WRC - FIA World Rally Championship
A bit Räikkönen.
So sehr ich die Colin-McRae-Spiele früher mochte, umso weniger kann ich mich mit dem ganzen X-Games-Klamauk anfreunden. Damit möchte ich nicht sagen, dass die letzten beiden Ableger schlechte Spiele waren, nur haben sie eben nicht mehr besonders viel mit der klassischen Rallye-Action zu tun. Rallycross und Co. machen zwar auch Spaß, aber die eigentliche Königsdisziplin, das Einzelzeitfahren, vorbei an Bäumen und Schluchten, kam in einem DiRT 2 viel zu kurz.
„Endlich wieder Rallye!" dürfte also das Leitmotto von WRC – FIA World Rally Championship sein. Endlich wieder nur ich, mein Beifahrer, die Stoppuhr, das Auto und die unberechenbaren Strecken. „Endlich!" vor allem wieder ein realistisches Rallye-Spiel mit offizieller FIA-Lizenz, nachdem Sony die PS2-Episoden eher stiefmütterlich behandelt hatte. Gleichzeitig stellt sich allerdings auch die Frage, welche Erwartungshaltung man gegenüber einem offiziell lizenzierten WRC-Spiel hat. In meinem Falle eine ziemlich hohe, bin ich doch sowieso einer dieser Leute, die von realistischen Rennspielen nie genug bekommen. Und bis zu einem gewissen Grad enttäuscht Milestones Spiel in dieser Hinsicht auch nicht.
In die wohl wichtigste Komponente, die Fahrphysik, haben die Italiener viel Energie gesteckt. Erwartet kein Arcade-Verhalten wie in DiRT 2, aber auch keine beinharte Simulation wie im etwas betagten Richard Burns Rally. Wer in WRC unbeschadet die Ziellinie überqueren möchte, muss üben. Am besten zuerst mit allen Fahrhilfen. Dann lenkt das Spiel bei Drifts intelligent nach, unterstützt euch beim bremsen und lässt die Heckschleudern nicht so schnell ausbrechen. Ohne die Hilfen werden die Fahrten über Schotter, Matsch oder Asphalt gleich deutlich schwieriger. Einmal zu spät oder zu stark gebremst, schon rutscht ihr in den nächststehenden Felsen. Oder Baum. Oder Haus. Oder Leitplanke.
Zurückspulen ist dabei nicht. Wer den Wagen schrottet, lebt mit den Konsequenzen oder startet neu. Richtig driften will erstmal gelernt sein, insbesondere weil die WRC-Autos zum Übersteuern erst mal überredet werden müssen. Was in breiten, langgezogenen Kurven noch einigermaßen einfach funktioniert, möchte etwa bei der Schweden-Rallye, die mit ihren engen Fahrspuren mitsamt schneebedecktem Untergrund ein wahres Biest ist, perfektioniert sein.
Hilfreich hierfür wäre eine Art Fahrschule gewesen, wie man sie auch aus Richard Burns Rally kennt. Zwar hat Milestone die WRC-Akademie implementiert, der offiziell als Trainingsmodus beworbene Menüpunkt entpuppt sich aber eher als Challenge-Mode, in dem ihr die jeweilige Zeit des Geisterfahrers schlagen müsst. Hilfreich hierbei ist die mehrfarbige Ideallinie, die Einlenkpunkte wie auch das Zusammenspiel zwischen Gas und Bremse anhand der Rundenzeit des Geists grafisch veranschaulicht. Mit ihr lernt man zwar den richtigen Kurvenwinkel sowie die korrekte Kurvengeschwindigkeit, zum Beispiel für Spitzkehren auf Schotter, Fahrtechniken wie etwa den Scandinavian Flick, der ständig im Ladebildschirm erwähnt wird, erlernt man so aber nicht.
Richtiges Fahren wird somit getreu dem „learning by doing"-Motto selbst beigebracht. Schritt für Schritt tastet ihr euch dabei an die Strecken und die Eigenheiten der 60 Fahrzeuge heran, bemerkt, dass sich der Bolide auf Schotter anders verhält als auf Asphalt. Enttäuschenderweise wird dies nicht über die Vibration des Controllers vermittelt. Eine immer stärker werdende Vibration, wenn man beispielsweise beim Driften dabei ist, das Heck zu verlieren, wäre wünschenswert gewesen, genauso wie das Durchschütteln des Gamepads nach einem Sprung.
So rumpelt es zwar ein wenig nach dem Zusammenprall mit der Streckenbegrenzung, ein ordentliches Feedback für die unterschiedlichen Untergründe oder eben als Warnhinweis fürs Ausbrechen des Fahrzeugs sind Fehlanzeige. Interessant ist hingegen das Konzept beim Verlassen der Strecke. Fahrt ihr zu sehr neben der Linie, setzt euch das Spiel binnen von Sekunden wieder automatisch auf die richtige Spur. Milestone lässt einem zwar einen gesunden Spielraum, sodass Verbremser oder kleinere Ausflüge in die Pampa nicht sofort in einem automatischen Teleport resultieren, unfaires Abkürzen sowie ermogelte Bestzeiten sind dadurch aber zum Glück nicht möglich. Gut so.