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Super-Bikes Riding Challenge

Spaß-Bremse

Verdammt, nicht schon wieder! Zum x-ten Mal fliegt das Super-Bike durch die Luft, schlittert über den Asphalt, den Schotter oder knallt in die Seitenbegrenzung. Und das blöde Game-Pad gleich hinterher. Wie zum Teufel soll ich ein Rennen gewinnen, wenn schon die erste Kurve zum fünften Mal hintereinander zum Stolperstein wird? Motorrad-Rennen sind eindeutig schwerer als Autorennen. Das ist auch bei Super-Bikes Riding Challenge von Milestone nicht anders. Erst recht nicht, wenn sich der Entwickler eine besonders realistische Umsetzung des zweirädrigen Fahrspaßes zum Ziel gesetzt hat.

Ein Rennspiel soll fesseln, anmachen und begeistern. Spieler wollen die "Wow!"-Stimmung und Atmosphäre erleben, die es nur bei Tempo 200 und mehr gibt. Das Handling soll fordern, aber nicht überfordern. Man soll gewinnen können, aber nicht ohne Gegenwehr. Kurz: Spaß dabei haben, PS-starke Traumgeschosse über Rennstrecken zu jagen. Super-Bikes Riding Challenge bietet von all dem gute Ansätze, scheitert aber auch in einigen besonders wichtigen Disziplinen.

Doch zunächst zu den durchaus vorhandenen Vorzügen des Spiels. Punkt eins: Die Strecken. Die insgesamt 30 Parcours gibt es in drei Varianten - als Stadtstrecken, Landstraßen und reinrassige Speedways. Das Design ist durchweg gut gelungen und die vielen Details, wie Umgebung und Streckenführung, wirken überzeugend. Auf dem Berliner Kurs heizt man beispielsweise durch das Brandenburger Tor. Als Lokalmatador macht das natürlich besonders viel Spaß - endlich mal ohne Stau unter der Quadriga hindurch.

Home sweet home.

Punkt zwei: Die Steuerung. Die Krux bei Rennsportsimulationen ist immer die Steuerung. Bei Motorrädern wiegt das sogar doppelt schwer. Super-Bikes setzt auf authentisches Handling und will sich auf diesem Gebiet als Vorreiter aufschwingen - zum GTR der Motorradsimulationen sozusagen. Vorder- und Hinterradbremse sind getrennt bedienbar. Für Profis und eingefleischte Biker ein Grund zur Freude. Für Amateure und solche, die keinen Motorradführerschein ihr Eigen nennen, eher ein Verdruss. Aber nur ein kurzer: In den Realismus-Einstellungen lässt sich diese Option heruntertunen. Auf Wunsch gibt es weitere Fahrhilfen, wie beispielsweise ABS, die einem die Handhabung erleichtern.

Zusätzlich kann man sogar die Spielfigur auf dem Bike rudimentär steuern: Die Auf- und Abbewegung des Körpers beim Gas geben respektive Abbremsen sorgen wie in der Realität für bessere Beschleunigung bzw. die nötige Verzögerung. Multitasking ist angesagt: Gleichzeitig Bremsen, den Fahrer ausrichten, in die Kurve einlenken, ohne den Ofen auf die Straße zu legen – nicht gerade leicht, aber machbar. Als weiterer Realitätsindikator dient auch das blitzschnelle Abschmieren der Rennmaschinen, sobald die Gummis auch nur die kleinste Berührung mit Gras-Streifen oder anderen Unebenheiten abseits des Asphalts erleiden. Selbst bei geringen Geschwindigkeiten. Wer sich zu häufig auf die Nase legt, riskiert eine schwere Verletzung des Fahrers und somit das Ausscheiden.

So positiv diese Aspekte für Rennspielenthusiasten klingen mögen, so schwer wiegen auch die Gegenargumente. Vor allem in Bezug auf die entscheidenden Faktoren Spielspaß und Atmosphäre. Punkt eins: Lebendigkeit. Sehen die Kurse noch schön aus und bieten viel Abwechslung, sind sie doch zu oft so tot wie Omas Gemüsegarten nach einem Pestizid-Kahlschlag. Keine Zuschauer, keine Streckenposten – einfach nix. Die meisten Rennen finden scheinbar nicht nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sie leiden unter komplettem Lebensform-Boykott. Ebenso überschaubar ist das Fahrerfeld. Nur maximal sieben weitere Fahrer wagen es, gegen mein Alter-Ego anzutreten. Selbst Mad Max hatte es in der Post Apokalypse mit mehr Kontrahenten zu tun. Das ist Gift für die Renn-Atmosphäre.

Wo ist nur mein Scheibenwischer?

