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Japan und der PC - Ein Annäherungsversuch

Wieso das Land den PC meidet und warum es sich ändern sollte.

Ich war ziemlich überrascht, als im vergangenen Jahr plötzlich eine Version von Metal Gear Rising: Revengeance auf Steam zum Vorverkauf auftauchte. Noch überraschender empfand ich die Preispolitik: reduziert auf 20 Euro, inklusive des kompletten DLC-Angebots. Für Vorbesteller sogar noch etwas günstiger. Kurz vor der Veröffentlichung blieb nur noch die Frage nach der Qualität der Portierung. Immerhin erarbeiteten sich japanische Entwickler auf dem PC-Markt keinen guten Ruf mit peinlichen Katastrophen wie Dark Souls oder dem Deadly Premonition: Director's Cut, die beide erst durch den Modder Durante gerettet werden mussten.

Trotz einiger Probleme zum Start gehört Metal Gear Rising: Revengeance zu den besten japanischen Ports und bewies gerade anhand seiner Beliebtheit, dass viele Studios im fernen Osten aktiv unerschlossene Märkte missachten. Zwar besitze ich keine genauen Verkaufszahlen, allerdings befand sich der Titel für knapp zwei Wochen permanent unter den meistverkauften Spielen auf Steam. Außerdem sorgte es für einen erneuten Publicity-Schub. Ich hatte sogar das Gefühl, mehr über Revengeance zu lesen als bei der ersten Veröffentlichung ein Jahr zuvor. Konami verschaffte sich damit also nicht nur erneute Verkäufe, sondern ebenfalls positive Resonanz der Spielerschaft. Sicherlich kein schlechter Schachzug.

Also warum genau mussten wir so lange darauf warten? Immerhin hätte man sich schon viel früher darauf konzentrieren können. Warum mussten PC-Spieler so oft leer ausgehen, was japanische Produkte betrifft? Solange sich das Spiel nicht im Shooter-Genre wie die letzten Resident-Evil-Ableger befindet, scheinen japanische Publisher und Entwickler gar nicht erst an eine PC-Portierung denken zu wollen.

Der Lichtblick der japanischen PC-Behandlung.

Sicherlich liegt diese Vorgehensweise stark in der japanischen PC-Beziehung begründet. Wer in Japan spielen will, geht entweder in eine Arcade-Halle, kauft sich eine Konsole oder benutzt unterwegs sein Handy beziehungsweise Tablet. Den PC betrachten die Meisten noch immer als reines Arbeitsgerät. Sie assoziieren die Maschine nicht mit Spielen und besitzen dementsprechend keine hochwertigen Geräte. Deshalb finden dort nur technisch anspruchslose Spiele höheren Anklang, für die niemand auf dem neuesten Stand sein muss. Mehrere MMOs und vor allem Visual Novels bilden hier den Großteil des flachen Genre-Spektrums.

Den PC betrachten die meisten Japaner noch immer als reines Arbeitsgerät.

Mit dem Erfolg von Metal Gear Rising: Revengeance zeichnet sich hoffentlich ein Wandel für die Zukunft ab, bei dem immer mehr japanische Studios den Wert des PC-Marktes erkennen. Sie hatten schon immer Schwierigkeiten damit, ihre eigenen Vorstellungen von denen des Westens zu trennen. PC-Versionen erschienen ihnen also niemals wirklich wichtig, weil sie auf dem japanischen Markt keine Erfolge feierten.

Kleine Änderungen an dieser veralteten Einstellung lassen sich jedoch bereits erkennen. So ist Final-Fantasy-Producer Yoshinori Kitase ebenfalls daran interessiert, künftige Teile der Rollenspielserie auf den PC zu bringen. Auch bei Capcom scheint es zumindest Überlegungen zu geben. Einem der Community-Manager zufolge sollen Fans ihre Wünsche nach PC-Versionen älterer Titel wie God Hand an die Öffentlichkeit tragen. Genaue Angaben zu möglichen Portierungen gab es bisher nicht, doch auch in Bezug der neuen PC-Version von Resident Evil 4 erschien eine ähnliche Aussage des Mitarbeiters. Besonders Capcom besitzt mit den Titeln des aufgelösten Clover-Studios viele Kultklassiker, die auf Plattformen wie Steam neuen Anklang finden könnten.

PC-Spieler warten noch immer auf eine Umsetzung von Dragon's Dogma.

Vielleicht erschließt man sogar genügend Interesse, um einzelne Serien neu zu beleben. Gerade erst vergangene Woche erschien die Mitteilung von Kotaro Uchikoshi, dass er seine unter Fans beliebte Zero-Escape-Reihe nicht fortführen kann, weil sich das Spiel in 'Japan' zu schlecht verkauft hat. Er bittet um Unterstützung seiner zukünftigen Spiele und hofft so, doch noch ein drittes Zero Escape machen zu dürfen. Genau hier käme eine Portierung der ersten beiden Spiele für den PC gerade recht. Als Visual Novel wäre es sicherlich kein schwieriges Unterfangen. Stattdessen sollen Spieler seine nächsten Titel kaufen, die wahrscheinlich wieder nur auf der PlayStation Vita oder dem 3DS ohne Marketing dahinter erscheinen? An eine Veröffentlichung auf Steam denkt man erst gar nicht. So abwegig erscheint es dem Japaner.

Ich persönlich bin kein starker PC-Spieler. Aber ich bin Fan von guten Spielen und blicke traurig auf eine Vergangenheit, in der Japan mal wieder durch die eigene Engstirnigkeit sicheren Umsätzen aus dem Weg ging. Lange haben sie sich geweigert oder oft schlechte Portierungen abgeliefert, bei denen man ihnen die Gleichgültigkeit gegenüber dem PC anmerkt. Schluss damit! Ich möchte keine Ausreden mehr hören. Wenn das Studio selbst nicht dazu in der Lage ist, dann beauftragt man jemanden, der es kann und keine hingerotzte Arbeit abliefert, bei der die Community schlussendlich die Probleme beseitigt. Die japanische Spieleindustrie befindet sich seit Jahren auf einem langsamen Abstieg und trotzdem stellt man sich gegen einen nötigen Wandel. Ich hoffe inständig, dass Metal Gear Rising: Revengeance den Knoten zum Platzen bringt. So könnte Japan einsehen, dass der PC keine verlorene Plattform ist.

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PlayStation Vita, Nintendo 3DS

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Björn Balg

Freier Redakteur

Freier Autor und wahrscheinlich der letzte Mensch ohne einen Facebook-Account. Liebt Trash und verbringt zu viel Zeit mit dem Ansehen von Katzenvideos.
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