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Forspoken im Test: Kein besonders gutes Spiel – ich will trotzdem mehr davon!

Square Enix versetzt Rundentaktik in Bewegung.

Die flotten Kämpfe machen mit zahlreichen Zaubern und akrobatischen Bewegungen viel Spaß – Geschichte und Schauplatz tun leider das Gegenteil.

Es scheint, als hatte Luminous Productions mit Forspoken vor allem ein Ziel: Das Studio, dessen Besetzung zum großen Teil aus Entwicklern von Final Fantasy 15 besteht, wollte klassische Rundentaktik in rasante Echtzeit-Action übertragen. Wie ich darauf komme? Weil das Kampfsystem in Forspoken schlicht famos ist – der Rest allerdings so dünn, dass man ihn kaum spüren würde, könnte man ihn zwischen zwei Fingern reiben.

Den Aufhänger kennt ihr vermutlich längst: Die bei verschiedenen Zieheltern aufgewachsene Frey gelangt in das Fanatasyreich Athia, wo ausgerechnet sie den Frieden wiederherstellen soll, die in ihrer Welt ständig mit dem Gesetz in Konflikt gerät. In gewisser Weise ist Forspoken also eine Geschichte des Erwachsenwerdens, auch wenn Frey schon 20 Jahre alt ist und so ausgelassen flucht wie Ellie an schlechten Tagen.

Gespielt wird Frey übrigens von Ella Balinska, die schon die Hauptrolle der Resident-Evil-Serie übernahm. An ihr hat es weder hier noch da gelegen!

Nur dass ihre Geschichte meilenweit von The Last of Us entfernt ist. Dabei ist das Szenario durchaus interessant, wenn Athia nicht nur von einem geheimnisvollen Unheil bedroht wird, sondern gleichzeitig unter der tyrannischen Herrschaft so genannter Tantas leidet. Beidem muss Frey natürlich ein Ende bereiten – gut deshalb, dass sie in Athia über magische Fähigkeiten verfügt und auf die Hilfe ihres in einen Armreif verwandelten Begleiters zählen kann.

Weniger gut allerdings, dass vieles davon in einer stichpunktartigen Erzählung gezeigt wird, die zwischen dem Tod eines jungen Mädchens und der folgenden Siegesparty kaum Zwischentöne oder gar gefühlvolle Entwicklungen kennt. Vor allem aber bleiben alle Charaktere einschließlich Frey enttäuschend blass.

Mit mächtigen Zaubern hantiert Frey von Beginn an und es kommen bald weitere hinzu.

Wie naheliegend wäre es zum Beispiel gewesen, ihr über das Lackieren der Fingernägel (damit verstärkt sie je nach Muster bestimmte Fähigkeiten) auf gefühlvolle Art das Ankommen in der fremden Umgebung zu erleichtern – vielleicht weil es in ihrem rauen Zuhause nie eine Rolle gespielt hat. Stattdessen ist es… einfach nur da.

Und das gilt leider für die gesamte Spielwelt, in der das nächste Ziel immer am weit entfernten Ende eines langen Weges liegt, auf in dem etliche Gegnergruppen, Truhen, Schnellreisepunkte und optionale Herausforderungen platziert sind. Sonst gibt es dort nichts, wirklich gar nichts. Die offene Welt ist eine reine Ansammlung von Aktivitäten, die nach einem kurzem Scan schon komplett, wenn auch zum Glück nur vorübergehend, aufs HUD geklebt werden.


Das für PC und PlayStation 5 erhältliche Forspoken wird unter anderem in den folgenden Stores verkauft:

Noch dazu sieht die stets in Stufen geschnittene Landschaft bis auf gelungene Ausnahmen überall gleich aus. Mit anderen Worten: Sowohl Geschichte als auch Kulisse wirken dermaßen zweckmäßig, als sollten sie auf keinen Fall mehr als den Minimalanspruch eines Spiels erfüllen.

Es gibt sogar Türme in Forspoken und Frey fragt kurz nach, ob sie da jetzt rauf klettern müsse.

