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Warum Dragon‘s Dogma 2 für mich auch in diesem sensationellen Jahr noch ein GOTY-Kandidat wäre

Und hat Dragon's Dogma 2 das schönste Essen im Business?

Vorgestern habe ich mich bei der Sichtung des neuen Dragon’s-Dogma-2-Gameplays von der Tokyo Game Show dabei ertappt, wie ich zu mir selbst “Spiel des Jahres“ sagte. Was soll ich machen, ich bin halt ein Dragon’s-Dogma-Fanboy. Die Art, wie Devil May Cry-Chef Hideaki Itsuno und sein Team nachvollziehbare RPG-Regeln über ein wunderbar physisches, forderndes Actionspiel stülpen, ist einfach unnachahmlich. Und dieses Sequel, das ich vor elf Jahren, kurz nach Launch des ersten Teils, nicht für möglich gehalten hätte, sah in den neuen Bewegtbildern einfach zu gut aus.

Der Bogenschütze verfügt über einen Windschuss, der hier einen Gegner über die Klippe befördert.

Was noch besser war: Ich durfte es einen Tag später selbst bei Capcom in Hamburg anspielen. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, das war eine der kürzesten Stunden des Jahres! Als ich diese Zeilen tippe, sitze ich gerade im Zug zurück nach Bremen und ich bin immer noch ein bisschen kribbelig, auch weil mich Capcom ohne Veröffentlichungstermin oder wenigstens -zeitraum für Dragon‘s Dogma 2 heimgeschickt hatte. Nicht mal, als ich fragte, ob ich „Spiel-des-Jahres 2023 oder 2024“ in den Titel schreiben müsse, ließen sich die Unternehmenssprecher aus der Reserve locken.

Nicht, dass uns 2023 nicht gut behandelt hätte, was Games ganz allgemein angeht. Aber ich hätte große Lust, dieses eine noch zur langen Liste fantastischer Spiele dieses Jahrgangs hinzuzufügen. Dragon’s Dogma 2 hat nämlich Eindruck hinterlassen. Fangen wir mit dem an, was mir besonders aufgefallen ist, mich richtiggehend ansprang — abseits der Tatsache, dass sich diese Action-Version eines Party-Rollenspiels im zweiten Teil sehr treu bleibt und sofort als Nachfolger des verspielt-verschrobenen 2012er Underdogs zu erkennen ist: die Monster!

Der Greif schnappt sich ein grasendes Rind. Es ist eure Sache, ob ihr angreift oder nicht.

Schon das erste Treffen mit dem allzu vertrauten Drachen, der Herzen frisst wie Gummibärchen, unterstrich, wie gigantisch die größten Wesen dieser Welt wirken. Es ist die effektive Mischung aus Kameraeinstellung, Modell- und Texturendetail sowie Animationen, die diese Biester wahrhaft riesig wirken lässt. Dieser Eindruck zog sich durch die komplette Stunde. Als ich mal nicht wie ein neugieriges Kind vom Weg abkam oder mich im Dunkeln verlief, das immer noch unfassbar schwarz ist und wahrhaft gruselig wirkt, bekam ich es mit einem Greif zu tun. Kopf und Schnabel so groß wie die vorderen zwei Drittel eines Ford F-150 Pick-up, mit schwerem Flügelschlag und zotteligen Federn. Jede Bewegung vermittelt die Gewalt und Schwere einer derart überdimensionierten Kreatur einfach bestens. Schätze ich zumindest.

Sich an das Biest zu klammern – was als drahtiger, vor Ausdauer nur so strotzender Dieb einfacher ist als schwer gepanzerter Ritter –, und in seinem Nacken sitzend, mit ihm zusammen abzuheben, um seine Flucht zu verhindern, ist ein echter Rausch. Wahrhaft aufregend. Überhaupt gibt es vonseiten der Feinde viel Gutes zu berichten, auch wenn man Capcom vorerst beim Wort nehmen muss. So sollen die Feinde nun auch besser mit ihrer Umgebung interagieren.

Ein alter Bekannter.

Persönlich fiel mit in meiner kurzen Stunde zwar kein Moment auf, aber im TGS-Video sah man bereits, wie ein Höhlentroll eine Canyon-Wand zum Spieler hinunterkletterte, was extrem cool aussah. Dort wird man auch Zeuge, wie ein Zyklop nach einigen Beintreffern das Gleichgewicht verliert, auf eine Kluft zu stolpert und sich — anstatt hinunterzufallen — mit den Händen am gegenüberliegenden Vorsprung festkrallt. Das Monstrum hängt wie eine Brücke über der Klamm und kann vom Spieler und seinen Pawns tatsächlich auch als solche benutzt werden. Kompletter Irrsinn.

Überhaupt ist die Welt jetzt interaktiver. Eine kleine Hängebrücke zerstörte ich mit gezielten Hieben auf die Pflöcke, die sie hielten und hängte so eine wild gemixte Truppe aus Goblins und einem Zyklopen ab, die mir zuvor hartnäckig nachgestellt hatten. Andernorts zeigte der Clip von der Tokyo Game Show, wie ein Spieler ein explosives Fass auf einen natürlichen Staudamm warf, der daraufhin kollabierte. Die Wassermassen rissen danach einen Zyklopen mit sich. Auch, indem man Monster mit dem Boden oder Felsen kollidieren lässt, nehmen sie schaden – und nicht nur sie: Sogar Felsen haben Risse dort, wo die riesigen Bestien dagegen krachten.

Diese Brücke habe ich einstürzen lassen - und die Goblins darauf stürzen hinterher.

