Overcooked 2 - Test: Zu viele Köche verderben nicht immer den Brei
Der zweite Teil baut auf den Stärken des Vorgängers auf.
Schnippeln, Putzen und Braten steht auf dem Programm. Und das alles nach Möglichkeit gleichzeitig oder in zeitnaher Folge. Währenddessen tickt im Hintergrund die Zeit, denn die hungrigen Gäste warten auf ihre Bestellungen. In der Küche herrscht reger, hektischer Betrieb. Im Vordergrund steht die Maus und hackt den Fisch in Streifen, während hinter ihr ein weiterer im Dampfgarer vor sich hin blubbert. Auf der anderen Seite der Küche kümmert sich die Katze um das Fleisch, das nach dem Zerkleinern und Mischen mit einer Portion Mehl ebenso im Bambuskörbchen landet. Bevor es seinen Weg dorthin findet, stellt die Katze es auf der Fläche in der Mitte ab, damit die Maus sich darum kümmert.
Die Hektik nimmt Überhand, das Piepen des fertigen Gerichts bohrt sich immer lauter, schneller in meine Ohren. Die Maus hetzt in Richtung Dampfgarer. Just als sie ankommt, geht diese in Flammen auf. Panik bricht aus, das Feuer greift auf andere Bereiche über. Schnell flitze ich zum Feuerlöscher, der dummerweise auf der anderen Seite der Küche steht. Es liegt an der Katze, ihn zu mir zu reichen. Als ich damit endlich in den brennenden Teil der Küche gelange, hat das Feuer sich ausgebreitet und Salat sowie Tomaten verkohlt. Eine Rettung ist für diese Speisen aussichtslos, ab in den Mülleimer damit.
Mitunter ist es anstrengend, sich als Einzelspieler mit zwei Charakteren in Overcooked 2 um die Küche zu kümmern und die Essenswünsche der Kunden zu erfüllen. Nie den Überblick verlieren, den einen Koch arbeiten oder Dinge kleinhacken lassen, dann zum anderen wechseln und mit ihm den Rest erledigen. Ihr besorgt Nachschub, verteilt ihn, macht die Gerichte fertig, bringt sie zur Ausgabe - und wechselt zurück, sobald der erste Koch mit dem Hacken fertig ist, denn Stillstand ist in dieser Küche nie gut. Das funktioniert alleine schon, ist aber im Grunde nicht das, wofür die Entwickler Overcooked 2 konzipiert haben. Hier geht's vielmehr um Couch-Koop beziehungsweise - jetzt neu - den Online-Multiplayer-Modus.
Meistert ihr zu Beginn die Level locker alleine mit drei Sternen, gestaltet sich dieses Unterfangen mit jeder einzelnen Welt ein Stück weit schwieriger. Das gilt gleichermaßen für zwei Spieler. Viele Level ließen sich alleine oder zu zweit locker-leicht auf der höchsten Stufe beenden, andere waren dagegen eine harte Nuss und wir fragten uns, wie wir zu zweit die maximale Punktzahl knacken. Aber: In solchen Augenblicken war erkennbar, wo ein dritter und/oder vierter Spieler aushelfen könnten. Und das taten sie, wie sich bei einer folgenden Couch-Koop-Session zu sechst feststellen ließ.
Aktiv am Geschehen nehmen maximal vier Spieler teil. Weitere Zuschauer haben aber die Möglichkeit, koordinierend zu unterstützen und mitzuteilen, welche Zutat wo erforderlich ist, was an die Essensausgabe kann oder was gleich anfängt zu brennen. Im Herzen ist Overcooked 2 ein Koop-Spiel und wenn ihr einige Freunde in greifbarer Nähe habt, die chaotischen Zuständen in der Küche nicht abgeneigt sind, dann schaut euch dieses Spiel an!
