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Mutant Year Zero und mein Kampf gegen die Prozentzahlen …

Farbenfrohe und sympathische, aber nicht ganz runde Alternative zu XCOM.

Mutant Year Zero: Road to Eden ist kein schlechtes Taktikspiel. Es ist nur eines, von dem ich mich manchmal böse veräppelt fühle. Ich mag den anregenden Mix, meinen Dreiertrupp Mutanten in Echtzeit durch die Reste der Menschheit zu steuern. Auf der Suche nach Ressourcen und Waffen entdeckt man hier und da kleine Geschichtchen, die einem die Umgebung von damals erzählt, bekommt kameradschaftliche Gespräche seiner Leute zu hören und schleicht immer mal wieder an den Patrouillen von Barbaren vorbei, die nicht auf friedliche Art in der "Arche" zusammenleben wollten.

Sobald man seine Leute, wahlweise auch jeden für sich, in aussichtsreiche Position gebracht hat, eröffnet man das Feuer - und damit die rundenbasierten Gefechte, die fließend aus dem laufenden Echtzeitspiel noch in derselben Karte ausgefochten werden. Es hat was, mit antropomorphen Tierwesen durch diese Welt zu stapfen und nach und nach ihre übersichtlichen Skill-Trees voller XCOM-Leihgaben freizuschalten, auch wenn die Beschränkung auf jeweils eine große, eine kleine und eine passive Mutation das Spiel mehr einschränken, als mir lieb gewesen wäre.

Momente wie dieser machen die Welt erkundenswert.

Wie gesagt: Ich mag's, sehr sogar. Aber die große Liebe kommt trotzdem nicht auf. Das ist jetzt extrem subjektiv und jedem von euch kann es anders und sogar besser ergehen, aber 75 Prozent waren für mich gefühlt noch nie eine schlechtere Trefferchance als in Mutant Year Zero. Das ist vermutlich messbar Quatsch, was ich hier sage. Gefühlt stimmt es aber trotzdem, denn selten sind die Konsequenzen für einen Fehlschuss so gravierend wie hier.

Man kennt das Dilemma mit der gefühlten Treffsicherheit ja von XCOM, das allerdings gibt mir größere Teams von vier bis sechs Leuten mit drastisch höherem Schadens-Output an die Hand. Konzentriert man sein Feuer richtig auf den wichtigsten Gegner, liegt der in aller Regel noch in derselben Runde. Hier gelang mir das häufig nicht, weil einige von ihnen Kugelschwämme sind - und wenn dann von drei Angriffen fast grundsätzlich einer trotz 75-prozentiger Chance danebengeht, ist das einfach ein Grund, das Speichersystem bis zum Geht-nicht-mehr zu missbrauchen. Es hat mit Taktik nichts zu tun, wenn ich alles richtig mache, der Pyromanengegner am Ende aber doch seinen Molotow so werfen kann, dass zwei meiner Leute brennen.

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So oder so hängt viel davon ab, ob man das Feld vorher lichten kann, was ein netter Zug ist, den viele Taktikspiele nicht berücksichtigen. Fast jeder Feind, der nicht statisch in der Gegend rumsteht, entfernt sich bald weit genug vom Rest, dass man ihn am Rande des Wahrnehmungsbereichs seiner Kumpanen lautlos ausschalten kann. Das ist hier wegen des kleinen Trupps aber dermaßen wichtig, dass ich schnell in eine gewisse Routine verfiel, die mobilen Gegner auszumachen und sie dann systematisch aufs Korn zu nehmen, bevor ihr Sichtfeld meine Leute umfasst. Viel mit Taktik hat es für mich nicht zu tun, auch wenn man hier zumindest nicht so sehr den Prozentwerten ausgeliefert ist: So lange euch sonst niemand sieht und ihr leise Waffen verwendet, könnt ihr eure komplette Runde ausspielen und eure Leute so nah ran manövrieren, dass ihr den Einzelgänger auf jeden Fall trefft und aus dem Spiel nehmt, bevor er euch verpfeifen kann.

