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Lahme letzte Folge Obi-Wan Kenobi: Sorry, bei der Macht geht es doch darum, Steine hochzuheben!

Glückwunsch: Ihr wisst jetzt, was zwischen Episode 3 und 4 passiert ist. War es das wert?

Es ist das eingetreten, was sich abzeichnete: Der möglichst lückenlose Anschluss der ersten Staffel Star Wars Obi-Wan Kenobi an die originale Trilogie lässt die komplette Serie ein wenig hinfällig wirken. Ein paar gute Momente hatte auch diese Folge, vor allem zum Ende hin, und obwohl sie eigentlich nicht gerechtfertigt war – wir wissen eigentlich, wie das hier ausgeht –, war durchaus auch Spannung dabei. Aber man darf erneut nicht darüber nachdenken, was hier passiert – sonst setzt wieder Migräne ein.

Einmal mehr spüre ich die Abwesenheit eines Franchise-Chefs wie Kevin Feige, der alles auf der Star-Wars-Seite des ziemlich unheimlichen Disney-Imperiums zumindest ein bisschen zusammen und auf Kurs hält. Jemand, der es hinbekommt, den einzelnen Beiträgen zumindest einen Sinn einzuflößen, der über die bloße Gratifikation des Moments einer schicksalhaften Begegnung hinausgeht. Denn egal, was man von einzelnen Filmen und Serien im MCU auch halten mag, das Superheldenuniversum bekommt es irgendwie hin, mehr als die Summe seiner Teile zu sein.

Sind wir bald da?

Star Wars gelingt das nicht. Es denkt, der übergeordnete Sinn bestehe darin, dass möglichst viele Orte und Charaktere vorkommen, die man schon mal gesehen hat. Aber so einfach ist es nicht. Diese Folge geht mit vielen, vielen Fragen los, über die man mittlerweile halbwegs amüsiert den Kopf schüttelt: Klang Obi-Wan am Ende der letzten Folge nicht schon so, als wolle er sich zusammen mit Reva Darth Vader stellen (wäre die effektivere Variante gewesen!)? Stattdessen ergriff er die Flucht. Auf halbem Wege, nachdem natürlich der Hyperdrive den Geist aufgibt, fällt ihm plötzlich ein, dass die Flüchtenden ohne ihn besser dran sind. Elf Minuten, ein Viertel der Folge, dauert es, bis er sich von ihnen trennt und die Konfrontation mit Vader sucht, die er in Episode fünf schon hätte haben können.

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Dass ein Sternenzerstörer komplett hilflos dabei wirkt, beide der klapprigen Rosteimer zu stoppen, die vor ihm fliehen, fand ich irrsinnig dumm. "Feuerkraft erhöhen" befiehlt Vader in einem taktischen Geniestreich, als hätten die Truppen das Rokens Schiff zuvor nur zu kitzeln versucht. Die Bedrohung durch den riesigen Verfolger verflüchtigte sich mit jeder Minute, die die Charaktere seelenruhig das weitere Vorgehen besprachen, bis nichts mehr davon übrig war. Das hätte man entweder mit einem Halbsatz zu erklären versuchen können, dem Pfad ein besseres Schiff geben oder sonst … irgendwas tun können, damit es befriedigender und sinniger rüberkommt. Stattdessen frage ich mich nach der stupiden Rettungsaktion aus der Wasserbasis erneut, wie dieses zahnlose Imperium überhaupt seine Vormachtstellung verteidigt?

Und warum zur Hölle geht in diesem Universum grundsätzlich jeder davon aus, dass ein Plan auf jeden Fall funktioniert. Wie jetzt die Ablenkungsaktion oder dass man überhaupt das Verlassen des Rebellenschiffes mit einem praktischen, zweiten Schiff (mit intaktem Hyperraumantrieb) überlebt? Es sind wahnsinnige Optimisten unterwegs, in den Welten von Star Wars. Die folgende Konfrontation zwischen Obi-Wan und Darth Vader war unterdessen schon besser gefilmt und McGregor stellt einmal mehr unter Beweis, dass er, trotz Meckerern wie mir, viel Herzblut in diese Rolle steckt. Mehr jedenfalls als Vader, der zum x-ten Mal von einem totgeglaubten Feind wegmarschiert.