Dabei zeigt Overcooked 2 mit jedem Versuch seinen motivierenden Charakter. Obwohl wir öfter an den drei Sternen scheiterten, verbesserten wir uns mit jeder Runde, tüftelten neue Taktiken aus und hatten den Ehrgeiz, alle Level mit der höchsten Punktzahl abzuschließen. Wir schrien und fluchten, der Adrenalinausstoß stieg unter dem allgegenwärtigen Zeitdruck. Das Spiel drückt bei seinen Spielern die richtigen Motivationsknöpfe. Bis spät in die Nacht saßen wir als Team, als Einheit vor dem Bildschirm und gaben nicht auf, bevor wir nicht in diesem einen Level den letzten Stern erreicht hatten. Der Ansporn verdrängte die Müdigkeit, stachelte uns zu neuen Leistungen und Taktiken an. Und am Ende waren alle glücklich, wenn es geklappt hat.
Wenn ihr planlos in der Gegend rumsteht, liegt das im Normalfall daran, dass ihr zuerst die Levelmechaniken analysiert. Zum Teil braucht es einfach mehrere Anläufe, bis diese verinnerlicht sind und alles wie am Schnürchen läuft. Das macht mit den Reiz von Overcooked 2 aus, dass ihr die Möglichkeit habt, euch immer ein bisschen zu steigern. Die daraus resultierenden Erfolgserlebnisse sind der entscheidende, motivierende Faktor des Spiels.
Eine Geschichte ist erneut eher Alibi-mäßig vorhanden. Diesmal geht es darum, das Onion Kingdom sowie den Onion King und seinen Hund Kevin mit euren Kochkünsten vor den Unbroten beschützen. Das sind untote Brote, die in das Land einfallen. Das Geschehen verschlägt euch an allerlei verschiedene Orte. Ihr arbeitet in Restaurants, auf Heißluftballons in schwindelerregender Höhe, auf reißenden Flüssen oder bekocht Zauberschüler in einem vermeintlichen Hogwarts.
Als nützliche Neuerung erweist sich dabei die Möglichkeit, Zutaten durch die Gegend zu werfen. Eine solche Option hätte manche Level im Vorgänger ein bisschen weniger frustrierend gemacht und an vielen Stellen zeigen sich ihre Vorteile. Ihr schleudert die Zutaten entweder direkt in Kochtöpfe und Pfannen, in die Hände eurer Mitspieler oder auf die Schneidebretter. Natürlich braucht es Zielgenauigkeit, damit die Bestandteile nicht im Abgrund, in der Wand hängen bleiben oder dort landen, wo sie keine Verwendung finden. Werfen lassen sich ausschließlich die Zutaten vor ihrer Zubereitung. Fertige Gerichte in Pfannen und Töpfen oder Teller mit angerichteten Speisen in den Händen der Köche. Alles andere wäre zu einfach.
Welche Anforderungen das Spiel an euch oder eure Gruppe stellt, schwankt von Stage zu Stage. Die Entwickler haben sich bemüht, innerhalb der Level für Abwechslung zu sorgen. Zum einen gibt es das klassische Spielerlebnis, bei dem ihr euch in einer Küche im Wesentlichen um zwei oder drei Rezepte kümmert und abgesehen davon wenig passiert. Zum anderen gibt es sich dynamisch verändernde Level. Schnippelt ihr im Heißluftballon anfangs an Salaten herum, stürzt ihr mittendrin in einem Sushi-Restaurant ab und kümmert euch um entsprechende Gerichte. Andernorts erwarten euch bewegliche Elemente wie Portale, schwimmende Inseln oder Flöße, die ein gutes Timing und eine funktionierende Koordination voraussetzen. Langeweile kommt so nicht auf. Und diesmal ist es nicht minder wichtig, auf die richtige Reihenfolge der zubereiteten Gerichte zu achten. Handelt ihr alles der Reihe nach ab, steigert ihr einen Multiplikator und verdient mehr Geld. Bisweilen sogar des Guten ein wenig zu viel, wenn ihr die anfänglichen Level mit dem Zwei- oder Dreifachen der benötigen Punktzahl abschließt. Später ist's definitiv kniffliger.
