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Skull and Bones im Test: Wer braucht schon Story und Charme, wenn man so schön Piratenschiffe versenken kann?

Ubisoft präsentiert den Inbegriff des Service-Spiels.

Das Segeln und die explosiven Gefechte sind ebenso klasse wie die ansehnliche Kulisse – leider geht es abseits davon aber fast ausschließlich um das zähe Sammeln von Ressourcen zum ständigen Ausbau des Schiffs.

Der Indische Ozean zur Hochzeit der romantisch verklärten Piraterie: Ein prachtvolles Szenario hat sich Ubisoft für sein Seefahrt-Abenteuer da ausgesucht. Denn obwohl das offene Meer zwischen Ostafrika und Australien (das hier allerdings nicht vorhanden ist) freilich auf eine Überfahrt von nur ein paar Minuten verdichtet wurde, fängt Skull and Bones das salzige Flair zwischen verträumten Sonnenuntergängen und aufgepeitschter Schlechtwetter-See hervorragend ein.

Die Crew stimmt ein Lied an, während man das Steuer leicht gegen den Wind dreht, damit der Kahn den Kurs hält. Und legt man ihn in eine enge Kurve, dann ächzen die Planken, als würde das Holz zum Zerbersten gespannt sein. Das Krähennest meldet die Position fremder Schiffe, kleiner Siedlungen oder gestrandeter Wracks, auf dass man sich die Sache vielleicht mal genauer anschauen möge.

Ein Blick durchs Fernglas genügt dann und schon weiß man, was die Franzosen, Holländer, Freibeuter oder sonstige Seefahrer geladen haben und welche Waren sich in einem Hafen oder in einem stark befestigtem Fort befinden. Ob es sich wohl lohnt, das Risiko eines Angriffs einzug… ach, egal: Einfach draufhalten und sehen, was passiert! Skull and Bones ist doch kein feinsinniges Seemannsgarn. Man darf ja nicht einmal als Fährmann, Händler oder Schatzsucher Karriere machen. Skull and Bones ist reines Schiffe versenken, Punkt.

Und holla, bekommt es das gut hin! So wie es hier knallt, knarzt und explodiert, wenn man sich Kanonen, Mörser, Raketen, Torpedos und mehr um beziehungsweise in die Segel schmeißt – daran habe ich mich auch nach weit mehr als 40 Stunden noch nicht sattgesehen. Dazu die hervorragende Physik des Wassers, auf dem man zwar absurd schnell und wahnsinnig wendig unterwegs ist. Aber spätestens, wenn man sich in einem der gewaltigen Stürme auf die hohen Wellen einstellen muss, um das Schiff wenigstens halbwegs auf Kurs zu halten, dann fühlt sich Skull and Bones großartig an. Zumal es dann auch knifflig wird, die Schwachstellen der Gegner zu treffen. Spätestens dort sollten deshalb Erfahrung und ein sicheres Händchen zusammenkommen.

Nur Entern kann man gegnerische Schiffe nicht, denn das wird in einer knappen Sequenz lediglich angedeutet, bevor man nach fünf Sekunden schon weiterfährt. Auch das Plündern von Siedlungen leitet man lediglich per Knopfdruck ein, um sich anschließend gegen heranschippernde Unterstützung zu verteidigen, während die plündernde Crew automatisch an der Küste kämpft – nicht, dass man das außerhalb des Fortschrittsbalkens beobachten könnte.

Wozu das alles? Um Materialien für stärkere Waffen zu besorgen und Rohstoffe zum Bau größerer Schiffe. Nicht zuletzt benötigt man teure Blaupausen, damit die erfahrenen Handwerker das alles überhaupt herstellen können (fragt nicht), sowie Zutaten für gegrillte und gekochte Gerichte, um länger mit hoher Geschwindigkeit segeln zu können (nur eine gut genährte Mannschaft kann sich voll in die Leinen hängen) und für vieles davon selbstverständlich noch eine Menge Geld.

Mit anderen Worten: Skull and Bones ist nicht nur ein cooles Schiffskampfspiel, sondern auch ein gewaltiger Zeitfresser, in dem man immer erst etwas besorgen muss, um eine Kaffeebohne weit voranzukommen. Man kauft und verkauft, sammelt und lagert – dass man zwischendurch mal Variante zwei oder drei einer bestimmten Waffe erhält, macht spielerisch nur einen hauchzarten Unterschied. Mehr als zehn Schiffe gibt es bislang ohnehin nicht.

