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Dead Island 2 im Test - Reicht es euch, Zombies platzen zu lassen? Dann seid ihr hier richtig!

Ansonsten warten wir mal auf den dritten Teil, um zu wissen, wie es ausgeht

Es existiert, sieht nett aus und die Zombies platzen gut. Vielleicht waren die Ansprüche nie größer als das.

So, ich wollte das jetzt durchspielen. Nicht, weil ich glaubte, dass in Sachen Gameplay noch irgendwas passiert – tat es nicht –, sondern, weil es einen minimal interessanten Story-Ansatz gab, der zwar nur zehn Minuten angerissen wurde, aber zumindest eine Richtung in diesem orientierungslosen Etwas bot. Und mit diesem Ansatz endet es auch. In einem Cliffhanger. Das ist richtig, ein Cliffhanger in einem Spiel, dessen bemerkenswerteste Errungenschaft es ist, nach 10 Jahren überhaupt zu existieren. Na dann, Fortsetzung folgt. 2035?

Was alles andere angeht: Als Alex letztens schrieb, dass man sich um Dead Island 2 keine Sorgen machen muss, hatte er komplett recht. Keine Sorgen, keine Gedanken, kein weiteres emotionales Investment sind hier gefragt. Das Faszinierende ist, dass ich den Enthusiasmus bei einer Vorschau komplett verstehe. Ich kann hier zwei Stunden rauspicken und damit viel Spaß haben. Es waren die 15-18 Stunden, die mich fertig machten.

Höhö, die Braut ist fett. Das ist ungefähr der Level an Humor, den ihr zu erwarten habt, viel lustiger wird es nicht.

Das Genre des semi-offenen Zombie-Massen-Schlachters mit RPG-Anleihen ist gut bestückt, aber Grund ein zwei Richtungen aufgeteilt. Wir haben einmal todernst, was wären dann Last of Us oder Days Gone. Auf der anderen Seite muss man ja auch mal Spaß damit haben, sich einen Wackel-Kopf aufsetzen und auf einem Rasenmäher durch die untoten Horden fahren, siehe Dead Rising 4. Dead Island 2 entschied sich dafür, keine Richtung zu haben.

Wenn es mal ernst wird, dann nie wirklich. Das Drama der Apokalypse passiert bestenfalls auf dem Niveau einer Mid-Season-Sitcom-Folge. Keiner der NPCs kann euch ans Herz wachsen, weil sich bei der Entwicklung scheinbar auch niemand für sie interessierte. Oh, sie oder er ist wohl jetzt ein Zombie, na dann. Zwei Zeilen müssen reichen. ChatGPT hat wahrscheinlich emotional involvierteres Texten drauf. Wie alles an Dead Island 2 ist es nicht schlecht, nicht mal lieblos. Es ist funktional. Das Spiel wurde von denkenden Menschen entworfen, aber nicht von fühlenden.

Nicht ins Wasser stellen. Ihr lockt nicht nur Zombies in Strom und Feuer, hier und da gibt es auch kleine Puzzle, die damit gelöst werden.

Weil das mit der ernsten Story nichts wurde, versuchte man sich bei der anderen Hälfte der Zeit an lustigen und abgefahrenen Dingen, endet aber bei der Hälfte dessen, was indizierte Spiele schon vor zig Jahren besser machten. Der Level an Humor und Gesellschaftskommentar liegt irgendwo zwischen GTA 3 und 4. Nicht schlecht, aber 15 Jahre veraltet. Es lässt sich auch nicht mal klar festmachen, wann die Apokalypse stattfand. Manche NPCs wollen akut flüchten, alles scheint gerade zu passieren. Andere arbeiten wohl nicht seit gestern an ihren Verstecken und experimentieren mit spezifischen Zombie-Waffen. Manche wollen noch für ihre Follower streamen, andere haben sich längst eingerichtet. Dead Island ist alles, es ist komplett über alle Karten verteilt, es hat keine Ahnung, was es sein will, und endet mit nicht viel. Alles davon könnte ein guter Anfang sein, nichts wurde konsequent in eine Richtung entwickelt. Nachdem die Credits gelaufen waren, weiß ich, dass da etwas war, aber was, das frage ich mich immer noch.

