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Alt+F40: Die universelle Magie von Gran Turismo

Folge 41: Wenn die Zukunft ungewiss ist, schaut Alex eben zurück - was Gran Turismo, Labyrinth City und das Warten auf den Halo-Koop mit ihm machen, erfahrt ihr in der neuen Ausgabe

Das war eine recht retrospektive Woche für mich - vermutlich auch, weil man angesichts der prekären Weltlage auf einfachere Zeiten zurückblickt. Außerdem war ich vornehmlich mit dem Hüten kranker Kinder beschäftigt - und mit einem Spiel, über das ich sowieso noch nicht sprechen darf. Als Erstes gratulierte ich also Metal Gear Solid: The Twin Snakes zum 18. - und dann stolperte ich tief in den Hasenbau alter Klassiker, um zu sehen, was noch so demnächst ein Jubiläum feiert, das sich zu begehen lohnt. Spoiler: Da kommt so einiges!

Mit zwei Resultaten. Erstens: Ich fühle mich diese Woche älter denn je (kann gut sein, dass das trotzphasige Duo of Destruction auch einen gewissen Anteil daran hat). Und zweitens: Ihr werdet in der nächsten Zeit mehr kurze, knackige Rückblicke auf alte, liebgewonnene Spiele lesen - und vielleicht auch auf ein paar, mit denen man so seine Probleme hatte. Zur Feier der Spiele, die uns schufen (und damit auch ihr euch ein wenig alt fühlen könnt). Keine Sorge, wir mutieren nicht zur Retro-Seite, aber wenn wir schon privat über die Kamellen von damals grübeln - warum euch nicht an diesen Gedanken teilhaben lassen? Auf dass wir uns alle in einer simpleren Vergangenheit suhlen, um den Schmutz des Jetzt von uns abzuwaschen! Nostalgie als Therapie, gewissermaßen.

Ansonsten? Den Umständen entsprechend alles gut hier - der Nachwuchs lässt einem täglich im Wechsel das Herz endlos weit aufgehen - der Große singt mit seinen Vierdreiviertel neuerdings Disneys Vaiana-Songs nach -, und an dem kindlichen Wesen verzweifeln. Immer zum Beispiel, wenn man beim Zubereiten des Mittagessens seinem Bald-Zweijährigen sagt, er solle doch bitte die Finger vom frisch geschliffenen, 20 Zentimeter langen Zwilling-Pro-Kochmesser lassen, dem es tendenziell egal ist, ob da Möhren auf dem Hinoki-Brett liegen oder klebrige Kinderfinger. Selbst zornigste Ermahnungen werden mit einem Lächeln und einer ebenso unschuldigen wie unverständlichen Blabber-Nachfrage quittiert, als wäre mal wieder Gegenteiltag. Wie war noch das Mantra? Ach ja, "Alles nur 'ne Phase".

Inhalt Folge 41


Gran Turismo ist der Volkswagen unter den Rennspielen - und das ist ein Kompliment

Ich bin weiß Gott kein großer Rennspiel-Fan. Aber ein neues Gran Turismo ist für mich eigentlich fast immer Pflichtprogramm. Das liegt vor allem daran, dass GT ein großer Teil meiner persönlichen Spielegeschichte ist. 1997 saßen meine Freunde und ich mit wahnsinnig weit aufgerissenem Maul vor diesem Spiel - und das, obwohl doch das N64 eigentlich der neue "heiße Scheiß" sein sollte und einige in unserer Zocker-Klicke die PlayStation geistig schon verabschiedet hatten. Stattdessen war Sony auf einmal wieder da - und fühlte sich wieder irrsinnig "cutting-edge" an.

*RRrrrrrRRrrrr* Hot!

