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Metal Gear Rising: Revengeance (PC) - Test

Prädikat schwertvoll: Kojimas Cyborg-Ninja gibt's jetzt auch in 1080p

Eines der waschechtesten Konsolenspiele fand seinen Weg nicht nur auf den PC, sondern profitiert noch einmal von der besseren Technik.

Kojima Productions und Platinum Games haben haargenau eine Sache gemeinsam: Beiden kann man eine ganz spezielle Sorte Wahnsinn diagnostizieren, wie sie einem nicht alle Tage begegnet. Und doch produzieren sie so unterschiedliche Spiele, dass man beinahe meint, diese beiden könnten niemals zusammenkommen. Genau das ist 2013 mit Metal Gear Rising: Revengeance aber passiert und wie erwartet hat sich in der Mixtur der Wahnsinn nur noch potenziert. Raidens zweite Hauptrolle vollendet die Wandlung vom weinerlichen Fan-Prügelknaben zum coolen Star des zugleich wildesten und doch kontrolliertesten Actionspiels des letzten Jahres.

Dass dies so geklappt hat, war alles andere als selbstverständlich, denn ursprünglich wollte Kojima Productions den schon 2009 angekündigten Titel selbst entwickeln. Irgendwann streckte man aber heimlich still und leise die Waffen. Erst im Laufe des Jahres 2011 fand man mit Platinum Games (Vanquish, Bayonetta) ein neues Zuhause für das Spiel, das mit seinem temporeichen Schwertkampf eine deutliche Abkehr vom Rest des Metal-Gear-Universums darstellte. Die Wahl des Teams stellte sich als absoluter Glücksgriff heraus, denn es gibt wohl keine geeignetere Feuerwehr für diese Sorte überspitzter Action als Atsushi Inaba und seine Leute.

Best-Case-Szenario

Natürlich wurde so im Zuge dessen aus MGR ein überaus vorwärtsgerichteter, energiegeladener und, ja, auch kurzer Ritt durch Raidens Leben nach Metal Gear Solid 4. Es ist vermutlich Zeugnis der bewegten Entwicklungsgeschichte, dass das Spiel zu jeder Zeit wirkt, als wäre es aufs absolut Notwendigste heruntergekocht. Lediglich die Geschichte aus der Regie von Kojima Productions, die sich in Codec- und Zwischensequenzen über euch ergießt, garniert dieses ebenso kompromiss- wie schmucklose, aber eben auch ehrliche und 100 Prozent pure Schwertgewitter.

Rising nimmt sich bei Weitem nicht so ernst, wie es hier den Anschein hat.

Es gibt kaum einen Titel dieser Spielart, der dermaßen offensiv angelegt ist. Eine Ausweichrolle oder ein Block findet sich nicht. Sturmgewehrsalven aus der Distanz entgeht man, indem man per "Ninja-Run" wie die Sechs-Millionen-Dollar-Variante von Obi-Wan Kenobi die Kugeln mit dem Schwert vom Schirm wischt, bis man in Armlänge zum Gegner das Problem etwas nachhaltiger behebt. Das Neutralisieren oder- im besten Fall - Kontern eines Nahkampfangriffs geschieht, indem man ebenfalls schlägt: In Richtung der gegnerischen Attacke und mit haargenau dem richtigen Timing. Sitzt die Parade, darf Raiden in einen analogen Schneidemodus wechseln, bei dem sich die Zeit verlangsamt und er mit gezielten Bewegungen des rechten Sticks seinem Feind erklärt, wie die Metapher mit der Butter und dem heißen Messer gemeint ist. Größeren Gegnern, wie etwa den Gecko-Mechs oder den spektakulären Bossen zerteilt er zunächst die Schwachpunkte oder einzelne Waffensysteme, bevor er im Ninja-Lauf zum Beispiel von einer Rakete zur nächsten springend dem Aggressor aus der Luft ein Ende macht.