Skull and Bones im Test

Die darf man immerhin mit allerlei Farben, Steuerrädern, Gallionsfiguren und anderem Schmuck verzieren. Außerdem verfügen sie über passive Eigenschaften, sodass man sich als Heiler, Fernkämpfer, Rammbock oder Nahkämpfer mit Flammenwerfer spezialisiert beziehungsweise beliebig Eigenschaften und Waffen mischt. Auch auf ein mächtiges Schlachtschiff passt schließlich ein Kanone, die heilende Bomben verschießt.

Wusstet ihr übrigens, dass man Schaden vom Schiff abwehrt, wenn sich die Mannschaft ganz doll dran festhält? Wie gesagt: Fragt nicht. Wobei Ubisoft von mir aus tatsächlich noch weiter in Richtung Pirates of the Caribbean gehen könnte, da auch Seemonster, ein Geisterschiff, ständige Monsterwellen und andere Phänomenen ohnehin schon an Bord sind.

Und wo man anlegen kann, um Vorräte aufzustocken, Waffen zu kaufen, Aufträge anzunehmen sowie die Produktion der eigenen Manufakturen zu verwalten oder per Schnellreise an einen der anderen Anleger zu reisen, verlässt man das ansonsten omnipräsente Schiff sogar. Da läuft man dann recht träge durch einen der zwei zentralen Häfen oder über eine von zahlreichen (leider im Wesentlichen stets gleich aussehenden) Inseln, auf denen sich einzelne Piraten niedergelassen haben.

Auch dort nimmt man Aufträge an, kauft Waren und verlädt Beute in das an jedem Landeplatz verfügbare Zentrallager, damit das Schiff nicht irgendwann zu schwer wird. Weil man dort immer alles erledigen kann, haben sie mit abgeschiedenen Inseln gefühlt wenig zu tun, und vergrabene Schätze werden mit einer farbigen Leuchtsäule markiert. So viel zur Romantik einer Schatzsuche im exotischen Niemandsland.

Ist sie also schlecht, diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, wie sie im Buche steht? Ich komme jedenfalls nicht umher, Skull and Bones als den Inbegriff des modernen Service-Spiels zu sehen: Man arbeitet Mikrofortschritt am Fließband ab, weil Spielmechanik und Präsentation so unterhaltsam sind, dass das Zählen der Millimeter nicht weh tut, ja sogar Spaß macht. Wobei das auch deshalb funktioniert, weil man dieses Piratensein hervorragend im entspannten Party-Chat erleben kann. Bis zu drei Mitstreiter passen hier ins Team, bis zu 20 übrigens in die gesamte Welt.

Gleichzeitig ist Skull and Bones allerdings auch dermaßen stark aufs Allernötigste reduziert, dass ich wenigstens einmal in diesem Text auf die lange Entwicklungszeit hinweisen muss. Ich frage mich nämlich ernsthaft und ohne Häme, an welchen Inhalten oder Konzepten sich Ubisoft fast zehn Jahre lang vergebens die Zähne ausgebissen hat. Es wirkt so, als sei das hier lediglich das Gerüst, welches als Basis für viel mehr hätte dienen sollen.

Was unter anderem zur Folge hat, dass besonders die Zeit vor dem Freischalten aller Inhalte, sprich dem Endgame, eine ziemlich dröge Angelegenheit sein kann. Es gibt ja nicht einmal eine Story! Gut, es gibt sie. Schließlich drückt man belanglose Dialogzeilen eines Piratenchefs weg, damit der und später die endlich die nächste Mission aktiviert. Nur handelt es sich bei sämtlichen Missionen nicht um großartig designte Aufträge, für die man an speziellen Orten sich überschlagende Ereignisse samt einzigartigen Gefechten erlebt.

Stattdessen bestehen sie fast immer aus einem Hinsegeln mit anschließendem Kampf – das war’s. Wer ohne Einsatz in der offenen Welt unterwegs ist, erlebt praktisch genau das gleiche. Das kann’s doch nicht sein!