Heute habe ich beim Spielen von Gran Turismo 7 intensive Flashbacks an unser damaliges Zusammensitzen. Und das liegt vornehmlich an einem Punkt, den ich für ganz zentral halte, wenn es um die universelle Anziehungskraft dieser Rennspielreihe geht. Gran Turismo hat einfach eine interessante Auffassung von Realismus. Kazunori Yamauchi und Team finden über eine gefühlige Authentizität zum User, die mehr übers Aussehen und Anfassen dieses Spiels passiert, als über die harten Daten und Fakten der zugrundeliegenden Simulation.

Denn machen wir uns nichts vor, viele der hartkernigeren Simulationen späterer Jahre müssen sich vor dem Physik- und Fahrmodell dieses Japaners nicht verstecken. Ganz im Gegenteil. Worin sie aber Gran Turismo nie das Wasser reichen konnten, das ist der Detailgrad, die Plastizität der Fahrzeugmodelle. Es ist, als würden alle anderen Rennspiele ihren Ursprung in der Lust nach Wettbewerb und Rennen haben, während Polyphony Digital erst einmal hier ist, weil sie Autos lieben. Und auch, wenn die Tendenz mehr zuletzt in Richtung Nobel- oder Rennfahrzeugen ging: Sie lieben sie alle, selbst die unvorteilhaft dimensionierten Straßenknechte, in denen man sonst in der Fahrgemeinschaft zur Berufsschule tuckerte.

Sie lieben diese Blechschüsseln so sehr, dass man zehntausende Taler Spielgeld in jedes einzelne davon reinstecken darf, um es zur besten Version seiner selbst zu machen, vom Arbeitstier zum Spaßfahrzeug. Eine Transformation vom Alltagsgegenstand zum Leidenschaftsspielzeug - hergeschenkt wie als Präsent ans Auto selbst, wie aus Dankbarkeit an den fahrbaren Untersatz überreicht. In dem Fuhrpark von Gran Turismo fand eigentlich immer jemand einen Flitzer, den er selbst von irgendwo her kannte, manch einer fand sogar sein eigenes Auto oder probierte herum, wie die eigene Familienkutsche sich mit 100 PS mehr so machen würde. Sicher, heute sind die Fahrzeuge ein wenig erlesener - schade eigentlich. Aber die Auswahl ist am unteren Ende immer noch wunderbar nah an dem, was zumindest nicht komplett außer Reichweite des in der Realwelt Machbaren war.

Sieht immer noch alles andere als mies aus: Gran Turismo 1.

Nirgends wird Gran Turismos Liebe zum Auto deutlicher als in den Replays. Sie bekommen es 2022 genauso hin wie schon vor einem knappen Vierteljahrhundert, einen Mazda Demio auch von seiner weniger schokoladigen Seite noch wie ein Objekt der Begierde zu inszenieren. Nie sahen Wiederholungen von Rennen Fernsehübertragungen so zum Verwechseln ähnlich wie in Gran Turismo. Das lag und liegt nicht nur an den Autos - die seit dem Ende der Neunziger in ihrem Detailgrad und ihrer ... sagen wir "Dreidimensionalität" vollkommen außer Konkurrenz fuhren - sondern vor allem auch an der virtuellen Kameraarbeit, die das Zerren der Fliehkräfte an den Boliden bestens einfing.

Ich spüre das 2022 noch genau so, wie vor 25 Jahren. Und obwohl ich weder das Talent noch die Energie habe, es in allen Prüfungen zu Gold zu bringen, so schätze ich Gran Turismo 7 immer noch genau so wie einst: Als Spiel, das Rennsport ein bisschen greifbarer und weltlicher scheinen ließ und ihn so näher an mich herantrug. Das macht ihm keiner nach.


Weitere Notizen - KW 10/22

Bei Alex in der Rotation: Ich habe noch nicht die Kraft aufgebracht, die erste Folge der zweiten Staffel von Picard zu schauen, weil ich mich von Boba noch nicht wieder erholt habe und ich Season Eins einfach unfassbar schlecht fand. Es ist, als kännten die Verantwortlichen Picard nur aus den Kinofilmen. Der Rest ist wie anhand einer Checkliste von einem Komitee geschrieben und ich merke schon wieder, wie mir der Puls geht. *Einatmen, Ausatmen* Wir lassen es besser erst einmal. Ihr seht dann nächste Woche, wie gut mir das gelungen ist.