Aber ja, die Animationen sind definitiv ein Highlight, stecken sie doch voller kleiner und großer Details. Ich habe große Schwierigkeiten, mich an ein Spiel zu erinnern, in dem die Schwert- und Schild-Klasse beim Gehen authentisch das Heft ihres locker in der Scheide hängenden Schwertes mit der linken Hand stabilisiert. Sehr nett. Die Diebesklasse mag zwar unterm Strich neu sein, hat mit ihren zwei Dolchen aber immer noch die Beißender-Wind-Spezialattacke drauf, die Streicher-Spielern im ersten Teil viel Freude bereitet hat. Führt man sie aber hier aus, ist die Animation sehr viel wilder, ausdrucksstärker. Es liegt offenbar mehr Kraft in jedem Schritt in Dragon‘s Dogma 2.

Und Schritte werdet ihr so einige tun, denn die Wege sind nicht gerade kürzer geworden. Zwar dürft ihr nun auch Ochsenkarren für die Schnellreise zwischen definierten Punkten nutzen, aber auch sie können angegriffen und die Reise so unterbrochen werden. Gut fand ich auch, dass ihr mit der neuen Camping-Ausrüstung an qualmenden Lagerfeuern nun rasten dürft, eure Lebenskraft regeneriert und an euren Skills herumschraubt.

Ärger kündigt sich an.

Hier dürft ihr ebenfalls auch Zutaten zu Mahlzeiten verkochen und wie hier Dörrfleisch in die Pfanne wanderte, das war grafisch wahrhaft verblüffend. Capcom hat seine Liebe zu attraktivem virtuellem Essen nicht erst gestern entdeckt – man erinnere sich an Monster Hunter World. Aber bei der Nahaufnahme des brutzelnden Streaks in Dragon’s Dogma 2 konnte ich tatsächlich nicht sagen, ob es sich nicht doch um einen Realfilm gehandelt hat, der da kurz reingemogelt wurde, so realistisch sah das aus. Ich bin wirklich neugierig, was da im kompletten Spiel noch alles möglich ist.

Was noch? Nun, insgesamt soll die Welt diesmal viermal so groß sein und tatsächlich finden wir uns diesmal nicht in Gransys wieder, auch wenn erste Trailer den Anschein erweckten. Capcom sprach auf dem Event nur kryptisch von einer Welt, die Gransys ähnele. Was das im Einzelnen bedeutet, finden wir dann heraus, wenn Dragon’s Dogma 2 dann erscheint – wann auch immer das (in diesem Jahr) ist, Capcom! –, aber schaut man sich die ersten Bilder genau an, sieht es aus, als sähen wir den Bluemoon Tower, der im ersten Spiel nordöstlich von Gran Soren lag, von der anderen Seite sehen. Gut möglich also, dass wir weit im Nordosten unterwegs sind.

Das Wasser spült den Zyklopen hinfort.

Hier liegen jedenfalls zwei unterschiedliche Biome. Vermund ist das Reich der Menschen und gleicht mit seinen sanft dahinrollenden Hügeln und dem satten Grün Gran Soren. In Batthal dagegen leben die “Beastren”, überraschend majestätische Tiermenschen mit Löwengesichtern. Ihr Land ist eher arid gehalten und von rotgoldenen Canyons durchzogen.

Über die zwei neuen Klassen, die nur die Arisen steuern können, können wir bislang nur wenig sagen. Spielen konnten wir diese Late-Game-Laufbahnen noch nicht. Aber im Grunde ist die Mystic Spearhand ein Mix aus zweihändigem Nahkämpfer und Zauberer, die sich auf Raumkontrolle spezialisiert. Auch eine Art Telekinese beherrscht er, wenn ihr auf magische Weise Gegenstände auf Feinde schleudert. Und dazu gehören auch die Leichen getöteter Gegner, die nun nicht mehr direkt verschwinden. Der Magick Archer verschießt hingegen – wen wundert’s – magische Pfeile und tauscht in brenzligen Situationen etwas Lebensenergie gegen einen gewaltigen Area-of-Effekt-Zauber. Aber schon an den drei Klassen, die ich erlebte – Bogenschütze, Krieger, Dieb – merkte ich, dass sich in Dragon’s Dogma 2 wieder alle Klassen komplett anders anfühlen werden.

Die Ballista steht da nicht zur Zierde herum.

Wie es scheint, bleibt Dragon’s Dogma im zweiten Teil also genauso magisch und verschroben – ja, einfach anders – wie schon das Serien-Debüt, das wie wenige andere aus den letzten 10, fünfzehn Jahren den Begriff des Kultspiels versinnbildlichte. Party-Rollenspiel-Gefühl mit dem Verve eines kultivierten Actionspiels. Es ist einfach toll, wenn die selbst zusammengestellte Party ihr Ding macht. Schlägt man auf einen Feind ein, während von hinten Blitze auf ihn niedergehen und euer Dieb das Opfer für euch mit einem beherzten Griff für den Todesstoß fixiert. Alldieweil lässt eure Kräuterfrau schon mal den Heilzauber warmlaufen. In Dragon’s Dogma, diesem Action-RPG-Spielplatz für Entdecker und Experimentierer, spürt man ein Zusammengehörigkeitsgefühl wie in wenigen anderen Titeln.

Letztlich ist es also nicht so wichtig, ob Dragon’s Dogma 2 noch 2023 erscheint. Für mich ist es in jedem Jahr ein aussichtsreicher Kandidat für die Bestenliste.

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