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Picard Season 3 Folge 8 ist töricht und tränenreich zugleich. Nicht wirklich gut, aber am Ende trotzdem schön!

Wechselbalg der Gefühle.

Spoiler zu Episode acht der dritten und letzten Staffel Star Trek Picard

Weiter geht es, mit meiner emotionalen Wechseldusche aus warmherziger Zuneigung zu diesen Figuren und unterkühltem Durchexerzieren allzu vertrauter Spät-Trek-Beliebigkeit. Allerdings muss ich sagen, dass meine schlimmsten Befürchtungen sich vorerst nicht bewahrheitet haben. Bimmelten nach Folge sieben noch laut die Alarmglocken, wohin das alles führen sollte, fuhr ich die meisten Abzweigungen, die die Geschichte in dieser Episode nahm, doch problemlos mit. Obwohl vieles arg einfach und – mal wieder – verdächtig passgenau wirkte.

Beginnen wir mit Wills und Deannas Dialogen in der Zelle auf der Shrike. Ich muss gestehen, dass mir das Gespräch zu Beginn ein wenig zu leichtherzig vorkam, angesichts der aussichtslosen Situation. Mit zunehmendem Verlauf wurde mir aber klar, dass das in erster Linie die Abgeklärtheit zweier Offiziere in ihren 70ern ist, die hier den Ton vorgibt. Einen kurzen Anflug von “ist es wirklich Deanna?”, wischte ich hinfort – und war dann umso froher, dass auch die Autoren von dieser speziellen Klischeekiste die Finger ließen. Mir hat das gefallen, denn für mich bedeutete es, dass die Verantwortlichen dem Band zwischen diesen Figuren vertrauen.

Die Stimmung auf der Titan ist mäßig.

Ein bisschen zu leicht war dann die Befreiung. Nachdem ich extra nochmal nachschauen musste, wann Worf und Raffi sich erst mal aus der Show verabschiedet hatten, um Riker zurückzuholen, kommt deren Auftauchen mitten auf der Shrike umso überraschender. Und ja, auch irgendwie unbefriedigend, wie einfach es dann doch ist, den Spieß umzudrehen und sich auf dem Feindschiff breitzumachen. Sicher, das Shuttle war getarnt und ein Großteil der Aggressoren ist gerade auf der Titan. Doch gerade deswegen sollten die Sicherheitsvorkehrungen auf der Shrike umso drastischer ausfallen. Je länger ich darüber nachdenke, umso ärgerlicher finde ich das.

Ebenso wenig nachdenken sollte man darüber, wie viel Zeit allen Figuren mal wieder trotz lautstark tickender Uhr – die Föderationsfeierlichkeiten sind nur Stunden entfernt, wie wir am Schluss erfahren – eingeräumt wird, um ihre Konflikte und persönlichen Komplikationen auszudiskutieren oder auch nur warme Worte zu wechseln. Trotzdem würde ich diese Momente nicht missen wollen, auch wenn sie selten wirklich zur eigentlichen Geschichte beigetragen haben. Worfs Wiedersehen mit Deanna zum Beispiel war köstlich – “Ist das die Rettung oder die Fortsetzung der Folter?”, hehe –, ebenso wie sein Geständnis, dass er über die Jahre immer wieder daran gedacht hat, seinen Freunden die Köpfe getöteter Feinde zu übersenden.

Bei den Gefolterten auf der Shrike ist es schon besser. Aber die beiden haben auch schon genug miteinander durchgemacht.

Einige Szenen persönlicher Aufarbeitung waren aber auch extrem gut gemacht. Die Reaktivierung von Data, weil nur er eine bestimmte Berechnung machen kann, kam zwar mit Ansage, aber die Darstellung seines Konflikts mit Lore war packend und gefühlvoll. Oder sagen wir, zumindest die ersten 80 Prozent davon waren das. Ich fand das in seiner Symbolkraft inspirierend und es nahm mich sogar ein bisschen mit. Als ich Datas Plan begriff, durch Übergabe all seiner Erinnerungen und Erlebnisse Lore zu ihm zu machen, das war ein sehr menschelnder Akt und eine perfekte Endstation für Datas Charakter.