Tatsächlich wirkt vieles sogar, als wäre es im Nachhinein hinzugefügt worden. Denn der einzige Ort, an dem Frey sich mit Anderen unterhält sowie profane Nebenaufgaben der Marke „Lauf elf Katzen hinterher!“ erledigt, ist strikt vom Rest der Welt getrennt. Man lernt die Welt auch nicht kennen, indem Frey etwas entdeckt oder gar durch Unterhaltungen mit ihrem sprechenden Armreif.

Stattdessen muss man dafür tausend Textschnipsel lesen, für die man auch jedes Mal ins Menü geleitet wird, während sich Frey und ihr Begleiter nur ständig dieselben Phrasen an den Kopf werfen – oder wohin auch immer man einem Armreif einen schnippischen Kommentar knallt. Und was ich von der spielerisch bruchstückhaften Einführung halte, hatte ich ja schon an anderer Stelle geschrieben.

Nun war das alles nach der umfangreichen Demo schon genau so zu erwarten. Aber ich hatte mich trotzdem auf Forspoken gefreut und die Demo sogar gleich zweimal gespielt. Was wenig überraschenderweise am Kampfsystem liegt, das ohne jeden Zweifel der Star dieser Show ist.

Sieht cool aus, aber erkennen kann man in so einem Partikelsturm natürlich wenig.

Wobei man „Show“ durchaus wörtlich nehmen kann, denn was hier an Partikeleffekten in allen Farben explodiert, ist fast schon Grund genug sich auf Freys zauberhaftes Toben einzulassen. Manchmal ist das sogar zu viel, sodass man feindliche Angriffe hin und wieder nicht rechtzeitig erkennt. Außerdem kommt die Bildrate auf PS5 nicht immer hinterher. Das ist natürlich ärgerlich. Aber sobald man einmal im Flow ist…

Der entsteht ja nicht nur durch das Effektgewitter; den erzeugt man hauptsächlich höchstselbst, weil Frey dank ihrer Fähigkeiten als Parkour-Athletin mit einem Affenzahn durch die Umgebung huscht. Indem man eine einzige Taste gedrückt hält, überwindet sie dabei automatisch Hindernisse und weicht Gefahren aus, was frappierend an Ubisofts Assassine erinnert.

Fast ohne Zutun erreicht Frey solche Höhen, um Angriffen auszuweichen und kritische Treffer zu landen.

Weil die Energie für diese Bewegung allerdings begrenzt ist und es zusätzliche Möglichenten gibt Felswände zu erklimmen oder sich schnell springend fortzubewegen, fühlt sich dieser Flow nicht nach Autopilot an. Auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad musste ich ihn jedenfalls gut im Auge behalten, damit Frey nicht plötzlich zum „Stehen“ kommt. Immerhin ergeben sich aus dem Flow auch Angriffsmöglichkeiten, die bei besonders starken Kreaturen, in Bosskämpfen oder schon gegen etwas knifflige Gegnerformationen eine große Hilfe sind.

So kann man nur nach einem Parkour-Manöver bestimmte mächtige Attacken ausführen. Abgesehen davon spielt wie in der klassischen Rundentaktik das richtige Positionieren eine wichtige Rolle, weil Treffer in den Rücken oder in die Seite von Gegnern deutlich größeren Schaden anrichten als von vorn. Man braucht den Parkour also, um sich in den richtigen Augenblicken entscheidende Vorteile zu erspielen.

Praktisch: Man hat die Wahl, ob das Geschehen beim Auswählen eines Zaubers mit normaler oder in starker Zeitlupe weiterlaufen oder komplett angehalten werden soll.

Frey kämpft übrigens stets mit Magie. Das heißt, auch im normalen Nah- und Fernkampf, bei dem man wie mit einem Schwert zuschlägt oder verschiedene Geschosse abfeuert, nutzt sie keine physischen Waffen. Sie kann diese Nah- und Fernangriffe aber jederzeit und beliebig oft ausführen, während man die eher konventionellen Zaubersprüche nur jeweils einmal einsetzt, bevor man darauf warten muss, dass ihre individuellen Abklingzeiten verstreichen.