Skull and Bones ist sowohl digital als auch klassisch verpackt für knapp 70 Euro erhältlich, wobei man die Wahl zwischen der regulären sowie einer zehn Euro teureren Limited Edition und einer 40 Euro teureren Premium Edition hat. Wie üblich ist die PC-Fassung mit knapp 55 Euro eine Ecke günstiger als die Konsolenfassungen.
  • Amazon
  • Saturn
  • PlayStation Store
  • Xbox Store

  • Mir ist klar, dass einfallsreiche Missionen auf offener See schwerer einzufügen sind als zum Beispiel in Division 2. Nur macht es dort nun mal viel aus, dass die Aufträge so verschieden sind und es zudem besondere Herausforderungen in nur dafür vorgesehenen Bereichen gibt. Das fehlt hier leider. Stattdessen wird man von Anfang an mit einer Vielzahl generischer Missionen überschüttet, die man zu allem Überfluss kaum abarbeiten kann, bevor man darauf hingewiesen wird, dass die Auftragsliste bereits ihre Grenze erreicht hat.

    Denkt euch die Baupläne aller Handwerker hinzu, auf denen von Beginn an sämtliche Schiffe, Waffen, Verzierungen und so weiter klar ersichtlich sind, obwohl man das meiste noch gar nicht nutzen darf… Nein, Skull and Bones ist kein charmantes Piraten-Abenteuer, sondern in gewisser Weise der Whistleblower unter den Service-Spielen, weil es deren sämtliche „Geheimnisse“ geradezu plakativ entblößt.

    Und es hat außerdem ein paar ärgerliche Fehler, darunter der gelegentliche Wegfall sämtlicher Interaktionsmöglichkeiten, bei dem manchmal ein kurzes Warten hilft, mitunter aber ein Neustart nötig ist. Auf diese Weise wird man auch die alle paar Sekunden auftauchende Meldung los, dass man von einer mächtigen Fraktion nicht mehr als Feind angesehen wird, obwohl man es sich ohnehin nie mit ihr verscherzt hatte.

    Hinzu kommen zwei Ärgernisse, die das Eintauchen in die Frühneuzeit zusätzlich erschweren. Das sind zum einen die zahlreichen Benachrichtigungen zu PvP- und PvE-Events, obwohl man von denen vielleicht gerade nichts wissen will. Die liegen dann dermaßen breit über einigen der zentralen Menüs, dass man sie gar nicht mehr sinnvoll bedienen kann. Wer denkt sich denn so was aus?

    Ähnliches gilt für irgendwelche Highscore-Listen, die – sorry, Ubisoft – einen feuchten Kehricht in „meinem“ Freibeuter-Dasein verloren haben. Schön, dass man in den Einstellungen sehr viele HUD-Elemente deaktivieren darf. Ein Jammer, dass das ausgerechnet für diese beiden Nervensägen nicht gilt.

    Zum anderen haben sich die Entwickler eine Finesse einfallen lassen, die vielleicht ja das im Indischen Ozean fehlende Bermuda-Dreieck ersetzen soll. Es geht nämlich um das Dreieck auf dem PlayStation- beziehungsweise natürlich der äquivalenten Taste auf einem anderen Controller; diese Taste dient dem Aufsammeln von Beute – und sie dient dem Abbau von Metallen oder Pflanzen in Küstennähe sowie dem Aufrufen von Ubisofts Connect-Menü, in dem man für das Abarbeiten bestimmter Aufgaben Punkte erhält.

    Das Dumme daran: Zum Auflesen der Beute aus versenkten Schiffen drückt man besonders während längerer Gefechte ständig genau diese Taste, weshalb ich schon mehrmals im Connect-Menü gelandet bin oder anfing Eisen abzubauen, ohne mich in diesen Momenten dann gegen feindliche Breitseiten wehren zu können. Jedes Mal ein Traum!

    Na, gut. Sei’s drum. Ich hebe im Gegenzug dafür gerne hervor, dass mich die Mannschaft sehr aufmerksam darauf hinweist, wenn ein Schiff zum Beispiel Waren transportiert, die ich zum Erledigen eines Auftrags benötige. Abgesehen sieht man auf der Karte, wo man das Material zum Bau etwa einer markierten Kanone findet. Es ist zwar ärgerlich, dass man nicht mehrere Artikel gleichzeitig markieren kann und dass die Anzeigen verschwinden, wenn das eigene Schiff zerstört wird. Aber zumindest Letzteres ist hoffentlich nur ein leicht behebbares Versehen.