Punkt zwei: Der Sound. Ein Rennspiel lebt zu großen Teilen auch von der stimmigen Soundkulisse. Man will röhrende Motoren und knackige Fahrgeräusche erleben, einfach das Mittendrin-statt-nur-dabei-Feeling. Leider nicht so bei Super-Bikes. Hier warten vor sich hin säuselnde heiße Öfen, die eher Assoziationen an halbstarke Mofas wecken als an Geschosse wie die Honda CBR 1000 oder die Ducati 999R. Ziemlich schwachbrüstige Vorstellung! Hallo? Das sind getunte Rennmaschinen, die sollen sich bitte auch so anhören! Vom Soundtrack ist ohnehin kaum etwas zu vernehmen. Mitreißende Action-Musik klingt anders.

Punkt drei: Der Schwierigkeitsgrad. Auch wenn Super-Bikes einige Möglichkeiten bietet, das Gameplay an die eigenen Anforderungen anzupassen, ist die Steuerung gerade für Anfänger ein Problem. Die nur rudimentäre Fahrschule (Tutorial) hilft dem über den Kurs schlingernden Amateur nicht im Geringsten. Das liegt neben dem hohen Grad an Realismus vor allem auch an dem trägen Handling. Besonders brenzlig ist es in den Kurven. Ständig rutscht man weg, über- oder untersteuert die Kiste und landet schließlich im "Graben". Zu allem Überfluss nervt das ständige Abheben des Vorder- oder des Hinterrads. Das mag realistisch sein, Spaß macht es auf Dauer nicht. Wenigstens die spektakulären Abgänge sind unterhaltsam. Bowling for Runaways, sozusagen.

Punkt Vier: Die Gesamtpräsentation. Insgesamt wirkt die Aufmachung des Spielmenüs nicht so prall. Das trocken-dröge Design ließe sich noch verschmerzen, das recht konfuse Interface jedoch nicht. Warum benötige ich zwei Profile für ein und dieselbe Person? Die diesbezügliche Trennung in Meisterschaftsrennen und Karriere ist nicht nachvollziehbar und verwirrend. Beide Modi unterscheiden sich Gameplay-technisch ohnehin nur wenig. Bei der Meisterschaft verfügt die eigene Spielfigur zusätzlich über Charaktereigenschaften, die sich mithilfe von Erfahrungspunkten steigern lassen. Punkte gewinnt man natürlich durch die Teilnahme an Rennen, wodurch auch neue Ausrüstung, Bikes und Strecken freigeschaltet werden.

Mein Kopf ist schief ...

Punkt fünf: KI Also, ich weiß nicht. Von einer guten KI erwarte ich, dass sie auch in Kurven "ihren Mann steht" und nicht nur auf den Geraden. Oft genug ist es möglich, alle sieben Gegner in einem Ruck zu überholen, weil sich die anderen Fahrer dabei noch blöder anstellen als ich. Und das habe ich eigentlich für ziemlich unmöglich gehalten.

Ein etwas zweischneidiges Schwert ist die Grafik. Für PS2-Verhältnisse sind die Szenarien sehr gut gelungen, keine Strecke sieht aus wie die andere und alle bieten genug fahrerische Herausforderungen. Allerdings bin ich von der Darstellung der über 40 Rennmaschinen von verschiedenen Herstellern und der Spielfiguren ein wenig enttäuscht. Sie wirken im Vergleich wenig detailliert und kantig und drücken den insgesamt überdurchschnittlichen Eindruck. Schön hingegen sind die Effekte für nasse Straßen gelungen, bei denen man sich das aufspritzende Wasser quasi aus dem Gesicht wischen möchte.

Wer Motorsport-Events besucht, tut das aus einem ganz bestimmten Gründen: Er will die Atmosphäre aufsaugen, Benzin riechen, die Motoren röhren hören und sich mitreißen lassen. Super-Bikes Riding Challenge bietet solide bis gute virtuelle Rennsport-Technik für Biker-Fans, lässt aber in puncto Motivation und Atmosphäre teilweise zu wünschen übrig. Mag sein, dass ich fürs Motorradfahren einfach zu untalentiert bin und daher mit der realistischen Steuerung nicht besonders gut zurecht komme. An den leblosen Strecken, dem schwachen Sound, der trägen Steuerung, stellenweise schwacher KI und überpingeliger Kollisionsabfrage kann und will ich aber nicht vorbei gucken. Spielerisch noch gut, kann mich die Renn-Simulation atmosphärisch gar nicht packen.

Super-Bikes Riding Challenge erscheint auch für den PC.

6 / 10

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Über den Autor

Nedzad Hurabasic

Contributor

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