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Patron ist Anno-Entspannung mit Suchtpotenzial, macht aber wenig Neues

Wir haben uns die mittelalterliche Aufbausimulation mit einem besonderen Sozial-System einmal genau angesehen.

Nur noch ein ganz kleines Bisschen... ups! Die ganze Nacht ist rum! Das ist typisch Aufbauspiele: Man will nur noch das eine Gebäude fertigstellen oder eine neue Ressource freischalten und schon hat man Stunden seiner Zeit verbrannt. In der neuen Städtebausimulation Patron geht das auch, denn das Suchtpotenzial ist hoch.

Das Studio Overseer Games hat ein Mittelalter-Management-Spiel im Stil von Anno oder Banished geschaffen, aber mit einer Besonderheit: Ein spezielles Sozialsystem und einige zufällige Ereignisse sollen für mehr Herausforderung sorgen, aber macht das Patron wirklich besonders im Meer aus City-Buildern? Nach meinen ersten Runden würde ich sagen: Jein, denn das neue Spiel kann euch zwar ziemlich lang an den Bildschirm fesseln, ein neues Aufbaugefühl sucht man aber Vergebens.

Wie Banished mit Gesellschaftsproblemen

Das Grundprinzip ist so ziemlich wie bei jedem anderen Städtebauspiel: Ihr habt ein Gemeindezentrum, eine gewisse Anzahl an Menschen im Dorf und verschiedene Gebäude, die ihr errichten könnt, um die Bedürfnisse eurer hoffnungslos undankbaren Bewohner zu erfüllen - "Wie, die wollen jetzt schon wieder essen?!" So weit, so bekannt.

Dabei könnt ihr bei jedem Produktionsgebäude auch noch auswählen, wie viele Leute darin arbeiten sollen, allerdings natürlich nur aus den vorhandenen Arbeitskräften und ich kann euch sagen: Das sind immer zu wenige. Die Zuwanderung in eurem Dorf ist nämlich ein wenig intransparent und man muss mit dem Humankapital auskommen, das man hat - und es so gut ausbeuten, wie es geht. Ja, ich rede schon wieder wie eine rücksichtslose Alleinherrscherin, das machen solche Spiele mit mir.

Wirklich lästig sind nur Spielmechaniken wie der Straßenbau, im Stil von Anno 1602, bei dem man den Weg mit gedrückter Maustaste langziehen und platzieren muss. Diese Funktion gibt es bei den neueren Teilen zu Recht nicht mehr, liebes Patron.

Neben den bekannten Anno-Aspekten gibt es auch noch Elemente, die man aus anderen Aufbau-Games wie Northgard oder Banished kennt: Wetter und Jahreszeit und im klirrend kalten Winter braucht man natürlich mehr Ressourcen, als in den warmen Sommermonaten. Das bringt einiges an Abwechslung und lässt die hölzernen Fachwerkhäuser mit Puderschnee auf dem Dach beinahe romantisch aussehen... wenn die Dorfbewohner da nicht reihenweise den Löffel abgäben.

Idyllisch... aber auch tödlich!

Nun aber zum Sozialsystem, das Patron so einzigartig machen soll. Ihr müsst nämlich nicht nur das Kaufverhalten eurer Konsum-süchtigen Bewohner im Auge behalten, sondern auch andere Bedürfnisse wie Sicherheit, Religion oder Loyalität. Und dieses Netz teilt sich auch noch auf verschiedene Bevölkerungsschichten auf. Wenn ihr also die Arbeiterklasse unterstützt, hält das die gierige Oberschicht nicht von einer Rebellion ab und umgekehrt. Wie man das aus dem echten Leben kennt: Wie man es macht, macht man es verkehrt und irgendeine Gruppe meckert immer. Außerdem gibt es zahlreiche Zufallsereignisse, bei denen ihr Entscheidungen treffen müsst, die fast immer einer Truppe in eurem Dorf gefallen, der anderen aber auf den Keks gehen - ihr müsst die Waage halten!