"Hoch konzentriert und jederzeit verdammt aufregend ist MGR eine Herausforderung, sich in der Perfektion seiner Kampfeskunst zu ergehen."

Hoch konzentriert und jederzeit verdammt aufregend ist MGR eine Herausforderung, sich in der Perfektion seiner Kampfeskunst zu ergehen. Der Weg auf Normal zum durchgehenden S-Ranking zu kommen, ist für normalsterbliche schon hart genug. Die die mehr wollen, versuchen direkt im Anschluss am nächsthöheren Schwierigkeitsgrad das gleiche Kunststück noch einmal. Fans von DMC 3, die mit Ninja Theory's furios-kreativem, aber eben auch weniger technisch ausgelegten Neustart der Reihe nicht glücklich wurden, werden hier unter Garantie richtig, richtig glücklich. Das brillante Vollgas-Kampfsystem passt einfach zu dem Irrsinn, der dem Spiel zu jeder Sekunde ins Gesicht geschrieben steht. Zum Beispiel, wenn sich ein futuristischer Cyborg Ninja und sein Roboter-Hund in einer lateinamerikanischen Stadt mehr schlecht als recht als Mariachis samt Sombreros tarnen. Nur für den Weg vom geparkten Auto bis zum Gullideckel versteht sich, der drei Meter weiter in die Kanalisation führt.

Geduld zahlt sich aus

Technisch gesehen ist die PC-Neuauflage rundheraus gelungen. Zwar kann auch sie die stellenweise problematische Kameraführung nicht retten, aber gestern wie heute ist das definitiv kein Dealbreaker. Sauberer und schneller flitzte Raiden jedenfalls nie über den Bildschirm, auch wenn schon auf Konsole weitestgehend die 60 Bilder pro Sekunde gehalten wurden. Ein Launcher wird nicht verwendet, alle Einstellungen geschehen komfortabel und nahtlos über die Spielmenüs. Optisch sind vor allem die Kanten dank 1080p und MSAA nun noch sehr viel glatter, die Fernsicht klarer, was dem Gesamtbild sehr zu Gute kommt. Die Zeiten, in denen "Konsolen-Port" ein Schimpfwort war, sind wohl endgültig vorbei. Auch die drei DLC-Missionen und die bisher erhältlichen Kostüme für Raiden sind mit im Paket enthalten. Abgesehen davon sollten PC-Spieler wenig mehr erwarten, als eine höher aufgelöste und eben visuell sauberere Version des PS360-Spiels. Und dem konnte man das Hin und Her seiner Entwicklung durchaus ansehen. Industrieanlagen, Ostblock-Ruinen und Kanalisationen wirken bisweilen etwas generisch und arm an Höhepunkten. Doch die weiß ja zum Glück das Spielgeschehen regelmäßig umso pointierter selbst zu setzen.

In einer Zusatzmission spielt ihr als Bösewicht Jetstream Sam.

Daher bleibt mir wenig anderes übrig, als Björns geradezu hymnischen Test der Konsolenversion von Anfang letzten Jahres zu unterschreiben und die technisch saubere und mit nicht einmal 20 Euro ziemlich günstige Neuauflage jedem PC-Spieler wärmstens zu empfehlen, dem es bei diesen Ausführungen in den Fingern juckt. Ein Controller ist natürlich Pflicht, aber wenn in den kommenden Jahren die Konsolenspiele weiter in derart großem Stil den Weg auf den PC finden, kommt man um eine solche Anschaffung so oder so nicht mehr lange herum.

Egal, wie oft sich MGR nun auf dem PC verkaufen wird. Es wird in jedem Fall ein Unikat bleiben. Einzigartig in seiner Entstehung, seinem Flair und seinem Verständnis von Action. Wie eine gute, alte Flasche Wein, die ihr in dieser Form nie wieder bekommen werdet, solltet ihr jedes Bisschen davon genießen.

9 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Metal Gear Rising: Revengeance

PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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