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Godzilla - Test

Trash. Und leider nicht die gute Art.

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Da ist etwas Fanservice drin, aber sonst kombiniert Godzilla einen unendlich lahmen, fast betäubenden Spielablauf mit Grafik aus der PS2-Ära

Das ist eines dieser Spiele, die wirklich schmerzen. Sowohl sie zu spielen, weil es einfach nicht gut oder auch nur durchschnittlich ist, was hier passiert, sondern weil man gleichzeitig noch merkt, dass hier viel Liebe drinsteckt. Ihr bekommt hinter dem stilvollen Cover praktisch jedes Monster der letzten über 60 Jahre mitgeliefert und sie tun genau das, was sie sollen. Sie legen Tokio in Schutt und Asche und prügeln sich gegenseitig, bis das Pappmasche abfällt. Dazu Mehrspieler für drei Monster gleichzeitig, Tonnen an Fan-Infos zu allen Biestern, hochlevelbare Angriffe und sogar ein Diorama-Modus, in dem ihr Monster in Kulissen setzt und so spektakuläre Bilder entwerft. Wenn doch nur das Spiel Spaß machen würde.

Das große Highlight: Der Auftritt der Monster.

Das ist die ganz Crux. Was ihr bekommt, ist primitivste Prügel-Action in Zeitlupe ohne Taktik, Strategie, Anspruch und vor allem ohne Abwechslung irgendeiner Art. Ihr kommt in einen Level und beginnt, alles plattzumachen, was dasteht. Häuser explodieren langweilig nach drei Treffern, es gibt kein auch nur vage liebevolles Schadensmodell, das Freude an der Zerstörung bereitete. Ich will sehen, wie die Front wegfliegt und dahinter Büros freilegt, durch die dann Godzillas nächster Hieb fegt. Das hier ist Godzilla gegen Schuhkartons, deren Texturen sich nicht immer sicher sind, wann genau ihr Auftritt stattfinden sollte. Es ist dermaßen hässlich, dass es sowohl den Charme der alten Filme beleidigt als auch die Hardware auf der es läuft. Es ist - und das ist nicht mal hart gesagt - ein hochskaliertes PS2-Spiel, das schon auf der alten Konsole keine Preise gewonnen hätte.

Viel schlimmer aber als alle abstoßende Grafik ist das Tempo, in dem alles abläuft. Sei es der aktuelle Level, der Fortschritt durch den Story-Modus oder das Spiel insgesamt. Godzilla gewinnt mit Leichtigkeit den Preis für das zähste Spiel aller Zeiten. Ich habe Free-to-Play-Titel erlebt, deren Freischaltsystem sogar ohne Geldeinsatz zügiger abläuft, als ihr hier die tausenden minimalen Kampfupgrades freischaltet, die am Ende eh keine große Rolle spielen. Ganz zu schweigen davon, dass ihr das auch immer und immer wieder machen müsstet, für jedes einzelne Monster. 300 Stunden aufwärts sind sicher kein Thema, aber nach dieser Zeit dürftet ihr nur noch die kaputte, leere Hülle eines Spielers sein, der dann beim Blick aus dem Fenster an Reizüberflutung stirbt.

Das theoretische Highlight Monster aus allen Godzilla-Generationen gegeneinander antreten zu lassen wird durch das eigentlich Spiel zunichte gemacht.

Aber wie gesagt, die Lahmarschigkeit ist ein generelles Thema und betrifft alles und das Spieltempo selbst. Ihr kriecht an Land, arbeitet euch durch die notdürftig entworfene Kulisse und strebt dem nächsten Generator entgegen. In der Zwischenzeit erfüllt das japanische Militär seine Rolle, indem es komplett nutzlos als Monsterfutter herhält. Selbst in den „harten" Leveln könnt ihr es zumeist geflissentlich auf eurem 20-minütigen Schildkrötenmarsch durch ein eigentlich winziges Gebiet ignorieren, bevor euch das Ende des letzten verbleibenden Generators erlöst. Wenn ihr Glück habt - und meistens ist das der Fall - taucht in dem Stage zwischendurch ein anderes Monster auf, das ihr besiegen müsst. Was uns in die Debakel-Kategorien von Steuerung, Spiel-Balance und Kollisions-Erkennung bringt...

Wer hier alles freischaltet, hat entscheiden zu viel Langeweile.

Kurz gesagt, das Spiel versagt kläglich in allen davon. Ihr habt drei Angriffe. Eine „schnelle" Kombo - sehr relativ gesprochen -, einen starken, langsamen Angriff und eine Energie-Attacke, die sich von allein in fest definierter Zeit auflädt. Diese lassen sich ohne Probleme ausführen, sofern ihr halt bedenkt, dass die an einer Hand abzählbaren, nicht variierenden Animationen mehrere Sekunden dauern und nicht abbrechbar sind. Ihr bewegt das Ungetüm mit dem linken Stick, gedreht wird es aber mit den Schultertasten. Das ist gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig, da aber eh alles gefühlt in Zeitlupe abläuft, bleibt mehr als genug Gelegenheit, in Ruhe über die nicht veränderbare Tastenbelegung nachzudenken und zwar bei jedem einzelnen Angriff. Um die Dinge noch unbeweglicher zu gestalten, haben die Monster keine Möglichkeit, schnell per Tastendruck auszuweichen. Es gibt nur einen Rundumschlag, der alles zurückwirft, was sich in eurer Nähe befindet. Der jedoch nutzt die gleiche Energie, die auch der Fernangriff nutzt. Man könnte es ein taktisches Element nennen, aber da würde man wahrscheinlich zu viel in etwas hineininterpretieren, was eigentlich nur eine missratene Design-Entscheidung war.