Boah, nee. Lass' ma'... Oder?

Musiktipp der Woche: TV On the Radio - Wolf like me: Einer der treibendsten Rocksongs überhaupt, aus dem Album, bevor die Band Song-schreiberisch die Ausfahrt Richtung Stadion nahm. Ich mag die Dear Science auch sehr, aber so zwingend wie auf der Return to Cookie Mountain war es dann doch nicht mehr. Dennoch: Beides unterhaltsame, lebhafte Scheiben, die ich immer noch gerne höre.

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Höhepunkt der Woche: Neben der erfreulichen Tatsache, dass der geschätzte Kollege Benjamin Schmädig (ehemals 4Players) jetzt für uns tätig ist (alle mal "Hallo" sagen!), möchte ich an dieser Stelle kurz einen etwas älteren Titel hervorheben: Labyrinth City: Pierre the Maze Detective ist eine traumhafte Umsetzung des ebenso wundervollen Wimmelbuchs von Hiro Kamigaki, die ich. Eltern von Kindern zwischen 5 und 10 Jahren wärmstens ans Herz legen möchte. Es steckt viel Kraft und Liebe in diesen farbenfrohen Bildern, die nahezu eins zu eins aus dem ersten Buchband Pierre, der Irrgarten-Detektiv: Die Suche nach dem gestohlenen Labyrinth-Stein übersetzt und hübsch animiert wurden. Im Grunde macht man wenig anderes, als den Weg durch ein Labyrinth zu finden - nur dass das Labyrinth eben eine maximal wimmelige Stadt, ein chaotisches Museum, ein verknotetes Schienennetzwerk oder ein verwirrender Hafen voller Stege ist.

Vor, zurück, links, rechts. Ab und an eine Taste drücken. Das eignet sich auch für die Kleinsten - zumindest, wenn sie schon begreifen, was sie hier sehen.

Neben dem eigentlichen Weg ans Ziel gibt's noch so einige andere Kleinigkeiten zu entdecken. Kann man bestens mit dem Nachwuchs spielen und sich in den schönen Bildern verlieren und über überraschend aus Vasen heraus ploppende Äffchen lachen. Interessanter Stil auch, der eher europäisch denn japanisch anmutet. Zum Zusammen-spielen unbedingt empfehlenswert. Labyrinth City ist auf Steam, Switch, iOS und Android zu haben.


Mittelpunkt (?!) der Woche: F-Zero X ist jetzt auch auf Nintendo Switch Online erhältlich und das ärgert mich mächtig, weil dieses Spiel einfach fantastisch ist - und ich keine Lust habe, für die Mega-Drive und N64-Sektion des Online Dienstes mein Abo aufzustocken. Was? Das Teil ist jetzt auch online spielbar? Schnell! Meinem jüngsten Sohn die Kreditkarte in die Hand drücken, damit ich sie so schnell nicht wiederfinde...

Wieso hält mich keiner auf!?.

Tiefpunkt der Woche: Microsoft verschiebt erneut den Koop von Halo: Infinite, was mittlerweile wirklich eine herbe Enttäuschung ist. Nach einigen Anläufen habe ich nämlich gemerkt, dass das hier nicht die Sorte Welt ist, die ich alleine retten möchte. Dieser Tage werde ich es zwar dennoch noch einmal probieren, aber ich hoffe trotzdem, bis der Modus kommt, zieht es sich nicht so lange hin. Meine Geduld und die von vielen, vielen anderen Spielern dürfte sich diesbezüglich so langsam dem Ende neigen.

Jetzt schaut sie schon zum Fenster raus, ob sich dort nicht noch ein Topf findet. Trauerspiel.
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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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