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Narcosis (PS4) - Test: Das Grauen der Tiefsee

Unter dem Meer, unter dem Meer ...

Etwas träger und sperrig zu steuernder Unter-Wasser-Horror mit dichter Atmosphäre und spannender Geschichte. Mehr als nur Jump-Scares.

"Lassen Sie sich nicht von der Schwere Ihrer aktuellen Lage erdrücken", rät mir Narcosis in einem Ladebildschirm. Als wüsste das Spiel, wie ich mich gerade fühle. Als würde ich wirklich erdrückt nämlich. Vom Wasserdruck des Meeres über mir einerseits, von dem Taucheranzug, der mich am Leben erhält, auf der anderen Seite. Die Entwickler beschreiben letzteren sehr treffend als wandelnden Sarg. Der sorgt zwar einerseits dafür, dass ich nicht ertrinke oder zerquetscht werde.

Hoffnungslos ist die Situation trotzdem. Denn nach einer Katastrophe in einer Industrieanlage unter Wasser seid ihr anscheinend der einzige Überlebende und müsst euch fortan in den Überbleibseln der Meereshabitate von Sauerstoffflasche zu Sauerstoffflasche quälen. Langsam und immer mit Angst vor riesigen Unterwasserspinnen. Und vor eurem eigenen Kopf - denn der beginnt so langsam durchzudrehen ...

Ob in diesem Anzug noch irgendetwas Lebendiges steckt? Ihr wisst es nicht. (Narcosis - PS4 - Test)

Narcosis ist für PC und Xbox One bereits im vergangenen Jahr erschienen, jetzt folgte auch die Version für die PS4. Spielerisch unterscheidet die sich zumindest von der PC-Version insofern, als dass sie keine VR-Unterstützung bietet, denn die Steam-Fassung könnt ihr sowohl mit Oculus Rift als auch mit HTC Vive spielen. Schade, eine PSVR-Unterstützung hätte dem Spiel gutgetan, weil die Immersion nämlich wirklich stark ist und auf diese Weise noch stärker sein könnte. Narcosis setzt nicht nur auf plumpe Jump-Scares, seinen Horror vermittelt das Spiel eher über ein permanentes unterschwelliges Angstgefühl. Weil ihr wisst, dass irgendwann alle Sauerstoffflaschen aufgebraucht sein werden und ihr dann schlichtweg erstickt. Das erzählt das Spiel nicht nur in seiner Geschichte, das ist auch im Gameplay so - schafft ihr es nicht, schnell genug von einer Flasche zur anderen zu kommen, sterbt ihr und das Spiel lädt den letzten Checkpoint.

Nach und nach findet ihr in Narcosis heraus, was aus euren Arbeitskollegen geworden ist. (Narcosis - PS4 - Test)

Die Geschichte vermittelt das Spiel einerseits, indem ihr immer wieder die sterblichen Überreste eurer ehemaligen Kollegen findet. Andererseits aber auch durch einen Erzähler aus dem Off, scheinbar die Spielfigur selbst, die das Erlebte im Nachgang einer Psychologin erzählt. Was er erzählt, spiegelt sich meist unmittelbar in der Spielwelt selbst. Wenn es darum geht, den Verstand zu bewahren, krümmt sich der Raum, eigentlich auf dem Boden stehende Schreibtische werden plötzlich zu an der Wand hängenden Plattformen, über die ihr euch springend zum nächsten Ausgang kämpfen müsst. Ihr könnt euch nicht auf das verlassen, was ihr seht. Manchmal dreht ihr euch um und da ist ein Gang, der da vorher nicht war. Dann wird es dunkel und wenn es hell wird, befindet ihr euch an einem gänzlich anderen Ort. Klar, das hat man in anderen Spielen schon gesehen, aber Narcosis macht es eben ziemlich gut. Es übertreibt nicht, es trennt das, was sich im Kopf von eurer Spielfigur abspielt, nicht klar von dem, was wirklich in der Spielwelt passiert. Wahnsinn und Realität gehen fließend ineinander über.

