vergönnt. Ebenso schließt man keine Bündnisse, um etwa einen übermächtigen Aggressoren gemeinsam anzugehen. Euer Beitrag auf galaktischer Ebene beschränkt sich darauf, euch das passende Ziel rauszupicken und in jeder Runde einfach alle der nachwachsenden Ressourcen in die Verbesserung eures Reiches zu stecken. Etwas geistlos ist das deshalb, weil fast nirgends ein Budgetierungskonflikt entsteht: Zusätzliche Städte errichtet man mit Nahrung (vergrößern Rohstoffproduktion), Modernisierungen mit Metall (wiederum Erhöhung der fortlaufenden Rohstoffproduktion) und Energie fließt in Raumschiffverbesserungen. Forschungspunkte steigern unterdessen die Kapazitäten eurer Flotte, die ihr leider niemals splitten dürft, um euch an zwei Fronten gleichzeitig zu verteidigen.

Lediglich ob man nun ein neues Wunder erreichten will oder seine Planeten modernisieren, da muss man selbst Prioritäten setzen, da beide Verbesserungen nach Metall verlangen. Wer aber genügend Modernisierungen baut, verdient irgendwann von selbst so viel Blech, dass sich diese Frage nur noch bedingt stellt. Wenn der Laden einmal läuft, dann brummt er. Die übergeordnete Strategie beschränkt sich demzufolge darauf, die eigene Heimatwelt durch Nachbarplaneten abzuschirmen und zuzusehen, dass die Flotte möglichst viel Energiepunkte für die Rüstung zur Verfügung hat. Die typischen Firaxis-Siegbedingungen - Bevölkerungssieg, Wundersieg, Herrschaftssieg, Wissenschaftssieg - sind angesichts dieser schmalen Möglichkeiten eher etwas, das man opportun und kurzfristig anpeilt, anstatt langfristig und gezielt darauf hinzuarbeiten. Einmal erreichte ich zufällig einen Wissenschaftssieg, was sich dann natürlich deutlich weniger triumphal anfühlte. Das Spiel war danach einfach vorbei.

"Dieses Spiel ist nichts für große Strategen. Stattdessen lebt es von seinem robusten Taktikrundenkampf der selbst errichteten und aufgerüsteten Flotte."

Man ist mehr mit Raumaufteilung befasst als mit interplantetarischen Ränkespielen.

Ihr seht schon: Dieses Spiel ist nichts für große Strategen. Stattdessen lebt es von seinem robusten Taktikrundenkampf der selbst errichteten und aufgerüsteten Flotte. Denn die ist - wen wundert's bei dem Namen? - das Herzstück von Starships. Durch den großzügigen Zufluss von Rohstoffen für die Schiffproduktion habt ihr in jeder Runde viel Budget für Verbesserungen an euren Schiffen. Laser (schwache Langstreckenwaffe), Plasma (starke Kurzsstreckenwaffe) und Torpedos (Fliegen drei Züge entlang einer festgelegten Bahn und können auf Knopfdruck detoniert werden) sind eure primären Angriffsoptionen und können wie alles andere auch in acht Stufen aufgeplustert werden.

Mehr Panzerung und Schilde, schnellere Antriebe, Tarnung und Sensoren sowie eine Jägerstaffel die man statt eines Angriffs oder einer sonstigen Aktion starten kann, bieten reichlich Gelegenheit für Spezialisierung. Dass man die dann auch direkt am Raumschiff sieht, ist ein schönes Extra - auch wenn es nett gewesen wäre, sich die Raumer etwas genauer anzusehen. Die automatische Kamera, die autonom entscheidet, welches Schiff ihr gerade seht, verwirrt momentan noch ein wenig. Warum verweilt sie nicht auf demjenigen, das ich gerade aufrüste?

Auf dem mit Asteroiden und miteinander verbundenen Warptoren gefüllten Schlachtfeld dürft ihr dann entscheiden, ob ihr zuerst zieht und dann eine Aktion vollführt oder erst zum Beispiel feuert und euch dann bewegt. Auch Mischen ist möglich. Mitten im Zug eine Salve abzugeben, weil sich gerade eine Lücke zwischen den Asteroiden ergibt, die den Feind vor euren Lasern schützen? Kein Problem. Es spielt sich ungemein flott, eingängig und wenn man erst einmal beginnt, Ablenkungsmanöver mit Jägern zu starten oder getarnte, schnelle Korvetten in den Rücken eines Feindes zu manövrieren - wo die Panzerung eines jeden Schiffs am dünnsten ist -, freut sich der Taktierer.

Das 'Alexander-Manöver': alles raus, was keine Miete zahlt (wenn es denn ein Torpedo ist). Erstaunlich wirksam.

So gut das Regelwerk auch funktioniert, so wenig ist es aber dennoch vor einer gewissen Bequemlichkeit gefeit. In meinem Fall gab ich schon recht bald die Spezialisierungen auf und verließ mich durchweg auf schnelle Zerstörer mit maximal aufgerüsteten Torpedos. Der Spam mit diesen Marschflugkörpern ist einfach zu mächtig, um ihn nicht zu nutzen. Fast immer war es für mich eine gute Idee, direkt zu Beginn einer Schlacht jedes seiner Schiffe einen abfeuern zu lassen. Ein Torpedo rechts an den häufig gruppiert beginnenden Feinden vorbei, einen links, um ihren Bewegungsradius einzuschränken. Die Torpedoflugbahnen eurer übrigen Schiffe sollten sich überschneidend und gefächert auf die goldene Mitte zielen.

Ein Torpedo hat einen recht großen Area of Effect und kann so gleich mehrere Schiffe in den Tod reißen. Es ist wirklich glorreich, wenn einem ein solcher Schuss gelingt. Aber irgendwo weiß man auch, dass es nicht ganz die große Taktik ist, sich darauf zu verlassen, dass die KI im gleißenden Kondensstreifenlametta den Durchblick verliert. Trotzdem: Möglichkeiten gibt's genug und der eine oder andere hat vielleicht größere Ambitionen als ich, sie auch einzusetzen. Nur weil ich mit dem atomaren Sperrfeuer so gut fuhr, muss euch das nicht zwangsläufig genauso gehen.

Starships ist, was es ist. "4X Extra Light", ein nettes, kleines Taktikspiel, das ein gutes Tempo geht. Aber es versprüht aufgrund der genannten Schwächen bei Einzelheiten lange nicht die Wertigkeit, die man sonst von Firaxis gewohnt ist. Optionale "epische" Kartengrößen und "unmögliche" Schwierigkeitsgrade täuschen zu Beginn noch Langlebigkeit und Tiefe vor, die weder die Strategieebene noch das motivierende, aber auf Dauer etwas gleichförmige Taktieren hergeben. Im Gegenteil: Sid Meier's Jüngstes ist eher für ein paar Runden zwischendurch auf übersichtlichen Maps robust aufgestellt.

Wenn das gut für euch klingt, werdet ihr vielleicht doch überrascht sein, wie häufig ihr die Fäuste in die Luft reißt, weil sich gleich zwei feindliche Zerstörer im Torpedohagel in Sternenstaub verwandelten, oder wie schnell aus "noch ein, zwei Zügen" mal wieder eine geschlagene Stunde wurde.

Schon gelesen?