Jedenfalls ist das meine Version der Geschichte, denn in Wirklichkeit ging die Szene ja ein bisschen anders aus. Zunächst einmal passte es mir gar nicht gut, dass Data das alles ausformulieren musste. Es war schlicht überflüssig und dann plötzlich “cheesy”. Und dass es am Ende mit einer Auflösung Lores visualisiert wurde, sabotierte die Message wieder ein wenig, die ich eigentlich aus diesem Moment mitnehmen wollte: Es hätte eine Übergabe und Absorption Datas – und Datas Werte – durch Lore sein müssen, der als besseres Mischwesen mit ein wenig Rest-Dunkelheit aus der Konfrontation hervorgeht. Stattdessen haben wir nun einen Data, der sich Lores “joie de vivre” einverleibt hat.

Es sind nur Nuancen im Unterschied, aber für mich fühlen sie sich nicht richtig an. In meiner Version wäre es eine bittersüße Transformation gewesen. Stattdessen haben wir die Wunschlos-glücklich-Version von Data bekommen. Auch wenn der etwas anderes sagt und beteuert, eine Mischung aus allen zu sein: Für mich sah es nicht so aus. Eine gute Szene mit nach hinten hinaus reichlich verschenktem Potenzial also.

Shaw gefällt mir immer besser. Ich hoffe, er wird nach dieser Serie weiter genutzt (und ich hoffe, ich habe sein Schicksal jetzt nicht "gejinxt").

Und dann war da ja noch die Kleinigkeit, dass wir den kompletten Handlungsbogen von Vadic und der Shrike im Anlauf aufs Finale abgehakt hätten. Die gesamte Geisel- und Hinrichtungsgeschichte, die die erste Hälfte der Folge dominierte, haben wir schon hundertmal gesehen. Hier war das trotzdem spannend, mit der erneuten Einschränkung, dass es am Schluss mal wieder alles zu einfach war, wie das Problem gelöst wurde. Mit Data als Trek-Äquivalent zur Videospiel Smart Bomb, die mal eben dafür sorgt, dass alles gut ausgeht. Ob es auch an ihm lag, dass Raffi die Shrike-Besatzung fast im Alleingang erledigen konnte, obwohl sie nur ein Messer zu einem Phaser-Kampf mitgebracht hat? Das stank gewaltig.

Dass Vadic auf dem Weg nach draußen noch unbedingt eine F-Bombe fallenlassen musste, na ja. Tonal nicht besonders passend, aber was soll‘s. Auch wenn sie letztlich zu einfach vom Schiff gefegt wurde, ist dieser Handlungsbogen doch ganz befriedigend und schlüssig zu Ende gegangen. Die Frage ist jetzt, welchen Weg man für das Finale einschlagen wird? Nun, da mit Ausnahme des geheimnisvollen Gesichts in Vadics schwebender Handpfütze, Jacks wahrer Natur und den bevorstehenden Feierlichkeiten zum Frontier Day das Spielfeld fast komplett abgeräumt würde, können wir frisch sortiert in die letzten beiden Folgen gehen. Ich muss schon sagen, so künstlich maßgeschneidert, wie das bis hierhin bisweilen auch wirkte, am Stück betrachtet, liegt auch eine Portion Eleganz darin.

Jetzt hängt alles an Jack: Hoffentlich ist der Grund für seine Gabe ein guter. Den Schauspieler, Ed Speleers, werde ich mir jedenfalls merken.

Positiv ist mir außerdem im Gedächtnis geblieben, dass Deanna das erste Mal seit Ewigkeiten nützlich sein durfte. In TNG wurden ihre Talente oft genug aus Plot-Gründen abgestellt. Jetzt darf sie mit ihren Fähigkeiten Jack helfen, die Gründe für seine Visionen und Kräfte zu ergründen. Der Cliffhanger mit der Hand an der Türklinke war nicht von schlechten Eltern, obwohl auch ich — fast wie Jack, nur aus anderen Gründen — ein bisschen Angst habe, dahinter zu blicken.

Dennoch habe ich das Gefühl, dass ich im Endeffekt fein damit sein werde, wie Season drei so gelaufen ist. Das wohl wichtigste Signal in dieser Richtung sandte mir eine Szene nach der Wiedereroberung der Titan: Alle meine Helden noch einmal zusammen am Besprechungstisch Platz nehmen zu sehen und warme Worte zu wechseln, das hat mich ehrlich gerührt, und war trotz der drängenden Umstände — viel Zeit, das Schlimmste zu verhindern, ist nicht mehr — irgendwie passend. Auch diese Charaktere selbst sind mit den Jahren in einen Wettlauf mit der Zeit geraten. Lassen wir ihnen diese kurzen Momente, innezuhalten und auch selbst ein wenig nostalgisch über die gute, alte Zeit zu werden.

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