Bald sind es nicht mehr die immer wieder auftauchenden großen Wasserspinnen und Tintenfische, die euch am meisten Angst machen. Ein bisschen auf die Vierecktaste gehämmert oder einfach ausweichen, dann sind die kein Problem. Es ist der Raum um euch herum. Ihr hinterfragt schon nach kurzer Spielzeit den Wahrheitsgehalt dessen, was ihr da seht.

Der Spielverlauf ist zwar relativ linear, und bewegt sich im handelsüblichen Rahmen dieser Sorte Game, immer wieder müsst ihr aber auch ein bisschen suchen, wo ihr weiterkommt. Und das ist gar nicht so einfach, wenn sich die Welt um euch herum unkontrolliert verändert. Ihr könnt zwar Leuchtsignale werfen und die vielen dunklen Räume so ein bisschen aufhellen. Aber wer sagt euch, dass dieser Raum überhaupt noch da ist, wenn ihr euch das nächste Mal umdreht? Gleichzeitig spielen die Entwickler auf interessante Art mit eurem Sauerstoffvorrat. Wenn die Figur nämlich etwas für sie Erschreckendes sieht, die Leiche eines Kollegen beispielsweise, nimmt der Sauerstoffverbrauch zu. Wollt ihr das wertvolle Gas also sparen, solltet ihr tunlichst wieder die Wand ansehen.

Schockierende Momente im Spiel rauben euch mehr Sauerstoff. (Narcosis - PS4 - Test)

Bei der Steuerung wollten die Entwickler wohl vor allem der Tatsache gerecht werden, dass ihr im oben erwähnten wandelnden Sarg steckt. Ihr bewegt euch nur sehr langsam vorwärts, schnelle Drehungen sind unmöglich, stattdessen könnt ihr euch nur schwerfällig um die eigene Achse drehen. Das funktioniert gut, so lange ihr euch nur durch ebenerdige Korridore bewegt, ab und an gibt es aber auch kleinere 3D-Platformer-Einlagen und genau dann wird die Steuerung zum Problem. Sprünge lassen sich schwer timen, wo ihr landen werdet, könnt ihr nur schwer abschätzen. Glücklicherweise gibt es entsprechende Passagen aber nicht allzu häufig, so dass sich der Frust letzten Endes in Grenzen hält.

Die PS4-Version lohnt sich allerdings wohl nur für solche Spieler, die sonst kein Gerät haben, auf dem das Spiel läuft, denn inhaltlich unterscheidet sie sich nicht von der Xbox- und der PC-Fassung, zudem ist sie mit einem Preis von 29,99 Euro zehn Euro teurer als die anderen Versionen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass das Spiel mit nur drei Stunden Spielzeit relativ kurz ist. Das ist zwar für ein Spiel, das vor allem auf seine Narrative und seine Atmosphäre wert legt, grundsätzlich okay, es rechtfertigt aber nicht unbedingt den Preis, zumal die PSVR nicht unterstützt wird.

Der Verstand spielt verrückt, der Raum biegt sich. (Narcosis - PS4 - Test)

Letzten Endes ist der Preis der einzige Grund, warum ich Narcosis für die PS4 aktuell nicht die silberne Plakette anheften möchte. Das Spiel hat eine tolle Atmosphäre, die es wert ist, erlebt zu werden, es fühlt sich klaustrophobisch an, bedrückend, manchmal spürt ihr fast schon den Taucheranzug um euch herum und wollt ihn abschütteln, wohl wissend, dass das euer sicherer Tod wäre. Die Geschichte selbst ist spannend, ihr wollt permanent wissen, was eigentlich passiert ist und wie ihr aus dieser Misere wieder herauskommt. Auch dass die Steuerung euch in wenigen Szenen im Weg steht, lässt sich verschmerzen. Aber bei nur drei Stunden Spielzeit sind 29,99 Euro einfach zu viel, erst recht, wenn eine zehn Euro günstigere PC-Fassung VR unterstützt. Sollte es mal im Sale sein, greift zu.


Entwickler/Publisher: Honor Code/Honor Code - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: 19,99 Euro (PC, Xbox One), 29,99 (PS4) - Erscheint am: erhätlich - Getestete Version: PS4, Xbox One - Sprache: deutsche Texte, englische Sprachausgabe - Mikrotransaktionen: Nein

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