Man erfährt viel zu wenig über Randfiguren, als dass man sich wirklich für sie interessieren würde. Manche gleichen das mit natürlichem Charisma aus, ein Khumail Nanjiani bekommt das hin. Bei anderen sieht es schon schwieriger aus.

Zudem entbehrte es nicht einer gewissen Ironie, dass auch hier mal wieder viele Felsen zum Teil unfreiwillig komisch durch die Luft fliegen mussten. Am Ende, Luke, du alter Trottel, geht es bei der Macht eben doch darum, Steine zu heben (ein bedauerlicher und deprimierender Fehler, den Star Wars nach dem Ende von The Last Jedi nun schon zum zweiten Mal begeht). Als Vader im Hagel von Obi-Wans Geröll schützend die Hand hebt, flüsterte ich mir vor dem Fernseher, ein bräsiges "Autsch, nicht so dolle" und andere Cartoon-hafte Schmerzensäußerungen in den Bart. Das war eigentlich schon Slapstick.

Parallel zu dem Duell bekommen wir immer wieder Reva zu sehen, die, schwer verletzt, ihre Rache nun an einem Luke verüben möchte, von dem Vader gar nichts weiß (das hätte ihn bestimmt schwer getroffen). Egal, wie das ausgehen würde, war klar, sobald die gefeuerte Inquisitorin einen Fuß auf Tattooine setzte: Damit, dass sie sich selbst in Luke wiedererkennt und Gnade walten lässt. Es war trotzdem ganz ordentlich gespielt. Nur eben nicht überraschend oder gar logisch. Aber ich habe meinem Ärger darüber, dass sie für ihre Rache über Genozide und zufällige Grausamkeiten geht, ja in den letzten Artikeln schon genug Luft gemacht. Ich bin gespannt, wie lange sich Disney Zeit lässt, eine eigene Reva-Serie anzukündigen…

Am Schluss müssen sich die Verantwortlichen auch die Frage gefallen lassen, weshalb Leia im Original Obi-Wan nur als Bekannten ihres Vaters zu kennen scheint – auch bedarf sie, anders als Luke, in Episode IV keiner Tröstung. Aber O.K., müßig, immerhin hat sie das Ende von Alderaan auch erstaunlich gut weggesteckt, emotional ein echter Ziegelstein, die Gute. Ich bin eigentlich nur dankbar, dass George Lucas nicht mehr die Kontrolle hat. Der würde derartige Logiklücken ohne Rücksicht auf Verluste weg editieren und dabei das Ursprungsmaterial noch weiter verfremden.

Flachte leider zum Schluss hin ab: Revas Handlungsbogen. So heckt man keinen Racheplan aus.

Unterm Strich war Obi-Wan Kenobi sicher nicht so schlecht wie Das Buch von Boba Fett. Es saß filmisch fester im Sattel, zog zum Ende hin deutlich an und der zentrale Plot hatte zumindest einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Aber es war auch eine gewaltige vergebene Chance, sträflich einfältig in seiner Handlung und punktuell sogar rücksichtslos, was den bisherigen Kanon angeht. Und der ist im Grunde das wichtigste Gut von Film- und Kinouniversen wie diesem und dem MCU. Damit sollte man einfach vorsichtiger sein.

Ein paar gute Momente und Figuren nehme ich dennoch mit, aus dieser Serie. Charaktere wie Ned-B und Tala, von denen gerne mehr gesehen hätte. Reva gefiel mir in Ansätzen und Joel Edgerton war gut als Onkel Owen, das Casting des jungen Luke schön treffend und McGregors Schauspiel sowieso. Das sind Dinge, die mir gefielen. Und ich mochte auch die letzten Worte, die Vader und Obi-Wan wechselten – alles Sachen, die diese Show von purer Zeitverschwendung trennen. Es ist nicht viel, zugegeben, aber es ist alles, was wir haben.

In diesem artikel

Star Wars Jedi: Fallen Order

PS4, Xbox One, PC

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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