    Überhaupt ist Skull and Bones ein wenig wie Sonne und Regen im ständigen Wechsel. Mal geht mir das Spiel auf den Senkel, weil es überhaupt keine Rolle spielt, für wen man welche Schiffe und Siedlungen zerstört, da die jeweiligen Gegner das nach ein paar Sekunden schon komplett vergessen haben. Dann versenke ich spätestens im Endgame aber etliche Stunden ins Erobern von Manufakturen, die (wieder vollautomatisch) eine spezielle Währung für besonders gute Waffen und andere Gegenstände produzieren.

    Diese Währung muss man allerdings erst in einen sicheren Hafen fahren, was besonders gierige und relativ starke Freibeuter auf den Plan ruft, während das Einnehmen der Manufakturen über die erwähnten PvE- und PvP-Events geschieht, in denen man es entweder mit ebenso starken wie schnellen Widersachern oder natürlich jener Art Spieler zu tun bekommt, die das Spiel tausendmal besser verstehen als man selbst und so den Traum vom mächtigen Piratenkönig schnell auf dem Meeresboden der Tatsachen zurückbringen.

    Muss man sich ja nicht antun! Auch wenn’s mir trotzdem Spaß macht. Und außerhalb der PvP-Gefechte können einem andere Spieler ohnehin nichts anhaben. Nur einige vom Spiel gesteuerte Freibeuter und Kriegsschiffe stellen zu jedem Zeitpunkt, nicht nur in den anspruchsvollen PvE-Herausforderungen gegen mächtige Bosse, eine echte Gefahr dar. Gut so! Dadurch rauscht man nicht als unantastbarer Superpirat übers Meer, sondern sollte Gegner sondieren und ihnen auch mal davonsegeln, falls man wertvolle Fracht in Sicherheit bringen will. Das haucht der Welt von Skull and Bones im Kleinen durchaus Leben ein.

    Zusätzlich kann man Seeungeheuer jagen sowie andere anspruchsvolle Aufgaben erfüllen, um weitere Währungen für seltene Kleidung und Ausrüstung zu erhalten. Ach, und wer es eher gemütlich mag: Ich setze mich mitunter in das allererste, winzige Sammlerboot, um auf kleinen idyllischen Flussläufen gemütlich Zutaten zu ernten oder Krokodile zu jagen. So wenig das mit einem glaubwürdigen Abenteuer zu tun hat, so unterhaltsam ist diese Service-Welt unterm Strich trotz all ihrer Schwächen.

    Skull and Bones im Test – Fazit

    Ein charmantes Piraten-Abenteuer ist Skull and Bones also nicht. Dazu fehlt ihm eine brauchbare Story genauso wie aufregende, speziell inszenierte Missionen, die den Fluch der K… Verzeihung: das Flair des Indischen Ozeans auch spielerisch stilvoll einfangen. Stattdessen durchschaut man die Seeräuber-Karriere vom ersten Moment an als gigantische Sammelschleife, die zudem mit kleinen Kinderkrankheiten in See sticht. Ich verstehe, dass das nicht jedermanns Sache ist.

    Ich fühle mich trotzdem damit wohl, was unter anderem damit zu tun, dass das Segeln auf dem beeindruckenden Wasser entweder traumhaft schön oder beeindruckend furchteinflößend ist. Vor allem aber liegt es daran, dass die Gefechte mit den knarzenden Holzpötten auch nach Dutzenden Stunden ein herrlich wuchtiges Erlebnis sind. Es hilft natürlich, dass das eigene Schiff stets stärker wird und dass die Sammel- und Aufbauschleife im Endgame noch mal an Schwung gewinnt. Das macht Skull and Bones nicht zu einem neuen Pirates!. Eine unterhaltsame Erlebnis-Kreuzfahrt ist es aber allemal.

    Skull and Bones
    PROCONTRA
    • Stark vereinfachtes, aber überzeugend simuliertes Segeln
    • Wuchtige Gefechte mit starken Waffen
    • Umfangreiche Möglichkeiten das eigene Schiff visuell und funktional auszustatten
    • Oft bezaubernde, exotische Kulisse und gelungenes Sounddesign
    • Rein spielmechanische Welt ohne erzählerischen Charme
    • Ausschließlich wiederkehrende Events und Kämpfe – statt längerer Missionen in speziellen Szenarien
    • Kleine grafische und einige andere Fehler
    • Ausgesprochen enervierende Benachrichtigungen, die das Benutzen der Menüs erschweren

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