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Total War: Warhammer - Vier Rassen gegen Chaos

Erster Kontakt mit der Kampagnenkarte

Polternde Orgelkanonen malträtieren heranstürmende Spinnenhorden, stampfende Arachanrok-Bestien zerfleischen tapfere Zwergenkrieger, zischende Magiegeschütze strecken turmhohe Oger nieder. Keine Frage: Was bisher von der kommenden Strategiehoffnung aus dem Hause Creative Assembly zu sehen war, beeindruckte vor allem mit rasant inszenierten Schlachtsequenzen, in denen höchst unterschiedliche Fantasy-Kampfeinheiten mit voller Wucht aufeinander prallten.

Im Hinblick auf rundenbasiertes Kampagnen-Gameplay sowie Details zur dazugehörigen Weltkarte hielten sich die Briten bisher jedoch ungewöhnlich bedeckt. So bedeckt, dass nicht nur in Fanforen zahlreiche kritische Stimmen laut wurden. Was genau hat Creative Assembly diesmal zu verbergen? Hängt man dem Zeitplan hinterher? Gibt's Probleme mit der Lizenz? Oder sorgt das bereits angekündigte Aufsplitten des Spiels in drei eigenständige Teile dafür, dass Teil eins letztlich doch nur wie ein halbfertiges Produkt wirkt?

Tolles Detail: Fällt diese derzeit noch von Zwergen beherrschte Festung in die Hände von Orks, erstrahlt die Architektur wenig später komplett im Grünhaut-Look.

Die gute Nachricht: Auf einer Presseveranstaltung bei Segas Vertriebspartner Koch Media in München redete man am 18. November 2015 endlich Tacheles. Im Rahmen einer knapp einstündigen Präsentation enthüllten Andy Hall, seines Zeichen leitender Autor des Projekts, und PR-Kollegin Rebecca Attard die komplette Kampagnenkarte. „Online gab es ja bereits viele Diskussionen darüber, wie die tatsächliche Kampagnenkarte aussehen würde", so Attard. „Heute können wir sagen: Es ist - und das dürfte viele Fans kaum überraschen - die Alte Welt." Wer sich ein bisschen im Warhammer-Fantasy-Universum auskennt, der weiß Bescheid. Die Alte Welt entspricht einer riesigen Landmasse mit markanten geografischen Begrenzungslinien. Im Osten erstreckt sich das massive Weltrandgebirge - unter anderem Zuhause der Zwerge. Im Süden hingegen sind die Düsterlande verortet, eine Region mit klimatischen Verhältnissen, wie man sie wohl am ehesten in Nordafrika findet. „Hier tummeln sich vor allem die Grünhäute", erklärt Hall. „Im Zentrum hingegen befindet sich das Imperium und nördlich davon Norsca. Ich will nicht zu viel verraten, aber speziell die letztgenannte Region spielt im späteren Kampagnenverlauf eine entscheidende Rolle. An diesem Ort nämlich versammeln sich die Kräfte des Chaos, um schließlich in einer massiven Invasion über den Süden herzufallen."

Womit wir auch schon beim geschichtlichen Aufhänger des Ganzen wären, der sich je nach gewählter Rasse leicht unterscheidet. „Wählt man zu Spielbeginn das Empire und dessen Heerführer Karl Franz, besteht die Meta-Geschichte letztlich darin, das Imperium zu vereinen", so Hall. Allerdings musst du das ziemlich schnell tun, denn die Chaos-Truppen werden kommen - wie die Hunnen in Attila. 35 bis 40 Spielzüge klingt nach einer langen Zeit, doch schon bald wirst du merken, wie schnell diese Runden verstreichen. Wenn deine Armee dann nicht groß genug ist, hast du ein ernsthaftes Problem." Laut Hall startet Karl Franz bei diesem Unterfangen übrigens stets in der westlichen Provinz Reikland und muss seinen Einflussbereich von dort in alle Himmelsrichtungen erweitern. Vorzugsweise mit einer gesunden Mischung aus taktischem Geschick und feinfühliger Diplomatie.

Höhenunterschiede kommen auf der Kampagnenkarte hervorragend zur Geltung. Hier rechts im Bild: Ausläufer des Weltrandgebirges.