Einige Skills, Granaten und Waffenmodifikationen minimierten mit der Zeit meine Probleme mit dem Regelwerk des offenen Kampfes ein wenig. Vor allem diejenigen, mit denen man Gegner für eine Runde ausschalten kann, verschafften mir etwas Zeit. Aber so ganz im Einklang war ich mit dieser Art Taktik nie. Fragen, die sich mir vor allem stellten, waren folgende:

  • Warum sind die Chancen auf kritische Treffer nicht deutlich höher, wenn Gegner auf freier Flur stehen oder komplett flankiert sind?
  • Warum ist halbe Deckung nur 25 Prozent Schutz, hohe aber 100? Ich fand es deshalb irrsinnig, die wenige vorhandene hohe Deckung zu verlassen.
  • Warum gibt es zwar Höhenboni, aber so wenig Gelegenheit (in Form von erhöhten Stellungen), sie auch auszuspielen?

Allesamt Faktoren, die dafür sorgen, dass ich mich in den Kämpfen weniger bewegte, als die taktische Situation das in der Realität hergegeben oder erfordert hätte. Im Resultat spielt sich Mutant Year Zero längst nicht so dynamisch wie XCOM, ich bewege mich weniger, was in weniger logischen Kampfverläufen resultiert.

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Und irgendwann wurde mir auch die eigentlich nette Ergänzung um Loot, das in der Gegend herumliegt oder versteckt ist, etwas mühselig. Ab einem gewissen Punkt merkt man einfach, dass es unfassbar wichtig ist, alle Bereiche bis aufs Letzte zu durchsuchen. Das macht so lange Spaß, wie eure Leute untereinander Dialoge abfeuern oder auch mal lustige Kommentare zu den Resten der menschlichen Zivilisation abgeben, etwa wenn das gehörnte Mädchen Selma einen Defibrillator findet und aus der Anleitung folgert, dass man das auf liegenden Personen anwendet. Entenmann Dux ist sich sicher, das Gerät müsse zur Entspannung dienen, ist doch klar!

Schnell fühlte es sich nach Abgrasen an, das einen nur vom eigentlichen Spiel abhält, vor allem nachdem mir klar wurde, dass das Spiel bei einigen Kämpfen davon auszugehen scheint, dass ich eine bestimmte (bessere) Waffe aus einem anderen Gebiet schon gefunden hatte. Und noch ein klassisches Loot-Ärgernis hat sich so eingeschlichen: Die Hälfte meines Schrotts - die Währung aus Mutant Year Zero - in eine neue Weste oder Waffe zu stecken, die ich zehn Minuten später in einer Kiste finde, ist nicht gerade motivierend.

Keine Sichtlinie? Ist klar. Das ist noch eine Sache, die hier und da sauer aufstößt.

Im Grunde ist es fast wie schon im Sommer mit Phantom Doctrine, ein ebenfalls potenziell geniales Taktikspiel, das unter den unausgegoreneren Aspekten seines Regelwerks zu leiden hatte. Meine Schilderungen klingen sicher arg negativ, trotzdem ist dieses Spiel durchaus einen Blick wert. Macht euch nur nicht die Illusion, hierin eins für Meistertaktiker gefunden zu haben. Alles andere als der normale Schwierigkeitsgrad - immer noch sehr knifflig - ist wegen erwähnter Eigenheiten das Gegenteil von Spaß. Ansonsten, ja: Wenn man weiß, wie es tickt, funktioniert das Regelwerk gut genug, die Stimmung ist toll und diese Welt sehenswert. Vielleicht bleibt Entwickler Bearded Ladies ja am Ball und vollendet die Formel mit einem Nachfolger. Auf dem Zettel habe ich dieses Studio nach Mutant Year Zero allemal.


Entwickler/Publisher: The Bearded Ladies Consulting/Funcom - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: 35 Euro - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsch/Englisch - Mikrotransaktionen: nein - Getestete Version: PC


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In diesem artikel

Mutant Year Zero: Road to Eden

PS4, Xbox One, PC, Nintendo Switch

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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