Was die Missionen angeht… Es ist immer ein Levelschlauch mit Zombies drin, wenn ihr Glück habt. Wenn nicht, dann wird „gepuzzelt“ oder was das Spiel dafür hält. In einem abgesteckten Bereich rennt ihr dann so lange herum, bis ihr alle Hinweise gefunden habt, um einen Code oder Schlüssel zu finden, damit es weitergeht. Vollbremsung im Ablauf, wer möchte, kann denken, aber meist ist es optional. Wenn ihr richtig Pech habt, gibt es sogar ein gutes Stück Backtracking in einer Reihe von Missionen. Nie so weit, dass es wirklich stört, dafür sind die Missionen eh viel zu kurz, aber trotzdem.

Keine Sorge. Immer, wenn es mal für ein paar Minuten atmosphärisch wird, erinnert sich Dead Island 2 schnell wieder daran, dass es das ja gar nicht kann.

Bei den Mechaniken des eigentlichen Spiels lasst euch nicht von der angedeuteten Tiefe täuschen. Ja, das Crafting lässt euch Dutzende Sachen einsammeln, aber rennt einfach durch den Level, hämmert immer auf X und greift alles, was nicht angenagelt ist. Mehr Gedanken müsst ihr euch um die Ressourcen nicht machen. Waffen findet ihr an jeder Ecke, und zwar immer auf dem Level, den ihr gerade habt. Da Waffen aber erst gut werden, wenn ihr sie mit Perks und Element-Effekten bestückt habt, wollt ihr vielleicht gar nicht den schicken Level-24-Hammer gegen euren Level-21-Hammer eintauschen. Keine Sorge, müsst ihr auch nicht. Ihr müsst nur den alten Hammer auf den aktuellen Level bringen. Kostet ein wenig Geld, spielt keine große Rolle. Das reduziert die Notwendigkeit sich mit neuen Waffen zu beschäftigen darauf, ob sie eine höhere Seltenheit hat. 80 Prozent der Perks könnt ihr ohnehin vergessen, weil sie voraussetzen, dass man jedes System des Spiels maximal nutzen würde. Da das aber nie nötig ist, um entspannt weiterzukommen, selbst auf dem höheren Schwierigkeitsgrad, tat ich das nicht und hatte nie den Eindruck ich würde etwas verpassen. Vielleicht dann in Dead Island 3. Lol.

Ihr merkt schnell, dass es im Grund reicht, eine schwere Waffe zu haben – gepanzerte Zombies –, eine schnelle für den Rest und dann welche mit Element-Effekten. Diese sind auch das Highlight des Games und wirklich cool und spaßig. Es gibt Wasser plus Elektrizität und Feuer plus Benzin. Wenn ihr eine Elektro-Waffe habt und damit in eine Pfütze schlagt, in der ein Zombie steht, wird er elektrifiziert. Wenn ihr selbst drinsteht, ihr auch, es ist also immer mit ein wenig Risiko verbunden. Feuer genauso: Lockt Zombies in einen Ölsee auf der Straße, schießt einmal darauf und schaut, ob ein brennender Zombie noch raus schwankt oder ob sich das Problem erst mal erledigt hat. Ich hatte im Test oft genug simplen Hau-Drauf-Spaß mit Dead Island 2 und das hatte fast immer mit genau diesen beiden Element-Wirkungen zu tun.

Ihr habt ganz LA zur Auswahl, welche Orte müssen rein? Die U-Bahn, wir brauchen auf jeden Fall die U-Bahn! Okay...

Das und dass die Waffen nach ein paar Stunden endlich ein Gefühl der Wirkung entfalten. Nicht die Schrotflinte, die erstaunlicherweise die unspaßigste Waffe in einem Zombiespiel ist. Muss man auch erst mal hinbekommen. Aber schwere Hammer oder andere Gerätschaften lassen Zombies wunderbar platzen und wie Moses durch das rote Meer aus Eingeweiden zu gehen, das ist etwas, das Dead Island 2 wunderbar hinbekommt. Da verzeiht man schon mal, dass es keine echten Bosse gibt, weil jeder Boss nur die nächste Form eines danach häufig zu findenden Spezialzombies ist. Das nimmt ihnen ein wenig den Reiz des Einzigartigen. Vorsichtig gesagt. Selbst der finale Boss ist nur eine Sammlung der Fertigkeiten voriger Zombies. Aber gut, gebt mir meinen High-Impact-Hammer und alles ist verziehen.