Komplett frei von Schwächen ist Overcooked 2 allerdings nicht. Im Vorgänger war es möglich, vor jedem einzelnen Level einen neuen Koch auszuwählen. Was bequem und schnell war, da ihr regelmäßig neue Figuren freischaltet. Jetzt verlangt das Spiel von euch, dass ihr dazu ins Hauptmenü zurückkehrt und einen weiteren Menüpunkt aufruft. Eher nervig. Ebenso zeigten sich des Öfteren Probleme beim Ablegen oder Werfen von Gegenständen. Zum Teil war es aufgrund der Nähe zu einem anderen Objekt nicht möglich, zum Beispiel einen Topf auf dem Boden abzustellen, weil das Spiel vergeblich versuchte, besagte Zutat im Topf zu platzieren. Vor allem in engen Abschnitten ist das problematisch.
Wenig herausfordernd sind die "versteckten" Schalter auf der Weltkarte, mit denen ihr Rampen aktiviert, um neue Bereiche zugänglich zu machen. Von versteckt zu reden, ist hierbei übertrieben. Meistens befinden die sich ganz offensichtlich in Sichtweite. Anders sieht es bei den geheimen Voraussetzungen aus, mit denen ihr versteckte Level freischaltet. Was dafür nötig ist, erfahrt ihr nicht im Spiel.
Ansonsten bleibt es beim Comic-artigen, niedlichen Design des Spiels, wenngleich die Weltkarte nicht wie aus einem Guss wirkt. Tat sie im Vorgänger auch nicht, aber durch die neuen Höhenunterschiede erscheinen die harten Trennungen zwischen einzelnen Regionen noch krasser. Hinsichtlich eines stimmigen, runden Weltdesigns haben die Entwickler noch ein wenig was zu lernen. Wichtig: Die Switch-Version leidet diesmal nicht unter den gleichen Performance-Problemen wie der Vorgänger. Auf Nintendos Konsole greift ihr ebenso unbesorgt zu.
Ich erinnere mich, wie mich Overcooked einst nicht so sehr interessierte. Das änderte sich schlagartig, als wir es einmal in der Gruppe spielten und das Kochfieber uns packte. Seitdem ist das Spiel ein Dauerbrenner und die Fortsetzung schließt sich dem nahtlos an. Overcooked 2 legt auf seinen Vorgänger noch eine Schippe drauf und verliert dabei nichts von seinen motivierenden Elementen, wenngleich die Entwickler auf Nummer sicher gehen und nicht gerade die ambitionierteste Fortsetzung aller Zeiten abliefern. Aber warum am funktionierenden Konzept was umkrempeln? Nicht alle Neuerungen beziehungsweise Änderungen machen Sinn - die nur im Hauptmenü mögliche Auswahl der Köche zum Beispiel -, was letzten Endes nicht mehr als Kleinigkeiten sind, die sich per Patch korrigieren lassen. Habt ihr öfter Freunde zu Besuch, mit denen ihr gerne gemeinsam was spielt, dann fackelt nicht lange und schlagt ihnen Overcooked 2 vor. Beide Teile gehören zu den besten Couch-Koop-Spielen auf dem Markt. Dafür ist dieses Spiel gemacht. Im Online-Multiplayer funktioniert das mit einem guten Team ebenso. Alleine macht's zwar Spaß, doch dieses besondere, gemeinschaftliche Gefühl des Taktierens unter Druck kommt dabei nicht auf.
Entwickler/Publisher: Ghost Town Games / Team17 - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One, Switch - Preis: ca. 23 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PS4, Switch - Sprache: Deutsch, Englisch und andere - Mikrotransaktionen: nein
PC-Spiele testen wir auf Lenovo Legion PCs und Laptops, die uns von Lenovo zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wurden. Hier erfahrt ihr mehr über Gaming-Laptops 2018 im Allgemeinen und hier geht es zur Website von Lenovo Legion Gaming.