Technisch ist selbst für die PS3 indiskutabel, was hier abläuft. Bei Screenshots wird automatisch das aufdringliche Wasserzeichen unten rechts eingefügt.

Die Spielbalance im Solo-Modus stört nichts davon. Ihr marodiert durch etwa zehn Level am Stück, wobei ihr nach fast jedem den weiteren Weg neu bestimmt. In der der Regel wählt ihr zwischen leicht und schwer. Doch das ist alles sehr relativ, da ihr euch selbst dann, wenn sich alles auf dem Screen schon rot verfärbt und Tonnen an Militär zusammen mit Mecha-Godzilla gegen euch stehen, nur ein paar Sekunden zurückziehen müsst, bevor ihr wieder in Kampfform seid. Solche „schweren" Kämpfe zögern das noch mal hinaus, sind aber zumindest optisch etwas netter als der Rest. Man nimmt ja hier, was man kriegen kann, Sterben und Spannung sind ja nicht vorhanden. Wäre das der Fall, dann würde man sich mehr über die mangelhafte Kollisionserkennung aufregen. Immer wieder schlägt Godzilla durch Feinde durch, vor allem die in der Luft vor sich hin trudelnde Superwaffe der Armee, Super X, scheint das als Spezialtalent mitzubringen.

Wenn das Freischalten der Monster nicht so endlos dauern würde, wäre der Diorama-Modus für Fans ein echtes Highlight. Aber so kapituliert wahrscheinlich auch der härteste Monster-Anbeter lange bevor er seine Lieblinge zusammen hat.

In diesen Kämpfen gegen Monster andere Bosse wird klar, dass nicht alles fair zugeht. Gegen die unfähige KI spielt das keine Rolle, im - leider nicht lokalen und online von massiven Lags geplagten - Multiplayer dagegen nehmen nur Unerfahrene ein Monster, das keine Flugattacke mitbringt. Solche Angriffe in Kombination mit den nicht enden wollenden Trefferanimationen lassen Wesen wie King Ghidora praktisch unverwundbar werden. Andere Wesen, wie die komplett nutzlose Larve Mothras, empfehlen sich nur für Masochisten, die Spaß dabei haben, so gut wie nie einen Treffer zu landen und selbst wenn keinen Schaden zu verursachen. Das Matchmaking ist dabei entweder komplett kaputt oder es gibt wirklich keine Spieler, die auch nur vage meinem eher niedrigeren Level entsprachen. Und ich will verdammt sein, bevor ich das hier so lange spiele, bis ich Level 300 erreicht habe.

Spielerisch ist Godzilla also leider ein Komplettunfall endloser Langeweile und Hässlichkeit. Da helfen auch Spielmodi wie ein Boss-Rush oder die sich aufsplittende Geschichte nicht. Der einzige Modus, der es irgendwie reißt, ist der Diorama-Modus. Hier setzt ihr erstaunlich komfortabel freigespielte Figuren in Landschaften und inszeniert so nette kleine Kampfszenen. Schön sind die bei der Engine auch nicht, aber es ist irgendwie seltsam befriedigend mit virtuellen Spielsachen herumzuhantieren. Es könnte fast Spaß machen, nur gibt es ein Problem: Ihr müsst alles freischalten. Dafür müsst ihr das Spiel spielen. Und bei dem Tempo, in dem hier Dinge freigeschaltet werden, reden wir hier von Dutzenden, vielleicht Hunderten von Stunden. Keine Chance, das tue ich mir nicht an. Nicht mal, wenn man mir die 60 Euro zahlt, die man für Godzilla berappen soll.

Ein Dutzend Godzilla-Filme ist billiger als dieses Spiel. Da muss man nicht lange überlegen.

Ein langweiliges Spiel kann immer noch spielerisch okay und prinzipiell durchdacht sein. Ein schlechtes Spiel kann alles andere als langweilig sein. Aber ein schlechtes und langweiliges Spiel... Sobald es um die Auswahl und die Texte der Monster geht, zeigt sich ein wenig von der Zuneigung zum Thema, die das Studio wohl hatte. Das hilft jedoch nichts, wenn die Liste der positiven sonstigen Features direkt nach Punkt Eins - authentische Soundeffekte - schon wieder endet. Die Steuerung ist bestenfalls eigenwillig. Die Grafik ein schlechter Witz. Den weitestgehend anspruchslosen Spielablauf wiederholungsanfällig zu nennen, wäre diesem Wort gegenüber fast ungerecht. Die Balance scheint eher nach zufälligen Mustern verteilt. Die Kollisionsabfrage funktioniert, wenn sie Lust dazu hat. Die Krönung schlechthin ist das Tempo der Freischaltung selbst minimaler Features und Extras, welches sogar Gletscher als „eher gemächlich" umschreiben würden. Godzilla hätte sicher mal wieder ein gutes Spiel verdient. Aber nach diesem Debakel dürfte es lange dauern, bis es jemand erneut versucht.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Godzilla

PS4, PS3

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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