Mit den von Thorgrimm Grollbart angeführten Zwergen verhält es sich ganz ähnlich. Wer sich für die kampfeslustigen Stumpen mit den prächtigen Rauschebärten entscheidet, hat zunächst ebenfalls die Aufgabe, viele zerstrittene Fraktionen zusammenzuschweißen. Allerdings muss sich Zwergenherrscher Thorgrimm im gesamten Spielverlauf zusätzlich mit seinem Großen Buch des Grolls herumschlagen, was wiederum mit einer äußerst interessanten Gameplay-Mechanik verwoben wird. Hall bringt es auf den Punkt: „Im Gegensatz zu den anderen Fraktionen erhalten Zwerge keine Zufallsmissionen. Vielmehr ist es so, dass solche Missionen durch die Taten des Feindes überhaupt erst generiert werden."

Nehmen die Grünhäute also beispielsweise - wie später in der Präsentation zu sehen - das strategisch wichtige Zwergen-Bollwerk Karak Kadrin ein, wird dies einen Groll erzeugen, sprich die Zwerge massiv kränken und beleidigen. Da Zwerge das Spiel aber nur erfolgreich abschließen können, wenn alle Beleidigungen aus Thorgrimms Buch getilgt wurden, kommt man kaum umhin, Karak Kadrin früher oder später zurückzuerobern. Hall verdeutlicht das Konzept: „Je mehr du dich als Zwerg ausbreitest, desto mehr Feinde triffst du und desto mehr Groll kannst du theoretisch anhäufen, wenn es zu Konflikten kommt. Das ist ein ganz anderer Weg zu spielen und führt letztlich zu ganz neuen strategischen Überlegungen."

Dass sich jede der vier zum Start spielbaren Rassen durch ganz eigene Kampagnen-Mechaniken auszeichnet, wird nicht zuletzt bei der Vorstellung der Orks sehr deutlich. Die Grünhäute - später unter anderem angeführt vom blutrünstigen Grimgork Eisenpelz - starten in Karak Drazh, einer mächtigen Bergfeste nahe des Weltrandgebirges. „Ihr Spielstil ist ziemlich geradeaus", erläutert Hall. „Bei ihnen dreht sich alles um Momentum und Angriff. Die große Herausforderung: Wenn du nicht angreifst, wird deiner Armee irgendwann langweilig und die Einheiten kannibalisieren sich gegenseitig".

Azag the Slaugtherer ist einer von zwei legendären Lords der Grünhäute und vorzugsweise auf seinem Wyvern Skullmuncha unterwegs.

Im Spiel selbst wird diese Mechanik durch den „Fightiness"-Indikator repräsentiert. Er zeigt in Form eines farbigen Balkens an, ob eine Truppe gerade viele Schlachten geschlagen hat oder sprichwörtlich nur auf der faulen Haut liegt. Trifft Letzteres zu, sollten kluge Ork-Strategen sofort Gegenmaßnahmen einleiten. Zum Beispiel, indem sie ihre Untertanen in Raiding Camps schicken, wo sich ihr Blutdurst zumindest für einige Zeit stillen lässt. Makaber aber typisch „Warhammer": Durch das Erschlagen von Gefangenen geht der Fightiness-Wert ebenfalls nach oben. Genauso wie die Moral, die jedoch primär an die Menge der gewonnenen und verlorenen Schlachten gekoppelt ist. Was genau der in Sylvania beheimatete Vampirfürst Manfred vor Carstein - Anführer der vierten spielbaren Rasse - im Schilde führt und welche speziellen Mechaniken hier greifen, wollte Hall (früher 16 Jahre bei Games Workshop tätig) gleichwohl nicht verraten. Da sich die Spitzzahn-Herrschaften jedoch bekanntermaßen an rotem Lebenssaft laben, ist davon auszugehen, dass bei ihnen vor allem Blut als Ressource in den Mittelpunkt rückt. Dagegen schon bestätigt: Sowohl die Präsenz von Vampir- als auch von Chaos-Einheiten wird die Karte zunehmend korrumpieren. „Fangen die Vampire zum Beispiel an, das Territorium von Bretonia zu infiltrieren, sieht man, wie die Karte in diesem Bereich mehr und mehr zu verrotten beginnt", schwärmt Hall.

