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Wofür ich Zelda liebe – und wie Breath of the Wild und Tears of the Kingdom mich damit überschütten

Bock auf Abenteuer?

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Breath of the Wild verkaufte sich um ein Vielfaches häufiger als frühere Spiele der Reihe. Die neue Zelda-Formel, die mehr auf offene Welten setzt, ist beinahe restlos akzeptiert und dürfte in absehbarer Zeit das werden, was die Mehrheit der Leute als “typisch Zelda” bezeichnet.

Und doch ist nicht jeder komplett im Reinen mit der neuen Richtung, in die Link durch Hyrule galoppiert. Einige fühlen sich von der Reihe entfremdet, vermissen klassische Dungeons oder sind von den Survival-Elementen genervt. Das verstehe ich. Und doch bin ich nicht bei ihnen: Für mich ist die Breath-of-the-Wild- und Tears-of-the-Kingdom-Gangart der nächste logische Schritt und alles, was ich je von Zelda wollte. Vor allem aber ist es nicht weit von dem Abenteuer entfernt, das sich beim Spielen der alten Klassiker parallel in meinem Kopf abspielte.

Hinein ins Ungewisse - fällt leichter, wenn das Schnittmuster etwas lockerer sitzt.

Zelda war für mich immer der Inbegriff von Abenteuer – was auch einer der Gründe ist, warum ich noch immer irritiert stutze, wenn irgendwer eines dieser Spiele als RPG bezeichnet. Diese Leute gibt’s tatsächlich. In Wahrheit ist es aber das prototypische Action-Adventure, das eher an der Reise interessiert ist, und an den Mitteln, sie zu bewerkstelligen, als daran, mich eine Rolle spielen zu lassen. Diese Sorte Abenteuer lebt davon, dass sie sich wie eine einzige, heldenhafte Rettungstat anfühlt, mit mir und meiner Zipfelmütze in der Hauptrolle. So fand ich meinen Weg durch eine Welt, die nur darauf zu warten schien, dass ich – und nur ich – ihre Rätsel löste.

Frühere Zeldas waren ein absolutes Lehrstück, wenn es darum ging, eine Spieltrieb-fördernde Machtspirale auf clevere Art in das Design von Rätseln und Umgebung einzudrehen. Eine kunstvoll geschnürte Korsage, die einem mit jedem neuen Spiel Respekt abrang, auch weil Nintendo immer wieder Wege fand, sie mit einem anderen zentralen Kniff frisch zu halten. Sosehr es diese Spiele jedoch stützte, so zunehmend beengend schien mir mit den Jahren dieses Gerüst. Nicht nur das, es wirkte es immer bequemer, wie genau diese Welt auf mich zugeschnitten schien. Sosehr ich die alten Zeldas immer noch für große Klassiker halte: Das brachte eine Berechenbarkeit mit, die in meinen Augen mit dem Abenteuerbegriff nur schwer vereinbar war.

Was passiert wenn...?

Und jetzt sind da eben Breath of the Wild und – kaum zu glauben – in ein paar hoffentlich nicht zu langen Tagen Tears of the Kingdom. Zwei Spiele, die ihren eigenen Abenteuerbegriff hinterfragen. Vor lauter ineinander greifender Systeme platzen sie förmlich aus all den Nähten, die Nintendos Spieleschaffende über die Jahre so sorgfältig und kunstfertig gesetzt hatten. Es ist einer der härtesten Richtungswechsel der Spielegeschichte, der Bruch mit Teilen der Spielerschaft gewissermaßen eingebaut. Aber diese beiden Titel wirken wie das Zugeständnis, dass ein gutes Abenteuer auch von Freiheiten, Beschwerlichkeiten und Unwägbarkeiten anhängt – Elemente, für die auf dem alten Zelda-Fahrplan eher wenig Platz war.

Jetzt also ist man freier, sein eigenes Tempo zu gehen, zu entscheiden, auch mal abseits des Weges zu wandeln, ohne dabei Zeit zu verschwenden. Man rätselt nicht, ob es wohl der nächste Dungeon ist, in dem der Greifhaken winkt, samt “Abschlussprüfungs-Boss”, der sich nur damit besiegen lässt, sondern fragt sich schon vor jedem Hügel, was wohl hinter der Kuppe liegt. Man grübelt, ob die Ausdauer wohl den Berg hinauf reicht, ob es sich lohnt, das herauszufinden, und fragt sich, was passiert, wenn man Zutat X auch noch in den Kopftopf wirft. Es ist ein Spiel entschieden natürlicherer Grenzen, als es die alten Zeldas waren. Eines, das zur Kenntnis nimmt, dass bloße Schlüssel-Schloss-Abläufe längst auch andere Games aus dem, Effeff beherrschen und das auch ohne einen Blick in meinen Personalausweis merkt, dass ich als Erwachsener längst meines eigenen Glückes Schmied sein möchte.

Ich bin sowas von bereit.

Zwei Dinge sind in meinen Augen sicher. Erstens: Auch diese Formel wird einmal an ihre Grenzen stoßen, ihr Schnittmuster mich mit wachsender Vertrautheit irgendwann langweilen. Vielleicht sogar früher als der alte Wechsel aus Dungeons mit Oberwelt dazwischen, der mich davor 30 Jahre lang bestens unterhielt. Schon jetzt imitieren diverse ähnliche Spiele Dinge, die Breath of the Wild etablierte, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Nintendo diese Reihe neu erfinden muss. Zweitens: Auch ich vermisse ab und an die makellose Klarheit und die lückenlos unterhaltende, verdichtete Machart insbesondere der alten Spiele aus der Draufsicht. Und ich habe das Gefühl, auch Nintendo wird sich dieser Spiele zu passenden Gelegenheiten immer erinnern, und ihre Lehren wieder einfließen lassen in das, was wir “typisch Zelda” nennen.

Was auch immer sie tun, bei mir rennen sie nach fast 40 schönen Jahren Zelda offene Türen ein.

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