Zwei Mechaniken erstaunen mich aber doch. Zum einen die Macht der Sekundärwaffen. Ihr habt am Ende etwa Dutzend oder etwas mehr davon und könnt jederzeit zwei ausrüsten. Manche locken Zombies an einen bestimmten Punkt, manche verursachen Element-Effekte und manche sind nur eine Handgranate. So weit, so vertraut, aber ihr habt unendlich davon. Einen relativ kurzen Cooldown später seid ihr wieder mit zwei erstaunlich mächtigen Waffen gesegnet. Da fast alle Boss-Arenen so angelegt sind, dass ihr im Kreis weglaufen könnt, habe ich es versucht und hatte Erfolg damit, Kämpfe nur mit Sekundärwaffen zu gewinnen. Dauerte gar nicht mal so lange und spricht nicht für das Balancing.

Offener als der Strand in Santa Monica wird es nicht. Und auch der ist nicht das, was man heutzutage offen nennt.

Und dann gibt es eine Mechanik, die dazu einladen würde, das „Mind blown“-Meme auszupacken. Wenn ihr außerhalb einiger weniger Missionen in Dead Island 2 sterbt, dann werdet ihr irgendwo nicht zu weit weg mit eurem fast kompletten Inventar respawnt. Aber: Es ist kein reines Zurücksetzen, denn verbrauchte Munition ist nach wie vor weg, aber auch Gegner behalten den Schaden, den ihr bis dahin angerichtet habt. Meine einzige Erklärung: Der Protagonist ist ein Gott. Nicht DER Gott, nur ein Gott. Von all den Dingen, die nur bedingt Sinn machen, ist diese Mechanik der deutlichste Hinweis, dass dieses Spiel ausschließlich von Gameplay-Designern am Reißbrett entworfen wurde und alle Story- und Weltenbau-Leute vor der Tür bleiben mussten.

Nicht, dass ich mich beschwere, aber oft genug machte es damit die eher knappen Heilmöglichkeiten hinfällig. Losrennen, ein wenig kämpfen, ein paar Köpfe platzen lassen, sterben, weitermachen. Solange, bis man dann den Punkt der Mission erreicht hat, wo man dann wirklich zurückgesetzt wird. Da hat man dann aber alle Heilpäckchen und viel Munition parat. Der Respawn ist manchmal sogar noch viel praktischer, weil ich mich mehr als einmal ein gutes Stück weiter im Level wiederfand und mich gar nicht mehr um den Kampf kümmern musste.

Yay, Ventil- und Sicherungskasten-Puzzles, ganz als wäre es 2008. Ist wohl auch eine Form von Retro.

Ansonsten habe ich technisch nicht viel Auszusetzen. Dead Island 2 sieht richtig gut aus. Nun, sollte es auch, denn wirklich Open World ist hier nicht viel. Es gibt etwas größere Areale, die aber nur über Ausgänge verbunden sind. Aus dem Setting von LA holt das Spiel eh nur das traurige Minimum heraus, indem es ein Villenviertel, den Strand, ausgerechnet die U-Bahn und zwei noch irrelevantere Dinge nutzt, aber wenigstens sieht all das nett aus. Schöne Lichteffekte und sogar Tag und Nacht. Nicht fließend als Übergang, wie es 2023 üblich wäre, sondern beim Betreten des Levels zum Aussuchen, aber immerhin.