Prima: Wer mag, erlebt in „Total War: Warhammer" übrigens nicht nur einen Meta-Plot mit typischem „Total War"-Sandbox-Gameplay, sondern obendrein sogenannte Quest-Ketten. Gemeint individuelle, auf die zahlreichen Helden maßgeschneiderte Geschichten. Geht man siegreich aus ihnen hervor, winken als Belohnung wertvolle magische Gegenstände. Karl Franz zum Beispiel erhält durch erfolgreiches Absolvieren der bereits als In-Engine-Video veröffentlichten „Schlacht am Schwarzfeuer-Pass" den mächtigen Kriegshammer Ghal Maraz. Wichtig: Solche Quests selbst sind komplett optional und können bei Versagen beliebig oft wiederholt werden, da storyrelevante Helden im normalen Spielverlauf nicht sterben können. Für normale Helden und eigene Armeen gilt das natürlich nicht - man sollte also sehr genau abwägen, wann man sich in ein solches Getümmel stürzt.

Da lacht nicht nur das Goblinherz: Das Benutzerinterface wirkt sehr aufgeräumt, bietet aber trotzdem viele grafische Spielereien - nicht nur beim Icon-Design.

Und die so wichtige Diplomatie? Wurde angerissen, allerdings bei Weitem nicht so ausführlich präsentiert wie später noch Details zu Benutzeroberfläche, Fähigkeiten- und Technologiebäumen. Zitat Hall: „Selbstverständlich wird Diplomatie eine Rolle spielen, schließlich ist sie ein fundamentaler Bestandteil der Total-War-Kampagnen-Erfahrung. Die dabei zum Einsatz kommenden Gameplay-Mechaniken werden der Total-War-Formel folgen. Und vielleicht ist es gerade deswegen so komisch und faszinierend zugleich. Denn mal ehrlich: Was für einen Sinn macht es, mit Orks zu verhandeln, wenn du das Imperium bist? Unsere Antwort: Es ist ein Sandbox-Spiel mit Hunderten Stunden Kampagnen-Gameplay! Wenn du diese Beziehung unbedingt aufbauen willst, dann kannst du es tun - in diesem Fall wird es selbstredend verdammt schwierig sein. Bretonia und das Imperium zusammenzubringen, dürfte den meisten da schon einfacher fallen." Genial: Die Macher gehen sogar so weit, dass man mit Chaos - die leider nur Vorbestellern als spielbare Rasse zur Verfügung stehen werden - einen Waffenstillstand aushandeln kann. Zumindest kurzfristig.

Schön zudem, dass man sich bereits zu einer etwas konkreteren Aussage zur Größe der Spielwelt hinreißen ließ. Rebecca Attard wörtlich: „Zur Zeit pendeln wir irgendwo zwischen Shogun 2 und Rome. Aber es gibt ja noch die zwei Erweiterungen. Wenn wir die noch dranflanschen, wird es das größte Total War Spiel, das wir bis jetzt gemacht haben". Damit einher soll außerdem eine gewisse Flexibilität gehen. Will heißen: Da alle drei Teile als Standalone-Produkt verkauft werden, kann man problemlos einen Teil überspringen, also beispielsweise nur Teil eins und drei spielen. Das Game selbst sei letztlich so ausgelegt, dass die Weltkarte im Spiel je nach vorliegender Erweiterung flexibel erweitert wird. In welche Richtung genau, wurde freilich noch verraten. Wirft man jedoch einen Blick auf die gesamte Spielwelt, bieten die Neue Welt im Westen (Echsenmenschen, Dunkelelfen), die warmen Südlande sowie die östlichen Länder (Chaosbarbaren etc.) noch viele spannende Anknüpfpunkte für zukünftige Inhalte.

Die Weite der Landschaft wird erst richtig deutlich, wenn man die Menüs komplett abschaltet. Der seltsame Turm vorne rechts im Bild hört auf den Namen Pillar auf Bones, zu Deutsch 'Säule der Knochen'.

Egal ob Präsentation, Interface oder spielerische Finessen: Der Erstkontakt mit der Kampagnenkarte hinterlässt einen vielversprechenden Eindruck und unterstreicht einmal mehr die Sorgfalt und Detailversessenheit, mit der Creative Assembly die Lizenz beackert. Auch die Einsteigerfreundlichkeit scheint im Vergleich zu bisherigen „Total War"-Spielen einen gewaltigen Satz nach vorne zu machen. Schade nur, dass das traditionsreiche Studio weiterhin nur Teilausschnitte ihres neuen Mammutprojekts zeigt und so die Bewertung des Ineinandergreifens der unterschiedlichen Komponenten unmöglich macht. Spätestens beim nächsten Anspieltermin dürfte jedoch auch dieses Fragezeichen aus der Welt geschafft sein.

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Sönke Siemens

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