Auf Steam gibt es Kritiken, die eben das bemängeln, weil es das Management angeblich zu zufällig macht. Den Eindruck hatte ich bisher nicht, im Gegenteil: Es ist auch mal spannend, nicht immer alles 100-prozentig im Griff zu haben und durch die Ereignisse ein wenig überrascht zu werden. Egal ob Naturkatastrophen oder eine plötzliche Anfrage vom König, so was hat man eben nicht in der Hand und muss damit spontan klarkommen.

Dieses System sorgt zwar für ein wenig Abwechslung, die ultimative Neuheit ist es im Spielgeschehen aber nicht. Die sozialen Verhältnisse laufen gefühlt einfach nebenbei mit und taten bei mir eher selten was zur Sache.

Zufällige Ereignisse wie dieses können das Sozialsystem ins Schwanken bringen

Das Volk wünscht sich Feinschliff!

Optisch wirkt die kleine, isometrische Welt niedlich, hat Retro-Charme, sieht aber auch beispielsweise Banished sehr ähnlich. Sogar die Baumenü-Schaltfläche ist auf den ersten Blick beinahe identisch. Kleine Details, beispielsweise an den mittelalterlichen Häuschen, peppen das Ganze auf, aber etwas mehr fürs Auge oder ein paar zusätzliche Animationen könnte das Spiel schon vertragen. Generell zockt man solche Titel aber ja nicht für ein Grafik-Feuerwerk und die Optik von Patron tut absolut, was sie soll.

Schön für eine Chaotin wie mich hingegen, dass man Menüs auch verwenden darf, während das Spiel pausiert ist. Das geht bei Genregrößen wie Anno 1800 zum Beispiel nicht. Das ist vermutlich auch Absicht, um es schwieriger zu gestalten. Die Zeit anzuhalten und weiter zu managen, ist für mich allerdings ein Pluspunkt in Patron. Auch die Jahreszeiten und Wetterbedingungen geben mehr Realismus, obwohl sie ruhig etwas stärkere Auswirkungen haben dürften. Insgesamt wirken die Management-Systeme in Patron immer wieder undurchsichtig und die Logik ist manchmal schwer zu durchschauen - vielleicht muss man sich da einfach länger reinfuchsen.

Wenn der Hunger-Marker festhängt oder: Was ist eigentlich euer Problem?

Wie bekomme ich denn eigentlich neue Menschen ins Dorf, wenn ich ständig zu wenig Arbeitskräfte habe? Worauf wirkt sich die Stimmung der Leute genau aus? Warum gehen Produktionsstätten die Ressourcen aus, obwohl das Lager voll ist? Auf all diese Fragen gibt es mit Sicherheit ganz logische Antworten, man muss sie nur erst finden und wird dabei hin und wieder auch noch von kleineren Glitches verwirrt. Wenn zum Beispiel ein Hunger-Marker über einem Haus einfach jahrelang nicht weggeht, obwohl die Speisekammer förmlich überläuft, kann das wohl nur ein Fehler sein.

Insgesamt ist Patron ein Aufbau-Spiel mit großem Potenzial, das bedeutet aber auch, dass hier und da noch etwas gefeilt werden könnte. Das entspannte Gewusel mit schöner Hintergrundmusik macht trotzdem schon jetzt Spaß und ein wenig süchtig. Mit bravem Gameplay und altgewohntem Art-Style bleibt es aber etwas sehr nahe an den Vorgängern des Genres, ohne allzu mutige Experimente. Wenn man Titel wie Anno und Co. schon totgezockt hat, liefert Patron aber gute Unterhaltung mit Nostalgie-Touch, bei der man gerne die Zeit vergisst.

Patron gibt es von Overseer Games aus Kroatien für den PC, zum Beispiel auf Steam Falls ihr euch noch unsicher seid, könnt ihr übrigens auch eine kostenlose Demo anzocken.

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Über den Autor
Judith Carl Avatar

Judith Carl

News-Redakteurin

Judith Carl ist Volontärin für News und Social Media bei Eurogamer.de. Judith hat Medienwissenschaften studiert. Sie streamt begeistert am liebsten Rollenspiele und Adventure Games auf Twitch. Ihre weiteren Leidenschaften sind LARP, Pen and Paper, und Trash-Filme.
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