Zu diesen Zaubern zählen Fallen im Boden, das Festhalten aller Kreaturen in einem kreisrunden Areal, Wasserwirbel, eine Art Schutzschild und viele mehr, die im Laufe des Abenteuers nach und nach dazukommen. Dass man diese Vielzahl dabei mühelos durchschaltet, rechne ich Luminous hoch an. Auch deshalb bin ich mir sicher, dass viel Entwicklungszeit in das sorgfältige Herausarbeiten dieses Systems floss. Und immerhin: So erzählerisch leer die offene Welt sein mag, so wenig wurde sie mit belanglosem Sammelkram vollgestopft. Klar gibt es auch hier zahlreiche Ressourcen zum Verbessern der Aufrüstung sowie dem Herstellen von Heiltränken.

Kleine Rätsel lösen einige der Schlösser, hinter denen sich wertvolle Belohnungen verbergen.

Weil Luminous aber auf prozedurale Beute verzichtet und erfolgreich abgeschlossene Herausforderungen stattdessen mit vorgefertigten Gegenständen belohnt, gewinnt das Aufwerten guter Umhänge, Halsketten und Muster für den Nagellack ebenso an Bedeutung wie die dazugehörigen Herausforderungen. Dazu zählen wiederum Kämpfe in kleinen Dungeons, das Lösen kurzer Verschieberätsel, das Besiegen mächtiger Mutanten sowie Knipsen von Fotos und Erreichen eines Zielpunktes auf Zeit.

Nun hätte ich spätestens die letzten beiden wahrlich nicht gebraucht und ein wenig wird das Aufwerten außerdem dadurch entwertet, dass sich ein Großteil der Ausrüstung ähnlich ist. Insgesamt funktioniert der rein zweckmäßige Schauplatz dank der sinnvoll dosierten Sammelreize aber eben so gut, dass er mich auf rein mechanischer Ebene erfolgreich zum Ablaufen vieler Markierungen angespornt hat.

Test zu Forspoken – Fazit

Man darf eben kein großes Abenteuer erwarten. So interessant sowohl das Szenario als auch seine Heldin sind, so wenig wird erzählerisch daraus gemacht. Und auch spielerisch bleibt die Welt ausgesprochen blass, da sie ausschließlich als Whiteboard dient, auf dem die Entwickler Gegner und andere Herausforderungen markiert haben, an denen man sich für kleine und große Belohnungen abarbeiten kann. Nun macht genau dieses Abarbeiten allerdings eine Menge Spaß, weil man dabei ausgesprochen unterhaltsame Action erlebt. Luminous verpackt viele Stärken klassischer Rundentaktik nämlich als flottes Partikelspektakel, in dem man spielend leicht mit einer Vielzahl unterschiedlicher Angriffsarten und Zauber hantiert. Getragen wird das von flinken Parkour-Bewegungen, die nicht nur schick aussehen, sondern offensive Positionswechsel und eine starke Defensive ermöglichen. Am Ende hat die altbackene, stichpunktartige Inszenierung meine Hand leider zu oft in Richtung Stirn gezogen. Dennoch wünsche ich mir sehr, dass Luminous dieses Kampfsystem bald auch in einem durchgehend modernen Abenteuer ausbauen kann!

Test zu Forspoken – Wertung: 6/10

Pro und Contra

Pros:

  • Nahtloses Einbinden für Rundentaktik typischer Zauber in frenetischen Nah- und Fernkampf
  • Elegantes Fortbewegen und schnelle Positionswechsel im Kampf
  • Einige grafisch eindrucksvolle Effekte
  • Motivierendes Verbessern von Fähigkeiten und Ausrüstung ohne prozedural erstellte Waffen und Rüstungen
  • Eingängige und frei einstellbare Steuerung sowie viele weitere Individualisierungsmöglichkeiten

Contras:

  • Schwach erzählte Geschichte mit oberflächlichen Charakterzeichnungen
  • Ausgesprochen leblose Welt, die alleine als Arena für verschiedene Herausforderungen dient
  • Nicht immer volle Übersicht im Kampf
  • Bildrate sackt auf PS5 mitunter deutlich ab

Entwickler: Luminous Productions - Publisher: Square Enix - Plattformen: PC, PlayStation 5 - Release: 24.01.2023 - Genre: Action-Adventure - Preis (UVP): knapp 80 Euro

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