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gamescom angespielt: Die Sims 4

Leben und überleben lassen.

Auf die Gefahr hin, die internationale Kollegenschaft über einen Kamm zu scheren: Ein bisschen durchsichtig waren wir gestern auf dem Sims-4-Anspielevent alle. Egal, ob ich in meiner fast zwanzig Computer langen Pressesitzreihe nach links oder recht blickte, ganz gleich, ob dort Mann oder Frau neben mir saßen: Jeder erging sich in der alles andere als magischen, in jedem Fall aber zauberhaften Sim-Vermehrung.

Und das war irgendwie ansteckend: (Wenig) aufrichtige Komplimente, schlüpfrige Fragen und aufreizende Blicke flogen irgendwann auch auf meinem Bildschirm vom wunderbar albernen Simlisch untermalt zwischen meinem Bademantel und Cowboystiefel mit Kniesocken tragenden Musikgenie und dem erst-, eigentlich aber nur zweitbesten infrage kommenden Partner hin und her. Das ging so lange, bis sich sich trotz aller Widerstände zu der Freundschaftsleiste endlich auch die pinke Anzeige der romantischen Gefühle steigerte. Ich war schon im echten Leben ein Spätzünder und auch im virtuellen Leben war ich einer der letzten, die Nachwuchs in seinen digitalen vier Wänden begrüßen durfte.

Das katastrophalste Date seit der sechsten Klasse: In der Bar ist auf einmal die Blase voll. Von der Toilette weit und breit nichts zu sehen. Klar, dass alle anderen mehr Spaß hatten als mein eigener Sim.

War die Hofiererei während der gut drei Stunden dauernden Sitzung die Zeit wert? In jedem Fall. Eine verschenkte Chance war sie aber auch, diese Sims haben mehr auf dem Kasten - hatten sie eigentlich schon immer -, als als amüsante Versuchskaninchen in einem zynischen Kreislauf aus werden und vergehen gefangen zu sein (oder "werden"). Immerhin: Während ich fast hilflos Komplimente in erdrückendem Maße über meine Angebetete auftürmte, bekam ich in jedem Fall einen Eindruck davon, wie das neue Multitasking der Figürchen funktioniert. Und das ist zusammen mit der verbesserten KI und den komplexer simulierten Emotionen wohl die wichtigste Neuerung.

"Im Großen und Ganzen lässt sich aber schon jetzt sagen, dass die kleinen Computerleute deutlich lebhafter wirken und sich so zugleich auch ihr Zusammenleben (und Überleben) deutlich entschlackt."

Die Sims können nun mehrere Dinge gleichzeitig tun, sofern sie zusammen Sinn haben. Eine Unterhaltung beim Dinner, fernsehen beim Workout und auch das meiste andere, was man in der echten Welt auch parallel erledigt. Nicht immer ist von vorneherein klar, welche Aktion man erst in Gänze aussitzen muss, bevor sich der Sim an die Erledigung der nächsten macht, weil sie nicht fürs Multitasking vorgesehen ist. Im Großen und Ganzen lässt sich aber schon jetzt sagen, dass die kleinen Computerleute deutlich lebhafter wirken und sich so zugleich auch ihr Zusammenleben (und Überleben) deutlich entschlackt. Es ist weit weniger eine Herausforderung, grundlegende Bedürfnisse der Figur zu erfüllen, Dinge wie Hygiene, Ernährung und Spaßbedürfnis zu jonglieren, wenn man mehrere Sachen auf einmal erledigen kann. Mehr Spiel weniger Stress, was sich besonders im Kontrast mit dem zweiten Teil zeigt. Unzählige virtuelle Familienväter und -mütter verlor man seinerzeit an einen tödlichen Kreislauf aus Toilettengängen, Duschen und Hausarbeit.

Die durch den entschlackten Tagesablauf gesparte Zeit steckt man unter anderem in die Erkundung der Umgebung, die mit lebendigen Nachbarschaften und Sammelgegenständen lockt. Zudem kann man nun seinen besten Sim-Kumpel, seinen Partner (oder seine Affäre) zu einer Verabredung mit in einen anderen Stadtteil nehmen, um sich etwa Drinks in einer Bar zu genehmigen, zu tanzen oder was auch immer junge Leute heutzutage machen. Zusammen Computerspielen war während unserer Demo-Sitzung zumindest noch nicht dabei. Vor allem aber knüpft ihr auswärts neue Bekanntschaften, was angesichts der größeren emotionalen Spannbreite der wie eh und je ausdrucksstarken Sims sehr unterhaltsam war. Sympathien oder Abneigungen bestimmter Figuren untereinander übertrugen sich während meines Probelaufs ohne Reibungsverluste auf mich, was wohl das größte Kompliment ist, dass man Maxis machen kann.

Schon Urlaub genommen?

Nicht jede der vielfältigen Bedienoptionen fand ich sofort. Hatte ich sie aber einmal, musste ich bei der nächsten Gelegenheit nicht erst nachdenken, um sie wiederzufinden. Es ist intuitiv im zweiten Anlauf, was wohl bei einem Spiel dieser Optionsfülle nicht anders zu bewerkstelligen war. Die zeigt sich natürlich vor allem im Baumodus, indem ihr nun noch flexibler Wände zieht und gestaltet. Man erreicht schneller den Look, den man sich vorgestellt hat - etwas, das sich durch das ganze Spiel zu ziehen scheint, weil Björn es vor einer Weile auch schon in seinem Artikel über den Sims-4-Charaktereditor feststellte.

Und so verging die Session dann auch wie im Fluge, ohne dass ich genau sagen könnte, was ich so alles angestellt habe. Wohlgemerkt war es die gute Art von Zeitverbrennung, die, bei der man so tief im Spiel versumpft, dass man keine andere Wahl hat, als sich mit ihm treiben zu lassen. Als nach drei Stunden das Licht an und die Rechner ausgingen und ich überrascht feststellen musste, dass mittlerweile endzeitwürdige Regenwolken die Kölner EA-Zentrale am Rheinufer umwehten, tat der Abschied ein bisschen weh. Nicht, weil ich raus in den Regen musste, sondern wegen der vertrauten Mischung aus Nichtwollen und Nichtkönnen, wenn es nach ausgiebiger Simserei an die Rückkehr in die echte Welt geht.

Wer diese Reihe kennt, weiß: Nach einer mal wieder viel zu langen Sitzung mit den Sims sind das vollkommen normale, immerhin aber echte Gefühle, die sich da unter all die simulierten geschlichen haben.

In diesem artikel

The Sims 4

PS4, Xbox One, PC, Mac

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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