Hier übrigens ein ganz dringender Rat: Spiel Dead Island 2 im Koop. Nichts von den Dingen, die ich beschrieb, wird besser. Aber nicht nur selber Zombies platzen zu lassen, sondern zuschauen zu können, wie einer neben euch Zombies platzen lässt, gibt all dem hier einen Sinn. Es macht Dead Island 2 nicht zu einem grundlegend anderen oder generell besseren Spiel, aber den maximalen Spaß holt ihr im Koop raus. Wisst ihr, dass ihr nur so spielt, dann dürft ihr sogar vorsichtig einen Punkt mehr dazudenken.

Dieses Bild sagt alles, was man wissen muss, wenn man sich fragt, warum Dead Island 2 am Ende dann doch ein wenig Spaß brachte. Okay, man sollte dazusagen, dass diese Flecken bis vor zwei Sekunden noch drei Zombies waren...

Dead Island 2 wirkt nach all den Jahren immer noch nicht fertig. Die Handlung ist kaum vorhanden, die angedeutete eigentliche Handlung ein Cliffhanger, die Emotionen bleiben auf der Strecke. Wenn man GTA-Humor von vor zehn Jahren mag, dann ist das wohl ganz okay, aber wenn Dead Island 2 mal ernst werden will, dann funktioniert gar nichts mehr. Open World kann das heute auch keiner mehr nennen und viele Mechaniken wirken zwar funktional einwandfrei, aber weitestgehend irrelevant. Im Grunde wirkt vieles wie ein Spiel von vor 10 Jahren, als es all die vielen, vielen anderen Games des Genres noch nicht in ihrer modernen Form gab. Dem tackerte man Dead Island 2 ein paar der Dinge, die in der letzten Dekade halt so passierten, an, um vage auf Stand zu sein.

Nichts davon ist inkompetent. Im Gegenteil, technisch überzeugt Dead Island 2 weitestgehend und vor allem aber kommen nach einer lahmen Auftaktphase die Waffen zu ihrem Recht. Dann fliegen die Eingeweide. Wer wirklich nur für den hemmungslosen Splatter hier ist, der wird glücklich werden. Das, plus die coolen Element-Effekte ergeben immer wieder rot triefende Splatter-Orgien, wenn ihr durch ein Dutzend Zombies durchmarodiert, am besten eben mit einem Freund. In diesen Momenten ist dann alles andere kurz vergessen und vergeben und ich hatte einfach Spaß. Immer wieder mal. So oft, dass ich Dead Island 2 am Ende positiv in Erinnerung behalten werde. Nicht überschwänglich, nicht als gut, nicht groß verklärt. Aber den Drang, dann und wann mal ein paar Untote platzen zu lassen, hat es adäquat befriedigt. Das ist nicht viel. Aber es ist etwas und das will ich Dead Island 2 nicht nehmen.

Dead Island 2 Wertung: 6 / 10

Dead Island 2 - Pro und Contra

Pro:

  • Die Zombies platzen richtig gut mit den richtigen Waffen!
  • Sieht hübsch aus (nicht nur das Platzen, das ganze Spiel)
  • Element-Mechaniken sind unterhaltsam.
  • Koop macht nicht alles anders oder besser, aber ist ein Gewinn (wie bei fast jedem Spiel)
  • Der eigentliche Story-Ansatz klingt ganz spannend...

Contra:

  • Leider zeigt der sich nur 10 Minuten und endet mit einem Cliffhanger und die normale Story ist praktisch nicht vorhanden
  • Banales Missionsdesign mit nervigen "Puzzles" und manchmal Backtracking
  • Viele irrelevante Feintuning-Optionen und Mechaniken, belangloses Crafting mit nur wenigen Schlüsselelementen
  • Locations in LA schwach, kleine Areale, wenig Open World Aspekte
  • Die Waffen werden erst nach der Hälfte des Spiels gut
  • Sehr seltsame und inkonsistente Mechanik der Wiederbelebung
  • Humor blieb vor 10 Jahren oder mehr stehen, Gruselatmosphäre ist nie länger als drei Minuten vorhanden

Entwickler: Dambuster Studios - Publisher: Plaion - Plattformen: Xbox Series X/S (getestet), PC, PlayStation 5, Xbox One, PlayStation 4 - Release: 21.04.2023 - Genre: Action-Adventure - Preis:ca. 60€

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Dead Island 2

PS4, Xbox One, PC

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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